Trump erfüllt Erwartungen – die der Superreichen!
Die NZZ kann frohe Botschaften verkünden: «Der Umsatz der im S&P-500-Index enthaltenen Konzerne dürfte in dem Zeitraum (1. Quartal, Red.) um 13% und der Gewinn um 9% gestiegen sein. Allen vorangestürmt waren die Konzerne der Technologiebranche, die trotz ihrer enormen Grösse abermals beachtliche Umsatz- und Gewinnzuwächse verbuchen konnten.»
Man liest richtig: Die Umsatz- und Gewinnzuwächse stiegen «trotz» der enormen Grösse der Konzerne. Ist unser kapitalistisches Wirtschaftssystem denn so konstruiert, dass üblicherweise die Kleinen gewinnen?
Aber Weiterlesen lohnt sich:
«Viele an der Wall Street führen die relative Mässigung Trumps in diesen für die Wirtschaft so wichtigen Fragen auf den Einfluss seiner aus der Finanzbranche stammenden Berater zurück. Trump hatte etwa den ehemaligen Goldman-Sachs-Banker Steven Mnuchin als Finanzminister ausgewählt. Gary Cohn, der zuvor in der Geschäftsführung von Goldman Sachs war, ist Trumps oberster Wirtschaftsberater und präsidiert als solcher den National Economic Council. Der Investor und Milliardär Wilbur Ross ist Leiter des Commerce Department, und Stephen Schwarzman, der Chef der Investmentfirma Blackstone, leitet Trumps Economic Advisory Council.»
Man beachte das Trumpsche Berater-Team:
Das sind die vier in der NZZ namentlich genannten Berater Trumps. Die Liste beansprucht allerdings keine Vollständigkeit. Jared Kushner, Trumps Schwiegersohn, Milliardär, zum Beispiel bleibt unerwähnt. Man beachte aber oben das Foto: Kushner sitzt gleich neben Steven Mnuchin, neben dem Finanzminister. (Es lohnt sich übrigens, auf Wikipedia etwas mehr über diese Leute zu lesen. Auch ihre Herkunft und ihre Ausbildung ist nicht ganz belanglos.)
Und wer profitiert vom Know-how der Milliardäre?
Man erinnert sich: Die Staaten – sprich: die Steuerzahler – haben 2008/09 geschätzt über 1000 Milliarden Dollar ausgegeben, um Banken und andere Kreditinstitute, zum Beispiel auch Versicherungen, die ihrerseits Bankkredite versichert hatten, zu retten. Sie waren too big to fail, zu gross, als dass man sie untergehen lassen konnte, wie man behauptete. Gleichzeitig haben viele Millionen von Arbeitnehmern ihren Job verloren, weil sie in Firmen arbeiteten, die nicht gerettet wurden und abspecken oder gar schliessen mussten. Und dies nicht zuletzt in den USA, aber in hohem Masse auch in vielen anderen Ländern.
Tatsächlich war an dieser Krise nur der Zeitpunkt eine Überraschung. Dass sie kommen musste, war jedem klar, der es wissen wollte – auch den Bankern. Sie war die konsequente Folge des Systems: Das Einkommen aus Kapitalanlagen wächst seit Jahrzehnten schneller als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit. So will es der Finanzmarkt-Kapitalismus.
Scheint mittlerweile aber alles vergessen zu sein. Im vergangenen halben Jahr, seit der Wahl von Donald Trump am 4. November 2016, haben die Aktien an der New Yorker Börse gemäss Dow Jones Index einen Wert-Zuwachs um 17 Prozent verbuchen können, die Aktien der Grossbank Goldman Sachs sogar um 28 Prozent. In einem halben Jahr!
Der französische Wirtschaftswissenschafter Thomas Piketty hat nachvollziehbar aufzeichnen können, wie «das System» funktioniert. In den USA hat sich das Einkommen des obersten Prozents der Bevölkerung von 1980 bis 2010 mehr als verdoppelt, das Einkommen der obersten 0,1 Prozent der Bevölkerung mehr als verdreifacht, das Einkommen der obersten 0,01 Prozent der Bevölkerung mehr als vervierfacht. Gleichzeitig ist das Einkommen der unteren 90 Prozent, also des grössten Teils der US-Bevölkerung, in der gleichen Periode um fast 5 Prozent gesunken.
Hinzu kommt eine Verlagerung bei den Steuern: Gemäss der Untersuchung eines US-Senatsausschusses leisteten 1952 die Unternehmen noch 32 Prozent an das gesamte Steueraufkommen der USA, 2009 aber gerade noch 9 Prozent. Der Anteil der Arbeitnehmerabgaben stieg in der gleichen Zeit dagegen von 10 auf 40 Prozent. (Die Unternehmenssteuerreformen in der Schweiz sind keine helvetische Innovation …)
Und jetzt?
Donald Trump sei von jenen gewählt worden, die in der Obama-Zeit vergessen gegangen seien, sagt man. Er hatte ihnen in der Wahlkampagne Millionen neue Jobs und höhere Löhne in Aussicht gestellt.
Und jetzt das: Das Team um den Milliardär Donald Trump, das die Wirtschaft ankurbeln sollte, besteht aus weiteren Milliardären, die fast alle aus der Bankenwelt kommen. Dass die Kurse der Bank-Aktien geradezu geisterhaft schnell und massiv angestiegen sind, haben sie schon mal geschafft. Zum Wohle von wem?
«Es wird angenommen, dass die aus der Finanzbranche stammenden Berater Trumps verstehen, wie die Kapitalmärkte funktionieren, und um die Voraussetzungen wissen, die gegeben sein müssen, damit Unternehmen und Investoren ihre Gelder riskieren und investieren», schreibt Christiane Hanna Henkel, die Wirtschaftskorrespondentin der NZZ aus New York.
Und wer profitiert von dieser Hausse? Werden die «normalen» Arbeitnehmer, die «normalen» Arbeitnehmerinnen jetzt 17 Prozent mehr Lohn erhalten? Dumme Frage.
Europa tut gut daran, politisch zusammenzuhalten und einen eigenen Weg zu gehen, einen Weg des sozialen Ausgleichs, nicht der Vertiefung der Kluft – und unabhängig von den USA. Denn von den USA kann man im Moment nur eines lernen: dass zwar das Wasser, wie allüberall, abwärts fliesst, nicht aber das Geld. Das Geld fliesst aufwärts, unentwegt aufwärts, gewollt und gesteuert von jenen, die davon profitieren.
Die Superreichen dürfen mit Donald Trump bisher sehr zufrieden sein.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine