Die Schweiz drückt sich um eine Stellungnahme
71 Jahre nach dem ersten verheerenden Einsatz von Atomwaffen gegen die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki hat die Uno-Vollversammlung in einer historischen Entscheidung mit grosser Mehrheit die Aufnahme von Verhandlungen über das Verbot dieser Massenvernichtungswaffen beschlossen. Für eine entsprechende Resolution stimmten in der Nacht zum Freitag 123 Staaten, fast eine Zweidrittelmehrheit der 193 Uno-Mitglieder also. 38 Länder, darunter Deutschland, votierten mit Nein, 16 Staaten enthielten sich der Stimme, darunter die Schweiz. Die ersten beiden Verhandlungsrunden über ein Verbotsabkommen für Atomwaffen sollen im März und Juni/Juli nächsten Jahres in New York stattfinden.
Das Abstimmungsergebnis macht deutlich, dass das Lager der 34 Staaten, die entweder selber Atomwaffen besitzen oder aber als Mitglieder der Nato an der atomaren Abschreckungsdrohung und der Einsatzplanung beteiligt sind, keineswegs geschlossen ist: Von den fünf seit dem atomaren Nichtweiterverbreitungsvertrag von 1970 als «offiziell» anerkannten Nuklearmächten stimmten die USA, Frankreich, Grossbritannien und Russland mit Nein, während China sich enthielt. Unter den vier seit 1970 hinzugekommen Atomwaffenbesitzern votierten Israel mit Nein, Indien und Pakistan mit Enthaltung und Nordkorea mit Ja.
Die USA drängte ihre Verbündeten zu einem Nein
In der Nato folgten neben Deutschland auch fast alle anderen 26 Mitglieder der dringenden Aufforderung der Bündnisvormacht USA (siehe infosperber vom 27.10.), die Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot abzulehnen. Lediglich die Niederlande enthielten sich. Eine Enthaltung war im Vorfeld der Abstimmung auch von Norwegen erwartet worden, nachdem das Parlament in Oslo die Regierung sogar mit grosser Mehrheit zur Abgabe einer Ja-Stimme aufgefordert hatte. Doch die konservative Regierung beugte sich dem Druck aus Washington und votierte mit Nein. Zehn der zwölf neutralen Staaten Europas, die weder der Nato noch dem früheren Warschauer Pakt angehör(t)en, stimmten mit Ja, Finnland und die Schweiz enthielten sich.
Die Schweiz passt – und isoliert sich
Die Schweizer Enthaltung war ein Kompromiss: Der für Militär und Verteidigung zuständige Bundesrat Guy Parmelin (SVP) hatte für ein Nein plädiert, während die Berner UNO-Diplomaten und insbesondere EDA-Vorsteher Didier Burkhalter sich für eine Zustimmung der Schweiz eingesetzt hatten. (Man höre und staune: Die stets für den politischen Alleingang der Schweiz plädierende SVP würde über ihren VBS-Bundesrat den machtpolitischen Empfehlungen der Weltmacht USA folgen! Anm. der Redaktion)
Die Mitglieder der Afrikanischen Union und die Staaten Lateinamerikas sprachen sich fast geschlossen für Verbotsverhandlungen aus. Lediglich Sudan, Mali und Nicaragua enthielten sich der Stimme.
Für die «Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN)» «kommt das Abstimmungsergebnis einer abrüstungspolitischen Revolution gleich». Denn «noch nie zuvor» hätten es «die atomwaffenfreien Staaten gewagt, die Atomwaffenstaaten und ihre Alliierten in einer solchen Frage zu überstimmen». ICAN sieht in der Entscheidung auch «eine neue weltpolitische Weichenstellung». Angesichts der Spannungen zwischen Nato und Russland, «die zunehmend auch zu einer Verschärfung der nuklearen Rhetorik und Aufrüstung geführt haben», sei das Votum in New York «von herausragender geopolitischer und diplomatischer Bedeutung».
Zum Nein der Berliner Regierung erklärte Sascha Hach vom deutschen Zweig der ICAN: «Es ist eine Schande für Deutschland, dass sich die Bundesregierung der Gruppe der Hardliner angeschlossen hat. Neben Rüstungsexporten an autoritäre Regime gehören die Stationierung und Unterstützung von Atomwaffen zu den Abgründen der deutschen Aussenpolitik.» Im Gegensatz zur Haltung der Berliner Koalition hatten die Abgeordneten von CDU/CSU und SPD im Europäischen Parlament noch am Mittwoch einer Resolution zugestimmt mit der Aufforderung an die Regierungen der 28 EU-Staaten, in der Uno-Generalversammlung mit einem Ja für Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot zu stimmen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Genau diese Stimmenthaltung wurde 1986 von Friedrich Dürrenmatt, damals Gegner des Beitritts der Schweiz zu den Vereinigten Nationen, vorausgesagt. Im Innerschweizer Komitee gegen den Uno-Beitritt war damals auch kritische katholische Theologe und bedeutende Teufels-sowie Höllenkritiker Herbert Haag Mitglied. womit er sich innerkatholisch von seinem Tübinger Kollegen Hans Küng abhob.
Die Stimmenthaltung der Schweiz ist nicht erstaunlich. Die Vermögensverwalter der Nationalbank, der Grossbanken und von Schweizer Pensionskassen investieren sogar in Firmen die Atombomben, Streubomben, Antipersonenminen herstellen, also nach Schweizer Gesetzen geächtete Waffen.
Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA (1) konnte die Schweiz zusätzliches Kriegsmaterial an Nato-Atom Staaten zu verkaufen die in Afghanistan, dem Irak, in Somalia, in Mali, in Libyen, dem Jemen und jetzt in Syrien den Terrorismus bekämpfen. Schweizer Pensionskassen haben heute schätzungsweise rund acht Milliarden Schweizerfranken in die Rüstungsindustrie investiert, die Grossbanken sollen sieben Milliarden in diesem Sektor angelegt haben und die Schweizerische Nationalbank eine weitere Milliarde. (2) und (3)
(1) In den USA wurden die Terroranschläge des 11. September 2001 von Piloten, Architekten und Ingenieuren eingehend untersucht. Insbesondere der Einsturz der drei Wolkenkratzer im World Trade Center in New York wurde genau unter die Lupe genommen. Als Resultat wird eine neue Untersuchung verlangt. In der Deutschschweiz sind viele Infos zu 9/11 auf der folgenden Website zu finden: http://www.ae911truth.ch/ und in der Westschweiz: http://www.reopen911.ch/
(2) «Fragen über Fragen (und Antworten) zu den Kriegsgeschäft-Initiativen» GSoA-Zitig, August 2016)
(3) In welche Firmen wird mein Pensionsgeld investiert? Streubomben, Atombomben? http://ifor-mir.ch/wird-bundesrat-guy-parmelin-den-saustall-in-bern-ausmisten/
Eine Enthaltung der neutralen Schweiz bezüglich Abschaffung der Atomwaffen an der UNO ist eine Schande. Die humanitäre Tradition der Schweiz sowie die Bundesverfassung (1) verlangen, dass sich dieses Land für die Abschaffung von Atomwaffen einzusetzen hat.
Da die Schweiz dies nicht getan hat, braucht es einen Zusatz in der Verfassung, um in Zukunft sicher zu stellen, dass sich die Schweiz für die Abschaffung von Atomwaffen aktiv einsetzt.
Ich habe hier eine Petition gestartet:
https://www.openpetition.eu/ch/petition/online/fuer-einen-verfassungsartikel-fuer-die-abschaffung-von-atomwaffen
(1) Artikel 2, Absatz 4 dev BV: «Sie [die Schweiz] setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen
und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung."
Auszug aus dem Artikel:
» Zum Nein der Berliner Regierung erklärte Sascha Hach vom deutschen Zweig der ICAN: «Es ist eine Schande für Deutschland, dass sich die Bundesregierung der Gruppe der Hardliner angeschlossen hat. «
Kommentar:
Da Deutschland seit dem 2. Weltkrieg IMMER NOCH KEINEN FRIEDENSVERTRAG von den damaligen alliierten Siegermächten bekommt ist es faktisch immer noch besetztes Gebiet und überhaupt nicht souverän ! Das deutsche «Grundgesetz» wurde von den Alliierten verfasst und ist keine Verfassung, wie wir sie in der Schweiz und den meisten anderen Länder in Europa haben. Dies wird leider nie thematisiert in den Medien, vielleicht kann Infosperber da mal Licht ins Dunkel bringen ?
Deutschland hat demnach zu tun, was das Imperium USA diktiert. Das sieht man auch schön an dem US-Militärstützpunkt im deutschen Ramstein, von wo aus u.a. US-Killer-Drohnen gestartet werden. Gegen die Air-Base Ramstein gehen seit Jahrzehnten tausende demonstrierende Deutsche auf die Strasse. Vielleicht wissen sie nicht, dass ihre deutsche Regierung gar nicht selber darüber entscheiden darf ?
Ich verstehe allerdings nicht, warum Russland ein NEIN zum Atomwaffenverbot abgegeben hat. Wollen sie Stärke zeigen oder Atomwaffen verkaufen? Haben sie (vielleicht zu recht) das Gefühl, dass sich die USA sowieso nicht an ein solches Verbot halten würden, käme es je zustande ? Wie wollte man sicherstellen, dass sich alle an ein solches Verbot halten würden ?