Fast alle Medikamente zum Eurokurs von 1.28 CHF
«Zur Kostendämpfung bei den Medikamenten haben wir viel getan», beruhigte Gesundheitsminister Alain Berset noch vor zwei Monaten. Doch die Monitor-Zahlen, die das Bundesamt für Gesundheit BAG am 9. August veröffentlichte, zeigen in eine andere Richtung: Im ersten Halbjahr 2016 mussten die Krankenkassen real, also unter Berücksichtigung der Teuerung, über fünf Prozent mehr für Medikamente ausgeben als ein Jahr zuvor. Diese Entwicklung der Ausgaben lässt die vergangenen Schlagzeilen über diverse «Preissenkungsrunden» erblassen. «Die Gesamtkosten für kassenpflichtige Medikamente steigen sogar stärker als im langfristigen Trend», analysiert Josef Hunkeler, ehemaliger Medikamentenspezialist beim Preisüberwacher. Sie stiegen auch stärker als die Gesamtausgaben der Kassen, wobei das BAG die in Spitälern verwendeten Medikamente nicht zu den Medikamentenkosten zählt.
Das BAG gewährt Pharmafirmen Vorzugswechselkurs
Die hohen Kosten für neue Arzneien gegen Krebs im Endstadium und zur Unterdrückung des Immunsystems wurden nicht kompensiert durch tiefere Kosten längst etablierter Medikamente. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Prämienzahlenden vom günstigen Euro nicht profitieren können: «Rund 90 Prozent aller heute verkauften kassenpflichtigen Medikamente sind zu einem durchschnittlichen Wechselkurs von 1.28 berechnet, einschliesslich einer gewährten Toleranzmarge», bestätigt das BAG. Neue jährliche Preisfestsetzungen für je ein Drittel aller Medikamente plant das BAG erst ab 2017. Fast ein Drittel aller Medikamente wird deshalb noch bis Ende 2019 vom bisherigen hohen Wechselkurs profitieren.
Würde der Preis der in der Schweiz verkauften kassenpflichtigen Medikamente zu einem Kurs von 1.09 berechnet, wären sie insgesamt 15 Prozent oder für die Prämienzahlenden jedes Jahr rund 900 Millionen Franken günstiger.
Verzögerung teilweise selber eingebrockt
Die verzögerten Preisanpassungen hat sich das BAG teilweise selber eingebrockt. Entgegen den klaren Vorgaben des Gesetzes wollte das BAG periodische Preisüberprüfungen nur auf Basis eines Auslandpreisvergleichs vornehmen, ohne den therapeutischen Nutzen einzubeziehen. Wenig überraschend hat das Bundesgericht einer Beschwerde von Pharmafirmen stattgegeben und das BAG zurückgepfiffen.
Trotzdem hätte das BAG mit mehr Personal und Kosten von einem einstelligen Millionenbetrag neue Preisüberprüfungen längst durchführen und damit «Hunderte von Millionen einsparen» können, meint Preisüberwacher Stefan Meierhans. Die Behörden liessen sich «von der Pharma leiten anstatt die Zügel in die Hand zu nehmen».
Unrühmlicher Europarekord
Das BAG und die Pharmafirmen veröffentlichen Vergleiche der Fabrik-Listenpreise. Vergleicht man jedoch die Endpreise, welche die Kassen tatsächlich zahlen müssen, geben die Schweizer Krankenkassen für Arzneimittel pro Kopf insgesamt rund 50 Prozent mehr aus als die holländischen und etwa 25 Prozent mehr als die deutschen. In keinem andern europäischen Land verschlingen Medikamente mit 23 Prozent einen so hohen Anteil an den Ausgaben der Grundversicherung. Aufgrund der jüngsten, vom BAG veröffentlichten Preisentwicklung wird sich an diesem «Europarekord» nicht so schnell etwas ändern.
—-
- Zum DOSSIER «Preise von Medikamenten»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Ich glaube kaum, dass mehr Personal beim BAG dafür sorgen könnte, dass die Medikamentenpreise auf breiter Front fallen würden. Es fehlt sicher nicht am Personal. Es gibt da einen guten Spruch: Wo ein Wille ist. ist ein Weg. Es fehlteindeutig am Willen. Da sind wahrscheinlich zuviele Personen darin verstrickt, die Preise extra hoch zu halten. Man schaue sich nur einmal um, wieviele «Helfer» und Berater in den Wandelgängen herumschwirren. Wenn ich mich nicht irre, sind pro Nationalrat 2 solcher Personen erlaubt.
Sehr wahrscheinlich, ich habe da nur eine vage Erinnerung, ist die Farma-Industrie da sehr gut vertreten. Ich wage da einmal die Behauptung, dass eine grosse Anzahl der Nationalräte nur für die Wirtschaft arbeitet, das einfache Volk soll dann schauen, wie es die Zeche bezahlt. Die Zeche, die zu bezahlen ist heisst Krankenkassenbeitrag. Ich kenne die Macht vom zuständigen Herrn Bundesrat Berset nicht genügend gut, aber was hindert ihn dann, hier einmal diesen Stall (BAG) auszumisten ?
Heinrich Elmer
Ja, Herr Elmer, ich pflichte Ihnen bei. Aber es gibt noch eine Komponente,
Die Kosten setzen sich aus Preis mal Menge zusammen. Und die Menge, die nötig wäre, wird auch viel via «BIG FOOD und BIG SODA» bestimmt. Die Risiken aus diesen setzt die WHO, Frau Chan den Risiken von BIG TABACCO gleich. Und die Weltbank warnt, dass diese Kosten die Wirtschaften überbelastet.
Und da sind wir wieder bei Lobby und Verstrickung der Politik.
Danke für’s Erinnern. Einmal mehr fühlt sich die gesamte Situation paradox an. Vor allem im Hinblick auf die Entscheidung vom Bundesgericht und den klaren Gesetzesvorgaben.
Wenn ich nochmals zur Komponente «Menge» zurückkomme: Weltweit ist ZUCKER DAS Thema. Mitteleuropa hinkt wieder mal hinten nach. Foodwatch.de sammelt jetzt dazu Unterschriften zu handen Minister Gröhe. Auch wir können unterschreiben. Man kann damit auch in der Schweiz Druck machen. 2012 hat der Ständerat einen Antrag zurückgewiesen.
Die Petition ist um Folgendes zu erweitern:
BabyNahrung kann bis zu 40 % aus Zucker bestehen und kann die Entwicklung von Organen behindern, speziell das Gehirn und das ist dann irreparabel. Auch Aggression (Studie in Jugendhaftanstalten). Frau Chan, WHO bezeichnet Zucker als die stärkste Droge
Prof. Lustig beschreibt wie verschieden die einzelnen Zuckerkomponenten Ver- bzw nicht verarbeitet werden können. (= Gastbeitrag auf Paleo, mit Teilübersetzung)
LESEN:
Welt der Wunder: wie Zucker zur tödlichen Droge wird.
Spiegel online: Unterschied zwischen Zucker in Obst, Gemüse und Milch zu zugesetztem Zucker (Fructose)
Die Welt Speziell Saccharose, Fructose, Glukose
Professor Graham MacGregor, Chair of Action on Sugar London ist auch Chair of Action on Salt GB und global.
Österreich SIPCAN.at «Gesunde Schule» nicht nur Info sondern Umstellung der ganzen Schule vom Direktor bis zum Abwart, von Lieferanten, Pausenplatzen, Lehrer, Schüler usw.
Folgerung: so kann man die Menge verringern ohne zusätzliche Kosten.
Ich möchte das Preissenkungs-Elend einmal von einer provokativen Seite angehen: Herr Bundesrat Berset könnte Millionen von Franken einsparen, wenn er, ja: wenn er das BAG mit seiner unsäglichen Verschiebungspraxis aufheben würde. (Ich weiss ja schon, dass dies nicht geht, nur eine Fiktion!) Er könnte dann die Preise der Medikamente mit dem wahren heute gültigen Preis von rund 1.09 pro Euro festsetzen, kein Lobyist aus den Wandelhallen des Bundeshauses hat meines Wissens Zutritt zum Bundesratszimmer. Der arme Bundesrat Berset kommt mir irgendwie vor wie des Präsident Obama. Der muss auch gegen ganze Armeen von Republikanern kämpfen, um ein Waffengesetz in seinem Sinne durchzubringen. Also weg mit dem BAG und wir werden vernünftigere Medikamentenpreise erhalten. Der Dauerpatient, der die 4. Wirbelsäulenoperation in Bälde vor sich hat. Heinrich Elmer
Herr Elmer, da stimme ich zu. Aber wieder die Menge Medikamente und Leistungen.
Es ist selbst die Weltbank – neben vielen anderen – die meint, man müsse von den
NCD’s (nicht ansteckenden, meist chronischen Krankheiten) 2/3 vermeiden, Und dagegen wehren sich natürlich die. die Medis herstellen. das ist das eine. Und das zweite, das BAG schützt auch sonst meist deren Interessen.
Gute Wünsche für die Operation Elisabeth