Muttsee kann auch Solarstrom liefern
Sie ist die «längste Staumauer der Schweiz», lobte die Axpo, als sie letzte Woche ihr 2,1 Milliarden Franken teures Pumpspeicher-Kraftwerk «Linthal 2015» im Glarnerland einweihte. Für den relativ kleinen Mutt-Stausee (23 Millionen Kubikmeter Inhalt) ist das ein zweifelhaftes Kompliment. Denn bei Wasserkraftwerken geht es darum, mit möglichst kurzen Mauern möglichst viel Wasser zu speichern. Vorteilhaft hingegen wäre, den nach Süden ausgerichteten Betonbau zusätzlich für die Ernte von Sonnenergie zu nutzen.
«Ideale Lage» für Fotovoltaik-Anlage
Konkret: Die Axpo könnte darauf eine Fotovoltaik-Anlage installieren, schlägt der Verband Swissolar vor und präsentiert gegenüber dieser Zeitung folgende Rechnung: Nutzbar wäre eine Mauerfläche von mindestens 13’000 Quadratmetern. Mit modernen Hochleistungs-Solarpanels könnte darauf eine Anlage mit 2500 Kilowatt Leistung installiert werden. Weil die Einstrahlung der Sonne an diesem hochalpinen Standort viel höher ist als im Mittelland, liessen sich hier (bei 1700 Volllaststunden) pro Jahr über vier Millionen Kilowattstunden (kWh) Strom produzieren; soviel, wie tausend Einfamilienhäuser konsumieren. Und das Besondere daran: Rund die Hälfte der Stromernte fiele im Winterhalbjahr an, wenn Strom nach dem Ausstieg aus der Atomenergie knapper wird als im Sommer.
Auf diesen Vorschlag angesprochen, antwortete Jörg Huwyler, Leiter Hydroenergie der Axpo: «Das ist eine Option. Die Lage ist ideal.» Eine Leitung zur Einspeisung des Solarstroms besteht bereits. Allerdings lasse sich eine Fotovoltaik-Anlage frühestens in drei Jahren installieren, weil zurzeit noch Kontrollmessungen an der Staumauer vorgenommen werden. Voraussetzung aber sei, schränkt Huwyler ein, dass die Axpo für den am Muttsee erzeugten Solarstrom eine kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) erhalte, und dass es keinen Widerstand von Naturschützern gebe.
Den zweiten Vorbehalt entkräftet Raimund Rodewald, Leiter der Stiftung für Landschaftsschutz: «Von uns sind keine Einwände zu erwarten.» Bestehende Bauten wie Staumauern eigneten sich für die Nutzung von Solarenergie, zumal es sich beim Gebiet rund um den Muttsee bereits um eine «Energielandschaft» handle. Ungewiss ist hingegen, ob es auf der KEV-Warteliste in drei Jahren noch Platz für zusätzliche Anlagen hat, nachdem das Parlament in der Vorlage zur Energiestrategie die KEV befristete.
Anlage mit Pionierwert
Der Bau der vorgeschlagenen Solaranlage dürfte sechs bis acht Millionen Franken verschlingen, die Produktionskosten wären mit schätzungsweise 9 bis 12 Rappen* pro kWh ähnlich wie jene des Pumpspeicherwerks. Bei den heutigen tiefen Preisen auf dem Strommarkt bliebe die vorgeschlagene Fotovoltaik-Anlage damit ebenso unrentabel wie alle nicht subventionierten neuen Kraftwerke.
Doch ökonomischen Verlusten stehen andere Vorteile gegenüber: Nachdem das Projekt einer Fotovoltaik-Anlage an den Lawinenverbauungen bei St. Antönien gescheitert ist, liesse sich mit dem vorgeschlagenen Projekt an der Muttsee-Staumauer erstmals erproben, wie gut sich Solaranlagen mit bestehenden alpinen Infrastrukturen verknüpfen lassen. Zudem könnte diese Anlage die negative Energiebilanz des Pumpspeicherwerks (PSW) etwas aufbessern. In Zahlen: Mit der Produktion von vier Millionen kWh Solarstrom kann die Axpo etwa ein Prozent des Pumpstroms ersetzen, den ihr PSW «Linthal 2015» bei guter Auslastung verschlingt, respektive den Pumpverlust um fünf Prozent senken.
Falls der Axpo die Investition von sechs bis acht Millionen Franken zu hoch ist, kann sie das Solarprojekt am Muttsee ihren Mitbesitzerinnen EKZ und SAK anbieten. Denn diese kantonalen Verteilwerke haben genug Geld, nachdem sie ein ähnliches, aber umstrittenes Pionierprojekt am Walensee begraben mussten.
Nachtrag:
Mein letzter Satz im obigen Artikel war voreilig. EKZ und SAK haben ihr umstrittenes Projekt am Walensee (noch) nicht offiziell begraben. Ich gehe aber zu 99 Prozent davon aus, dass diese Fotovoltaikanlage nie realisiert wird. Gründe: Es handelt sich um eine, in der Schweiz verpönte, Freiflächenanlage. Sie liegt in einem schützenswerten BLN-Gebiet. Die Naturschutzorganisationen werden dieses Projekt durch alle Instanzen bekämpfen, wenn es nicht zurück gezogen wird. Die Investitionskosten für diese Anlage an einer brüchigen Felswand sind pro Kilowatt Leistung sehr hoch. Der Ertrag fällt geringer aus als erwartet wegen der nicht vorhandenen Reflexionswirkung des Sees und der hohen Temperaturen im der Sonne ausgesetzten Steinbruch.
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* Beim vom Bund angewandten Zinssatz von 3,8 % und einer Amortisationszeit von 30 Jahren
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Wieso sollten Umweltverbände einsprechen. Ich finde Glas auch gefärbt angenehmer als kahler Beton.
Die Leistungsangaben sind aber sehr theoretisch. Im Gebirge fordern PV Anlagen einen grossen Unterhalt. Eine relativ kleine Eisscholle kann den Ertrag ungleich mindern.
Wenn aber auf der Mauer noch kleinere, nicht hohe Windräder in Serie verbaut würden, könnte die Anlage rentabel betrieben werden.
Die Idee ist bestechend, und die Ausführung fast ein Muss! Denn die von Guggenbühl eingesetzten Investitionskosten sind zu hoch. Ein Kilowatt peak (Spitzenleistung) kann heute bei Grossanlagen auf Dächern für Fr. 1’000 oder weniger erstellt werden. Die Ausrichtung der Betonstaumauer ist optimal: südorientiert und steil. Auf der Betonmauer kann die Tragstruktur für Solarpanels gut montiert werden. An diesem speziellen Ort und mit notwendigen mobilen Montagegerüsten kann eine Photovoltaikanlage heute für 2’200 Franken pro kWpeak erstellt werden, statt den von Guggenbühl kalkulierten 2’400-3’200 Franken. Wenn noch der Zins von 3,8% den aktuell gängigen Hypothekarzinsen angenähert wird, z.B. auf 2%, resultieren Stromkosten von 6-8 Rp./kWh; je nach Sonneneinstrahlung. Diese neue Solaranlage könnte damit Strom zum gleichen Preis wie die heutigen Alt-AKW produzieren.
Die Axpo wird noch andere Ausreden erfinden und sicher keine Solaranlage an der Staumauer installieren. Schliesslich bekämpft und verunglimpft diese Firma seit mehr als 30 Jahren alle neuen Alternativ-Energien. Denn für diese Abzocker ist nur «big beautiful» und sie fürchten um ihr Monopol…
Die Interessen der Bevölkerung und der Schweiz sind denen schnuppe, lieber zahlen sie den Saudi’s etc. 12.8 Milliarden/Jahr für importierte fossile Energie.