Berliner Tage_Die Schiwoff-Affäre 3_10
Red. Am 19. Dezember 1956 wurde der VPOD-Sekretär Victor Schiwoff verhaftet, später «wegen unwahrer Behauptungen gegen die Interessen der Schweiz zu einem Monat bedingt verurteilt» (Historisches Lexikon der Schweiz), sowohl aus der Sozialdemokratischen Partei und der Gewerkschaft VPOD ausgeschlossen. Sechzig Jahre danach publizieren wir auszugsweise die ihn betreffenden Fichengeschichten aus dem Buch «Staatsfeinde oder SchwarzundWeiss – Eine literarische Reportage aus dem Kalten Krieg» von Jürgmeier als Serie.
—
- Hier finden Sie alle Folgen der Serie «Die Schiwoff-Affäre – vor 60 Jahren»
—
Weltjugendfestspiele 1951 und ein Unbekannter
Der Berichterstatter erfuhr erst viele Jahre später von ihren grossen Träumen, Hoffnungen, Visionen, als der Verlauf der Geschichte die Gläubigen bereits in Enttäuschte und Verantwortliche gespalten hatte, die Stimmen beim Singen der Internationale schon mal versagen wollten. Er erblickte erst 1951 die Schatten der Adventskerzen. Vorstellbar, dass er an jenem 4. August durch den Zürcher Hauptbahnhof geschaukelt wurde, von seiner Mutter, die ihn zwischen Herz und Gedärmen vor sich her trug, ziemlich unwillig … Wahrscheinlich wäre ihr die Gruppe der Reisenden aufgefallen, die immerhin fünf Eisenbahnwaggons in Beschlag nahm … Victor S. und Elsi W., die im Jahr darauf eine S. werden sollte, … stiegen mit vierhundert anderen in den Zug, der sie an die Weltjugendfestspiele in Berlin bringen sollte, Berlin-Ost. Gefilmt von «einem Unbekannten, der sich auf einer elektrischen Lokomotive postiert hatte», wie der schon in Basel zugestiegene «Teilnehmer am III. Welt-Festival der Jugend und Studenten für den Frieden in Berlin 1951, der seinen Namen nicht erwähnt haben möchte», beobachtete und in seinem Bericht an den Spezialdienst des Basler Polizeiinspektorats zuhanden der Bundespolizei festhielt: «Wir vermuteten im Operateur eine staatliche Instanz. Der Operateur hatte einen guten Standort und dürfte alle Teilnehmer im Film festgehalten haben.» Elsi W., bald S., und Victor S. bemerkten weder den filmenden noch den schreibenden Spitzel, der erst bei einem Vorbereitungstreffen in Basel bemerkt haben will, «dass ich in eine kommunistische Gesellschaft geraten bin».
Zum ersten Mal fanden in der Deutschen Demokratischen Republik Weltjugendfestspiele statt. «Jugend – einig im Kampf für den Frieden – gegen die Gefahren eines neuen Weltkrieges», hiess die offizielle Losung. Zehntausende von TeilnehmerInnen aus aller Welt, Hunderttausende von BesucherInnen aus der sowjetischen und den westlichen Zonen Deutschlands wurden erwartet, die dann auch kamen. Trotz der Behinderungen durch die westlichen Besatzungsmächte und die bundesdeutsche Polizei, beim Übergang von West nach Ost (1). Die Mauer zwischen den Häusern Berlins gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Auch die Schweizer Delegation traf mit einem Tag Verspätung in Berlin-Ost ein. An der Schweizer Grenze, in Buchs, waren die fünf reservierten Wagen abgekoppelt, alle anderen unverzüglich abgefertigt und zur Weiterfahrt freigegeben, sämtlichen FestivalteilnehmerInnen der Pass abgenommen worden. «Die Bundespolizei hatte in einem Nebenraum des Bahnhofbuffets eine Kopieranlage installiert, wo sie alle Pässe kopierte», kolportiert der damalige Basler Reiseleiter und spätere PdA-Nationalrat Hansjörg Hofer in seinen Erinnerungen (2) und will wissen: «Als wir vom Festival zurückkehrten, mussten wir feststellen, dass alle Unternehmer und Arbeitgeber informiert waren über die Teilnahme und die Reise ihrer Lehrlinge, Arbeiter, Angestellten, die in Berlin am Weltjugendfestival teilgenommen hatten.» Elsi S., damals noch W., widerspricht dieser Darstellung: zumindest in ihrem eigenen Fall – sie war damals im Treuhandbüro W. angestellt – treffe das nicht zu, sie habe, bis 1956, unbehelligt bei W. arbeiten können. In S.’s umfangreicher Fiche findet das Berliner Festival «merkwürdigerweise» nicht statt.
Auf Umwegen in die deutsche Ostzone
Sicher ist – die Schweizer Grenzbehörden erklärten den Berlin-Reisenden, sie könnten nicht weiterfahren, ihre Pässe würden von den Amerikanern nicht akzeptiert, auch die französischen Besatzungsbehörden in Österreich hätten mitgeteilt, sie würden keine FestivalteilnehmerInnen passieren lassen, Reisende aus Frankreich und England würden bereits in der französischen Zone, in Innsbruck, festgehalten. Es war die Zeit der grossen Angst im Westen, vor dem Kommunismus, vor seiner Faszination. Die deutschen Grenzen nach Osten waren geschlossen, sodass die Mitglieder der Schweizer Festivaldelegation gezwungen waren, über Österreich und die Tschechoslowakei in die deutsche Ostzone einzureisen, was auch gelang …
Otto Böni erinnert sich an einen letzten Zwischenfall: «In Linz wurden jene Wagen, die mehrheitlich von Festivalteilnehmern belegt waren, abgekoppelt und auf ein Nebengeleise verschoben. Doch rettete ein tschechoslowakischer Bähnler die Situation, indem er mit einer Rangierlokomotive die fünf Wagen endgültig in den sowjetischen Sektor Österreichs schaffte.» Staunend beobachtete der informelle Staatsschutzmitarbeiter, wie FestivalteilnehmerInnen «den Zug verliessen, um sich mit Russen photographieren zu lassen. Fräulein Margrith H. (Basel) umarmte sogar die russischen Grenzsoldaten und liess sich mit ihnen photographieren.» Als ob es ganz gewöhnliche Menschen gewesen wären. Und «nun verlief die Weiterfahrt denkbar günstig, nachdem die Bahnwagen mit Friedenssprüchen versehen und mit den Bildnissen Lenins und Stalins behängt worden waren.» In der tschechischen Grenzstadt Horni Dvoriste seien sie «festlich empfangen» worden. «Lieder wurden gesungen, Musik gespielt und Tänze vorgeführt. Selbst wir durften mit der Grenzbevölkerung tanzen. Dabei wurden auch Adressen ausgetauscht. Nachdem wir noch mit Most und Schinkenbrot verpflegt worden waren», ging die Fahrt weiter. Richtung Prag. Für den Staatsschutz offensichtlich bedeutungslos war ein Umstand, über den sich Elsi S. noch vierzig Jahre später ärgert: die verwöhnten SchweizerInnen hätten die tschechisch belegten Brote reihenweise aus dem Fenster auf Wiesen geworfen, über die nur wenige Jahre zuvor erst deutsche, dann russische Soldatenstiefel getrampelt waren. Womöglich einer ähnlichen Route folgend wie die Festivalreisenden, die über Budejovice und Prag in Bad Schandau endlich die deutsche Ostzone erreichten, wo sie «festlich empfangen» wurden. Dem eifrigen Beobachter fielen die «grandiose Beflaggung» und die Transparente auf. «Wir grüssen die Weltjugend.» «Für Frieden und Völkerverständigung.» «Gegen die Remilitarisierung Westdeutschlands.»
«… Schweizer, Kosaken, Neger usw. … gemeinsam im Lager …»
Obwohl die gesamte Schweizer Delegation im gleichen Schulhaus untergebracht war – das den fern der Heimat Weilenden durch rotweisse Beflaggung vertraut gemacht wurde –, haben nicht alle dasselbe Land gesehen. «Wir ausländischen Teilnehmer lebten in Berlin wie die Fürsten», schrieb der Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung (3), «ein Schulhaus, sehr wohnlich eingerichtet, wurde uns zur freundlichen Unterkunft. In den Duschräumen konnten wir uns jederzeit den Berliner Staub abwaschen, und in den guten Betten liess es sich ausgezeichnet schlafen.» Im Aargauer Tagblatt erwarteten «die ausländischen Stalinpilger in Ost-Berlin nicht nur ein ‹Schlangenfrass›, sondern auch total verlauste Schlaflager. Das tägliche Menü war folgendermassen: morgens Zwieback (‹Dachziegel›) mit Dauerwurst (wahrscheinlich Marke ‹Typhus›), mittags Bohnensuppe und abends wieder ‹Dachziegel›.» Die nicht gerade für Ostfreundlichkeit bekannte Neue Zürcher Zeitung erhielt «jeden Morgen eine Flasche Milch, vier Stück Halbweissbrot, ein hartes Ei, einen Zipfel Wurst, ein Töpfchen Butter und ein Töpfchen Konfitüre. Die anderen Mahlzeiten waren ebenso gut bürgerlich und umfassten immer Suppe, Hauptmahlzeit, Nachtisch und schwarzen Kaffee.» Während sich das Aargauer Tagblattdarüber echauffierte, «dass die Jugend beider Geschlechter, womöglich Schweizer, Kosaken, Neger usw. untereinander gemeinsam im Lager campieren werden», erinnern sich sowohl Elsi W., spätere S., und Victor S. daran, dass «Männchen und Weibchen getrennt» schlafen mussten, was auch der Informant der Bundespolizei bestätigte. «Das ist noch ganz prüde gewesen», schmunzelt Victor S., «wie der Koni Farner (4)immer gesagt hat – im Sozialismus gibt es keinen Unterleib, aber mich hat das damals nicht gestört.»
Für Victor S. waren diese Berliner Tage ein «Supererlebnis. Ich bin in einer euphorischen Stimmung gewesen.» Die Massenaufmärsche, die roten Fahnen, die Jugend der Welt in Berlin, sechs Jahre nach dem Krieg, die Sowjetunion als grosse Retterin, Hoffnung für eine andere Zukunft, die DDR als Bannerträgerin eines fortschrittlichen Deutschlands. «Das ist bei mir so angekommen, wie es die Propaganda damals dargestellt hat.» Jeden Tag habe er zwei, drei Nationalprogramme gesehen. Von morgens bis abends wirbelten TänzerInnen und SchauspielerInnen aus allen sowjetischen Republiken, aus China, Schweden, Kuba, Polen, Rumänien, Frankreich, Afghanistan, aus aller Welt, über die grossen Bühnen Berlins.
Der unerkannte Staatsschutzberichtler sah sich gezwungen, Überraschendes zu protokollieren: «Während den verschiedenen Vorführungen wurde keine kommunistische Propaganda gemacht, auch wurden keine Lenin- und Stalinbilder gezeigt.» Und: «Unser Aufenthalt in Berlin gestaltete sich sehr frei. Jeder konnte nach seinem Gutdünken schalten und walten, wie er wollte. Man konnte in den Westsektor gehen oder in der Ostzone bleiben.» Fast will es scheinen, als würde er den ostdeutschen Zeitungen Recht geben, die «betonten, dass kein ‹Eiserner Vorhang› bestehe, die Amerikaner seien diejenigen, die die Leute zurückhalten würden». Zum Beispiel tausend britische und französische Jugendliche, die zum Teil erst mit zehntägiger Verspätung in der feiernden Stadt eintrafen. Der anonyme Zeuge aber, der war von Anfang an dabei und schrieb am Ende: «Das Weltjugendfestival in Berlin entsprach nicht meinen Erwartungen.» War der Spitzel nicht als Spitzel gefahren – «Ernstlich glaubte ich, dass es ein Fest für die Völkerverständigung sei» –, sondern erst als Enttäuschter zurückgekommen? Deshalb als informeller Mitarbeiter für die Bundespolizei besonders geeignet? «Das ganze Fest war eine Propaganda für die Sowjetunion. Russische Riesenbomber flogen über die Stadt, und in der Stadt rollten russische Tanks, um die Wehrhaftigkeit Russlands zu dokumentieren. Dann sah man überall rote Fahnen. Büsten von Lenin und Stalin etc.» Im Gegensatz zu den ausländischen Gästen, die «vorzüglich beherbergt und verpflegt» worden seien, habe die «ostdeutsche Bevölkerung alle Tage mit einer Einheitswurst und einer gewöhnlichen Suppe vorlieb nehmen» müssen. Entgegen der Zuversicht der KommunistInnen auf baldige «Sowjetisierung Ostdeutschlands» hoffe die «nichtkommunistische Bevölkerung immer noch befreit zu werden und sehnt sich nach der Wiedervereinigung mit Westdeutschland. Die Kommunisten hätten ein Terrorregime. Die Kinder würden von den Kommunisten von morgens bis abends beansprucht und beeinflusst.» Für die schweizerische Abwehr schiebt er die beruhigende Information nach: «Der Umsturz in der Schweiz werde zuletzt kommen. Ein Krieg werde nicht ausgelöst werden, sondern der Umsturz werde in den einzelnen Staaten von innen heraus erfolgen. Fest glauben die Kommunisten daran, dass die allgemeine Sowjetisierung nur noch eine Frage der Zeit sei. Wenn aber Amerika den Krieg auslösen sollte, so wäre dieser der Endkampf der Kapitalisten.» Womöglich war der vermutlich junge Mensch erst hinterher von einem Vertrauen erweckenden älteren Herrn aufgefordert worden, niederzuschreiben, was er erlebt und gesehen, wahrscheinlich gegen Vergütung der Reisespesen, vielleicht zusätzlich für ein kleines Honorar. Vermutungen, die nicht bestätigt oder widerlegt werden können. Der Reisende wollte seinen «Namen nicht erwähnt haben». Würden andere Angehörige der Delegation erschrecken, wenn sie erführen, wer ausgeplaudert, dass der «Basler Festivalteilnehmer B. es für nötig hielt, vor vielen Festivalteilnehmern am Mittagstisch abfällig über die Schweizerbehörde zu reden. Er sagte, dass so eine rückständige Regierung wie die Schweizerregierung erschossen gehöre. Dies werde wohl eintreffen, wenn die Schweiz einmal volksdemokratisch werde.» Er verschwieg aber nicht, dass sich «viele ob dem dummen Geschwätz B.’s empört» hätten.
StalinStalinStalin
Perspektivenwechsel. Und die Hoffenden? Haben sie gesehen, woran sie glauben wollten? «Dem kritiklosen Teilnehmer, dem, der nicht mit der Bevölkerung sprach, musste die kommunistische Welt hier als Paradies auf Erden erscheinen», zitiert Otto Böni den NZZ-Korrespondenten. Und der Nachgeborene – der sich Skepsis, Ungläubigkeit, Hoffnungslosigkeit leisten kann – will es wissen, von Victor S., von Elsi S., wie das damals war, 1951.
«Es ist eine euphorische Stimmung gewesen.»
Eine Propagandaveranstaltung? Wie es der Staatsschutz gesehen hat?
«Ja, das ist es eindeutig gewesen. Die Frage ist nur – wofür.»
Das hat dich damals nicht irritiert?
«Nein. Was mich gestört hat, was mir nicht ganz ‹ghüür› gewesen ist – das war der Personenkult, der betrieben wurde. Der war übertrieben. Überall diese Stalinbilder. Zu Zehntausenden. Wo du hingeschaut hast – Stalin. Oder Ulbricht. Natürlich etwas kleiner als Stalin. Die Eröffnungs- und die Schlusskundgebung, die haben mir auf den Magen geschlagen. Dieses Skandieren ‹StalinStalinStalin›. Aus Hunderttausenden von Kehlen. Alle Teilnehmer waren da. Und die Bevölkerung aus der ganzen DDR, die mit Bussen und Zügen herbeigefahren worden ist. Alle haben ihr Fähnchen schwingen müssen. Und überall meterhohe Transparente und Plakate. Stalin. Stalin. Stalin. Ulbricht. Ulbricht. Ulbricht. Das hätt nöd so ganz ghaue bi mir. Aber ich habe es beiseitegeschoben.»
Nach der Erfahrung des Faschismus hätte es euch doch bei solchen Inszenierungen «gschmuuch» werden müssen. Wenn da eine Person so übergross gemacht wird und sich alle anderen, die Masse, mit ihr identifizieren…
«Führer, wir folgen dir …»
Ja, solche Phänomene hat es doch, damals, in Berlin, offensichtlich gegeben…
«Das hat es gegeben – ja. Aber die Ziele sind ganz andere, völlig andere …»
Aber in der formalen Erscheinung, in der Struktur – da gibt es Parallelen, auf die ihr als Antifaschisten hättet empfindlich reagieren müssen …
«Ich habe bis zum heutigen Tag nie die geringste Parallele ziehen können. Ganz ehrlich. So ein Gedanke ist mir nie gekommen. Das kann man nachträglich konstruieren. Aber damals, und sogar heute – bei allen Vorbehalten, die ich habe, vor allem auch gegen den Personenkult, gegen all die Verbrechen, die begangen worden sind – bringe ich es nicht fertig, irgendwo ein Gleichheitszeichen zu setzen oder auch nur eine entfernte Ähnlichkeit zu sehen. Die Ziele dieser zwei Bewegungen sind einander gänzlich entgegengesetzt. Wir haben einen Humanismus gewollt, keinen Antihumanismus. Wir wollten Rassen zusammen- und nicht auseinanderbringen. Wir kannten keinen Rassendünkel, wir haben nicht gesagt, die Sowjetmenschen sind die besten, die grössten, die schönsten, die einzigartigsten. Das hat man nie gesagt. Man hat nur gesagt – die Sowjetunion ist die stärkste Macht, die uns beschützt, die für den Frieden kämpft und dafür einsteht, dass der Mensch den Menschen nicht zum Wolf macht.»
Also damals vor allem ein Gefühl des Aufbruchs, der Hoffnung – jetzt verbreitet sich unsere Idee weltweit?
«Ja. Sonst wären wir nicht hingegangen. Das Völkerverbindende war ein wichtiges Element. Schliesslich hatte der Kalte Krieg schon begonnen. Der Koreakrieg, zum Beispiel. Die Sowjetunion hatte noch keine Atombombe, aber die Amerikaner hatten sie bereits eingesetzt. Deshalb stand auch alles unter dem Motto ‹Frieden und Völkerfreundschaft›. Das hat alle Kundgebungen beherrscht. Weshalb sollte man nicht mit Freuden in einer Masse mitmarschieren, die für den Frieden demonstriert und Fähnchen schwingt – für den Frieden? Auch wenn man nachträglich weiss, das ist ein reiner Propagandafeldzug gewesen, klar, gegen den amerikanischen Imperialismus, natürlich, aber ich hätte es nicht missen wollen. Wie willst du diese Gesellschaft ohne die Massen ändern?»
—
- Der nächste Teil der Serie «Die Schiwoff-Affäre – vor 60 Jahren» erscheint in wenigen Tagen.
—
(1) Otto Böni: Die kommunistischen Weltjugendfestspiele und ihre Höhepunkte aus schweizerischer Sicht. DAZ, 12.9.1996.
(2) Hansjörg Hofer: «Völker, hört die Signale …» – Erinnerungen eines Basler Kommunisten, Pharos Verlag, 1998.
(3) Otto Böni, siehe (1).
(4) Bekannter Schweizer Marxist
—
Victor S.: Victor Schiwoff, geboren am 22. November 1924 in Meiringen. Der Vater war Russe, die Mutter Polin; beide schlossen ihr Medizinstudium in Zürich ab. Kurz vor Matura-Abschluss wurde Victor Schiwoff vom Militär einberufen – 300 Aktivdiensttage. 1945 als jüngstes Parteimitglied bei der Gründung der Partei der Arbeit dabei. 1946 den Matura-Abschluss nachgeholt. 1947 bis 1951 Studium mit Abschluss als Dr. rer. pol. Nach verschiedenen Tätigkeiten 1954 erste Arbeiten für den VPOD, u.a. die Studie zum 50-Jahr-Jubiläum «Das Mitsprache- und Mitbestimmungsrecht des Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst», 1955 Wahl zum Sekretär der VPOD-Sektion Luftverkehr, 1956 die sogenannte «Schiwoff-Affäre», mit Ausschluss aus VPOD. Nach einer kurzen Zeit der Stellenlosigkeit verschiedene Arbeiten, u.a. als Hilfsmaler und Packer in einer Buchhandlung. 1960 bis 1971 Redaktor beim «Vorwärts» in Genf, wo er als Mitglied der PdA in den Gemeinderat von Meyrin und in den Grossrat des Kantons Genf gewählt wurde. 1971 bis zu seiner Pensionierung 1989 Zentralsekretär VPOD, in Zürich. Am 5. April 2006 gestorben.
Elsi S.: Elsi Schiwoff, geborene Wettstein. Am 3. Januar 1925 in Meilen geboren. Ausbildung: Handelsmatura in Neuenburg, Latein-Matur in Zürich, Diplom für französische Sprache und Zivilisation an der Sorbonne in Paris. Tätigkeit als Verwaltungsangestellte in Treuhandbüros, Wohn-Bau-Genossenschaft und Gewerkschaft GBI. Politisches Engagement: hauptsächlich in Genf-Cointrin. Am 20. März 2004 gestorben.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Das Buch «Staatsfeinde oder SchwarzundWeiss – Eine literarische Reportage aus dem Kalten Krieg» von Jürgmeier ist 2002 im Chronos-Verlag, Zürich, erschienen.
Zu diesem Zeitpunkt war er 27, also nicht mehr so ganz jung und unbedarft. 3 Jahre vorher war die Tschechoslowakei in eine kommunistische Volksrepublik überführt worden – mit allerlei Unannehmlichkeiten für diejenigen Einwohner, die damit nicht einverstanden waren (und da ging es nicht um einen Monat bedingte Haft). Das hätte Schiwoff ja nun eventuell interessieren können, hat es aber nicht.