UNOGeneralversammlung

128 der 193 Uno-Staaten stimmten gegen die USA, darunter auch die Schweiz © screenshot srf/tagesschau

Uno-Vollversammlung lässt sich nicht einschüchtern

Andreas Zumach /  Die Uno-Generalversammlung verurteilt die Jerusalem-Entscheidung der Trump-Administration trotz Drohungen aus Washington.

Trotz massiver Drohungen der Trump-Administration gegen fast alle 193 Uno-Staaten hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York am Donnerstagabend den völkerrechtswidrigen Entscheid des US-Präsidenten zur Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels mit Zwei-Drittel-Mehrheit verurteilt.

128 der 193 Uno-Staaten stimmten für den von der Türkei, Jemen und Palästina eingebrachten Resolutionsentwurf, darunter auch die Schweiz sowie Deutschland und fast alle anderen EU-Mitglieder. Neun Länder votierten mit Nein, 35 Staaten enthielten sich. 21 Mitgliedstaaten nahmen an der Abstimmung nicht teil.

Eine weitere Eskalation

Am Mittwochnachmittag hatten die Botschafterinnen und Botschafter fast aller Uno-Staaten einen unmissverständlichen Drohbrief von ihrer US-amerikanischen Amtskollegin Nikki Haley erhalten. «Präsident Trump hat mich aufgefordert, ihm alle Länder zu melden, die gegen uns stimmen. Wir werden jede Stimme in dieser Frage notieren», schrieb Haley. Trump selber drohte am Mittwochabend in einer Rede im Weissen Haus sowie später auch über Twitter eventuellen Unterstützerstaaten der Resolution finanzielle Konsequenzen an: «Sie nehmen hunderte Millionen Dollar und sogar Milliarden Dollar von uns, und dann stimmen sie gegen uns. Doch lasst sie gegen uns stimmen! Wir werden eine Menge sparen.»

Seit der Gründung der Uno hat ihr mächtigstes Mitglied schon in zahlreichen Fällen versucht, andere Staaten von der Unterstützung unliebsamer Resolutionen abzuhalten oder zur Zustimmung für von Washington eingebrachte Resolutionen zu bewegen. Das geschah zumeist hinter den Kulissen mit mehr oder weniger sanftem politisch-diplomatischem Druck, mit massiven wirtschaftlichen Drohungen oder mit anderen Einschüchterungsinstrumenten. Doch eine öffentliche Drohung der USA an fast alle anderen Uno-Mitgliedstaaten ist eine neue negative Qualität. Sie bedeutet eine weitere Eskalation der Uno-feindlichen Massnahmen der ersten elf Amtsmonate der Trump-Administration.

Uno-Funktionäre vermeiden Kritik

Mit der nachweislich falschen Behauptung, die USA zahlten «überproportional» viel Geld an die Uno, hat Trump bereits die Pflichtbeiträge Washingtons an die Weltorganisation drastisch verringert und weitere einschneidende Kürzungen angekündigt für Uno-Programme und Sonderorganisationen, die seiner Administration politisch nicht passen. Zudem verkündete Trump den Austritt der USA aus der UN-Organisation für Wissenschaft, Bildung und Kultur (Unesco) mit der ebenso falschen Behauptung, die Organisation habe «die Besatzung ganz Jerusalems durch Israel verurteilt» und sei daher «antisemitisch».

Im Uno-Apparat führen die Drohungen und der finanzielle Erpressungsdruck aus Washington zu Einschüchterung. Aus Angst vor weiteren Mittelkürzungen oder dem Rückzug der USA aus weiteren Sonderorganisationen der Weltorganisation vermeiden Uno-Funktionäre, angefangen von Generalsekretär Antonio Guterres, selbst dann Kritik an der US-Regierung, wenn diese, wie im Fall der Jerusalem-Entscheidung Trumps, eindeutig gegen völkerrechtlich verbindliche Resolutionen des Sicherheitsrates verstösst.

Der Uno-Hochkomissar für Menschenrechte, Seid al Hussein, der in einer Rede im September 2016 noch vor dem damaligen Präsidentschaftswahlkämpfer Trump gewarnt und ihn – gemeinsam mit den europäischen Politikern Marine Le Pen, Geert Wilders und Victor Orban – namentlich als «rechtspopulistischen Demagogen», bezeichnet hatte, vermeidet seit Trumps Amtsantritt Kritik an Washington. Ein langjähriger intimer Kenner des Menschenrechtskommissariats der Uno in Genf nannte Seid al Hussein gegenüber Infosperber sogar einen «Söldner der USA».

Dem Autor dieser Zeilen, der in den letzten 30 Jahren als Uno-Korrespondent in Genf hunderte Sendungen aus dem Uno-eigenen Radiostudio gemacht hat, wurde dieses Studio für die Aufzeichung eines einstündigen Gesprächs für die Sendung «Kontext» des Schweizer Radios über die Auswirkungen von Trumps Politik auf die Uno und die Weltlage erstmals verweigert.

Dahinter stand die Sorge der zuständigen Uno-Funktionäre vor eventuellen negativen Reaktionen der Genfer US-Botschaft. Erst nach der Zusicherung, dass das Uno-Studio bei der An- und Abmoderation der Sendung nicht erwähnt wird, durfte die Aufzeichung im Studio stattfinden.

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5 Meinungen

  • am 22.12.2017 um 12:26 Uhr
    Permalink

    Die Absichten der UNO mögen gut sein. Was nützt die beste Idee, wenn diese grosss mehrheitlich unterstützt wird und sie von einigen Privilegierten mittels Vetorecht gebodigt werden? Man müsste das Vetorecht der Grossmächt abschaffen. Ihnen verbleibt immer noch genügend Spielraum um andere zu terrorisieren!

  • am 22.12.2017 um 13:17 Uhr
    Permalink

    Andras Zumach schreibt: »…gegen völkerrechtlich verbindliche Resolutionen des Sicherheitsrates verstösst (die USA)…
    Die da wären?

  • Portrait Andreas Zumach 2022
    am 22.12.2017 um 13:49 Uhr
    Permalink

    Ganz viele. Die wichtigsten:
    242 (1967), 338
    (1973), 446 (1979), 452 (1979), 465 (1980), 476 (19
    80), 478 (1980), 1397 (2002),
    1515 (2003), 1850 (2008), 2234(2016)

  • am 22.12.2017 um 14:11 Uhr
    Permalink

    Hochmut kommt vor dem Fall. Unglücklicherweise wird es viele Unschuldige mitreissen.

  • am 22.12.2017 um 14:51 Uhr
    Permalink

    Erfreulich, dass auch die Schweiz den Mut aufbrachte, für den Resolutionsentwurf zu stimmen.

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