Initiative_Kriegsmaterial

Schon sind 90'000 Unterschriften zusammen. Bis zum 11. Oktober läuft die Frist. © GSoA

Volk kann wieder über Kriegsmaterial abstimmen

Red. /  Die Initiative, die das Finanzieren von Kriegsmaterial-Unternehmen verbietet, kommt zustande. Im Visier sind Nationalbank und PKs.

Red. Die Türkei führt in Syrien einen Krieg mit deutschen Panzern und Sturmgewehren. Wahrscheinlich nutzt die Türkei auch Schweizer Kriegsmaterial, weshalb das Thema aktuell ist. In grossen Medien hat die Sicht von Rüstungsgegnern einen schweren Stand. Deshalb bieten wir Heinrich Frei, Mitglied der «Gruppe für eine Schweiz ohne Armee» GSoA die Gelegenheit, seinen Standpunkt darzulegen.

Volksinitiative «Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten»

Am 11. April 2017 starteten verschiedene Friedensorganisationen in der Schweiz eine Volksinitiative für ein «Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten».6, 7 Die Initiative findet Unterstützung auch durch die Grünen und durch die Sozialdemokratische Partei der Schweiz. Die Sammelfrist läuft am 11. Oktober 2018 ab. Bisher wurden 90’000 Unterschriften gesammelt, wie GSoA-Sekretärin Magdalena Küng erklärte. Damit werden die nötigen Unterschriften sicher zusammenkommen.

FDP-Nationalrat Beat Wälti: «Keine moralischen Vorschriften»

Der freisinnige Nationalrat Beat Walti hält diese Initiative eines Verbotes der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten nicht für sinnvoll: «Bei solchen Wirtschaftsfragen moralische Vorschriften vorzuschreiben, macht keinen Sinn.» Er erläutert mit einem Beispiel: «In einem nächsten Schritt könnte man dann auch vorschreiben, dass nicht mehr in Coca-Cola investiert werden darf. Übergewicht führt zu tausenden Toten weltweit. Wo ist denn da die Grenze?» Zudem stören ihn auch mögliche Probleme bei der Umsetzung, etwa wie das Ganze überprüft werden sollte.2

Deutschland gegen Verhandlungen zum Verbot von Atomwaffen – Schweiz enthält sich der Stimme

Nicht nur bürgerliche Politiker in der Schweiz sind gegen moralische Vorschriften beim Geschäft mit dem Krieg. In der Uno enthielt sich auch die offizielle Schweiz der Stimme beim Antrag, Verhandlungen aufzunehmen über «Das Voranbringen multilateraler Verhandlungen über die nukleare Abrüstung». 71 Jahre nach dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki in Japan hatte die Uno-Vollversammlung nämlich mit grosser Mehrheit die «Aufnahme von Verhandlungen über das Verbot dieser Massenvernichtungswaffen» beschlossen. Für eine entsprechende Resolution stimmten in der Nacht vom 27. auf den 28. Oktober 2016 123 Staaten der 193 Uno-Mitglieder. Nein stimmten 38 Länder, darunter Deutschland. 16 Staaten enthielten sich der Stimme, darunter die Schweiz, wie der Journalist Andreas Zumach bei Infosperber geschrieben hat.8

Nuklearwaffen verbieten, bevor es zu spät ist

«Es ist verblüffend, dass Atomwaffen, die zerstörerischsten aller Waffen, die einzigen Massenvernichtungswaffen sind, die nie einem rechtsverbindlichen Vertrag zum Verbot ihrer Anwendung ihres Besitzes unterworfen worden sind», schrieb Carla Stea in ihrem Artikel «Die reale Gefahr des Atomkriegs: Wird die Resolution der Generalversammlung zum Verbot von Nuklearwaffen irgendetwas ändern, bevor es zu spät ist?», am 28. Oktober 2016 bei Global Research Kanada.9

Rheinmetall-Bomben auch im Jemen
Heute investieren viele Pensionskassen der Schweiz, wie auch die Schweizerische Nationalbank, Banken und Versicherungen skrupellos in Firmen, die Kriegsmaterialien herstellen, wie zum Beispiel in den grössten deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall, der auch in der Schweiz produziert. Rheinmetall fertigt auch Bomben für den Krieg im Jemen. Kürzlich zeigte das Erste Deutsche Fernsehen diese kriminellen Deals von Rheinmetall im Film «Bomben für die Welt».10

Nationalbank besprüht

Am 11. April 2017 hatte die 86-jährige Louise Schneider eine Absperrung bei der Schweizerischen Nationalbank in Bern besprayt, um gegen die Kriegsgeschäfte der Nationalbank, von Banken, Versicherungen und Pensionskassen zu protestieren.

Die 86-Jährige beim Sprayen vor der Nationalbank in Bern (Bild GSoA)

Die Polizei verhaftete sie anschliessend. «Ich habe mich schon immer gegen Krieg und Armut starkgemacht. Aber solange es Waffen gibt, wird sich nichts ändern», sagte Louise Schneider. Deshalb sprayte sie «Geld für Waffen tötet» an diesem Dienstagmorgen an die Wand.1, 2

Zwei Milliarden für Herstellerin von Atombomben

Thomas Jordan, seit 2012 Präsident des Direktoriums der Nationalbank (SNB), wird von der Polizei nicht wie Louise Schneider verhaftet. Er wird in Ruhe gelassen, obwohl sich «seine» Nationalbank Ende 2017 mit fast 2 Milliarden Franken (1,72 Milliarden Euro) an Herstellern von Nuklearwaffen in den USA beteiligte. Im Sommer lagen die Investitionen noch bei 1,2 Milliarden (1,03 Milliarden Euro), vor zwei Jahren betrugen sie erst 600 Millionen (516,48 Millionen Euro), schreibt Andreas Schmid in der NZZ am Sonntag vom 27.1.2018.

Atomwaffen wie Streubomben und Anti-Personenminen gehören nach dem Schweizer Kriegsmaterialgesetz zu der Kategorie «Verbotenes Kriegsmaterial».3

Aufsichtsbeschwerde

Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) ist jetzt mit einer Aufsichtsanzeige gegen das Nationalbank-Direktorium an den Bankrat gelangt. Die GSoA verlangt, dass die Nationalbank ihre Beteiligung im Wert von derzeit über 500 Millionen Franken (430,40 Millionen Euro) am US-Rüstungskonzern Boeing verkauft. Das Unternehmen sei führend in der Entwicklung und Produktion von Kernwaffen, woraus die Nationalbank finanziellen Nutzen ziehe.

Bankratspräsident Jean Studer – er war einst Neuenburger SP-Ständerat und Regierungsrat – beschied der Gruppe, er habe keinen Grund zur Annahme, dass die Anlagepolitik und einzelne Investitionsentscheide der Schweizerischen Nationalbank gegen die massgebenden Gesetze und Vorgaben verstossen könnten.

Das geltende Kriegsmaterialgesetz

Der SP-Politiker Jean Studer ignoriert jedoch das Kriegsmaterialgesetz der Schweiz. Dort ist im Kapitel «Verbotenes Kriegsmaterial» (Art. 7 Abs. 1a) festgeschrieben, dass es verboten ist

  • «Kernwaffen biologische oder chemische Waffen (ABC-Waffen) zu entwickeln, herzustellen, zu vermitteln, zu erwerben, jemandem zu überlassen, ein-, aus-, durchzuführen, zu lagern oder anderweitig über sie zu verfügen.»

Auch die

  • «direkte und indirekte Finanzierung der Entwicklung, der Herstellung oder des Erwerbs von verbotenem Kriegsmaterial (ABC-Waffen)»

ist nach dem Kriegsmaterialgesetz untersagt. In diesem Gesetz ist nicht davon die Rede, dass als offiziell deklarierte Kernwaffen-Staaten, wie zum Beispiel, China, Russland, USA, Frankreich, Grossbritannien von diesem Finanzierungsverbot ausgenommen sind.4, 5

Weiter wie bisher?

Die Pensionskassen der Schweiz haben 2017 glänzend verdient, nach einem bereits ansehnlichen Vorjahr. Einige Leute meinen jetzt, diese Erträge könnten auch den Versicherten zugutekommen, was die Kassen aber ablehnen. Wie wäre es, wenn Pensionskassen ihre Investitionen in Zukunft auch nach ethischen Grundsätzen vornehmen würden, unter anderem das Geld nicht mehr in der Rüstungsindustrie anlegen würden?

Oder bleibt der Profit für Schweizer Pensionskassen, wie für die Nationalbank, die Banken und Versicherungen weiter wichtiger als das Leben der Menschen im Jemen, im Irak, in Syrien und in Afghanistan, die krepieren durch Munition, Bomben und Granaten oder zu Flüchtlingen gemacht werden? Werden die Schweizer BundesrätInnen und das Parlament weiter Waffenexporte an kriegführende Nato-Staaten und an Diktaturen im Nahen Osten und Afrika absegnen? Werden die Schweizer Politiker es weiter zulassen, dass in die Rüstungsindustrie und sogar in Konzerne, die Atombomben, Streubomben und Anti-Personenminen herstellen, investiert wird?

Die Folgen eines beschränkten Atomkrieges

1945 und in späteren Jahren wusste man hüben wie drüben vermutlich noch nicht, was für Folgen auch nur der beschränkte Einsatz von Atombomben für Folgen haben würde.11 Schon der Einsatz von 100 Atombomben auf der Erde würde einen nuklearen Winter auslösen, gefolgt von weltweiten Hungersnöten. Heute sollen weltweit 16’300 nukleare Sprengköpfe vorhanden sein, darunter seien rund 4’000 im einsatzbereiten Zustand, heisst es.12, 13
Sollen die Schweizerische Nationalbank, die Banken, die Versicherungen und unsere Pensionskassen diesen Irrsinn weiter finanzieren?

—————————————
FUSSNOTEN
1 http://m.20min.ch/schweiz/bern/story/30169290
2 https://www.gsoa.ch/newspaper/louise-schneiders-auftrag/
3 https://nzzas.nzz.ch/schweiz/gsoa-zeigt-nationalbank-an-ld.1351793
3 https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19960753/index.html
4 https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19960753/index.html
5 «Finanziere keine Atombomben, Streubomben, Anti-Personenminen und überhaupt kein Kriegsmaterial», Von Heinrich Frei, http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24180
6 Initiativtext «Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten»
Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:
Art. 107a Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten
1 Der Schweizerischen Nationalbank, Stiftungen sowie Einrichtungen der staatlichen und beruflichen Vorsorge ist die Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten untersagt.
2 Als Kriegsmaterialproduzenten gelten Unternehmen, die mehr als fünf Prozent ihres Jahresumsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erzielen. Davon ausgenommen sind Geräte zur humanitären Entminung sowie Jagd- und Sportwaffen und deren zugehörige Munition.
3 Als Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten gelten:
a. die Gewährung von Krediten, Darlehen und Schenkungen oder vergleichbaren finanziellen Vorteilen an Kriegsmaterialproduzenten;
b. die Beteiligung an Kriegsmaterialproduzenten und der Erwerb von Wertschriften, die durch Kriegsmaterialproduzenten ausgegeben werden;
c. der Erwerb von Anteilen an Finanzprodukten, wie kollektiven Kapitalanlagen oder strukturierten Produkten, wenn diese Finanzprodukte Anlageprodukte im Sinne von Buchstabe b enthalten.
4 Der Bund setzt sich auf nationaler und internationaler Ebene dafür ein, dass für Banken und Versicherungen entsprechende Bedingungen gelten.
Art. 197 Ziff. 12
12. Übergangsbestimmung zu Art. 107a (Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten)
1 Treten innerhalb von vier Jahren nach Annahme von Artikel 107a durch Volk und Stände die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen nicht in Kraft, so erlässt der Bundesrat die nötigen Ausführungsbestimmungen auf dem Verordnungsweg; diese gelten bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen.
2 Nach Annahme von Artikel 107a durch Volk und Stände dürfen keine neuen Finanzierungen gemäss Artikel 107a mehr getätigt werden. Bestehende Finanzierungen müssen innerhalb von vier Jahren abgestossen werden.
7 Volksinitiativen in der Schweiz
Bei einer eidgenössischen Volksinitiative verlangen Schweizer Stimmberechtigte eine Revision der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Damit eine Volksinitiative auf Bundesebene zustande kommt, müssen innerhalb von 18 Monaten 100’000 Unterschriften von Stimmberechtigten gesammelt werden. Ist dies erreicht, so kann schliesslich – zumeist zwei bis drei Jahre später – das gesamte Schweizer Stimmvolk an der Urne zur entsprechenden Vorlage Stellung nehmen. Wie jede Verfassungsänderung erfordert auch die Annahme einer eidgenössischen Volksinitiative nebst der Zustimmung der Mehrheit der Abstimmenden ebenfalls das Ständemehr (Mehrheit der Kantone). https://de.wikipedia.org/wiki/Volksinitiative_%28Schweiz%29
8 http://www.infosperber.ch/Artikel/Politik/Uno-Nuklearwaffen-Abstimmung-Schweiz
9 «Die reale Gefahr des Atomkriegs: Wird die Resolution der Generalversammlung zum Verbot von Nuklearwaffen »irgendetwas ändern, bevor es zu spät ist?», am 28. Oktober 2016 bei Global Research
https://www.globalresearch.ca/die-reale-gefahr-des-atomkriegs-wird-die-resolution-der-generalversammlung-zum-verbot-von-nuklearwaffen-irdendetwas-andern-bevor-es-zu-spat-ist/5553453
10 http://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/videos/bomben-fuer-die-welt-video-102.html
11 »Lasst uns die Sowjet Union von der Landkarte tilgen” 204 Atombomben gegen grosse Städte US-Atomangriff gegen die UdSSR vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs geplant, By Prof Michel Chossudovsky, November 11, 2017
https://www.globalresearch.ca/last-uns-die-sowjet-union-von-der-landkarte-tilgen-204-atombomben-gegen-grose-stadte-us-atomangriff-gegen-die-udssr-vor-dem-ende-des-zweiten-weltkriegs-geplant/5617574
12 http://www.zeit.de/2012/25/Interview-Robock
13 https://de.wikipedia.org/wiki/Nuklearer_Winter

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Heinrich Frei ist seit der Gründung Mitglied der GSoA und ist im Vorstand des Schweizerischen Friedensrates.

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4 Meinungen

  • am 8.02.2018 um 16:15 Uhr
    Permalink

    Ein Atompilz droht uns am Ende allen,
    falls alle vernünftigen Appelle verhallen.

    Wer Waffen finanziert, sollte sich bewusst sein, dass diese Waffen eines Tages auch gegen ihn selbst gerichtet werden können.
    Es gibt keine schlechtere Investition.
    Ich schliesse mich der Meinung von Louise Schneider an und unterstütze die GSoA-Initiativen.

  • am 8.02.2018 um 17:13 Uhr
    Permalink

    GSoA-Initiative: Schweiz könnte vorangehen.

    Waffen liefern und dann erstaunt sein, dass sie in falsche Hände geraten, ist eine verlogene Haltung. Die Flüchtlingsströme sind die sichtbarsten Zeichen dieses unheilvollen Geschäfts. Das Rotkreuz-Ursprungsland Schweiz kann mit einem Verbot für Finanzinstitute, in die Rüstungsindustrie zu investieren, Vorbild sein.

  • am 8.02.2018 um 19:09 Uhr
    Permalink

    Bleibt der Profit für Schweizer Pensionskassen, wie für die Nationalbank, die Banken und Versicherungen weiter wichtiger als das Leben der Menschen im Jemen, im Irak, in Syrien und in Afghanistan, die krepieren durch Munition, Bomben und Granaten oder zu Flüchtlingen gemacht werden?
    JA
    Werden die Schweizer BundesrätInnen und das Parlament weiter Waffenexporte an kriegführende Nato-Staaten und an Diktaturen im Nahen Osten und Afrika absegnen?
    JA
    Werden die Schweizer Politiker es weiter zulassen, dass in die Rüstungsindustrie und sogar in Konzerne, die Atombomben, Streubomben und Anti-Personenminen herstellen, investiert wird?
    JA
    Moral lässt sich um vieles einfacher über Bord werfen als Gewinnaussichten. Man braucht nur mit dem Verlust von Arbeitsplätzen zu drohen.

  • am 24.02.2018 um 08:29 Uhr
    Permalink

    Beat Walti FDP hat mit dem Argument CocaCola dokumentiert dass er keine Ahnung hat um was es geht, oder er einfach die Wirtschaft schützen will. Leute die Cola trinken tun das in der Mehrheit freiwillig. Bestimmt lässt sich aber kein Mensch von unseren Waffen freiwillig verletzen oder töten! Peinlicher und menschenverachtender kann der Fraktionschef nicht argumentieren!

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