Immer noch massive Geldwäsche in der Schweiz
Red. Ende Mai gab die Tessiner Bank PKB bekannt, dass ein Verfahren der Finma gegen sie laufe. Über die brisanten Hintergründe hatte die «Rundschau» bereits am 11. Mai ausführlich berichtet. Die Deutschschweizer Medien informierten nicht darüber. Deshalb übernehmen wir im Folgenden einen zusammenfassenden Bericht von «Rundschau»-Reporter Res Gehriger. Links zu Original-Dokumenten siehe unten
Der Petrobras-Skandal ist auch ein Fall für die Schweizer Justiz
Bisher standen vor allem brasilianische Staatsangehörige im Fokus der Schweizer Bundesanwaltschaft: Sie führt gegenwärtig rund 60 Strafverfahren im Fall Petrobras. Nun sollen weitere Verfahren eröffnet werden, diesmal gegen Schweizer Banken, bestätigte André Marty, Sprecher der Bundesanwaltschaft: «In einem nächsten Schritt wird es Verfahren gegen Finanzintermediäre in der Schweiz geben.»
Wegen der Petrobras-Affäre arbeitet bei der Bundesanwaltschaft eine eigens eingerichtete Task Force. Sie untersucht rund 800 verdächtige Kontoverbindungen bei 40 Schweizer Banken und hat bislang 800 Millionen Dollar blockiert.
Im Zusammenhang mit dem Korruptionsskandal um die brasilianische Petrobras laufen bei der Bankenaufsicht Finma derzeit vier Verfahren gegen Schweizer Banken.
Ermittlungsakten im Internet
Die brasilianische Petrobras gehört zu zehn grössten Erdöl- und Erdgas-Konzernen der Welt. Zahlreiche Manager des staatlich kontrollierten Unternehmens sind wegen der Annahme von Schmiergeldern rechtsgültig verurteilt.
Ein Netz von Offshore-Gesellschaften mit Konten in der Schweiz verschleierte die illegale Herkunft der Gelder. Das konnte die brasilianische Staatsanwaltschaft mit Hilfe der Schweizer Bundesanwaltschaft aufdecken.
Die Behörden Brasiliens haben Rechtshilfedokumente ins Internet gestellt, darunter Dutzende Bankdokumente, die sie von der Schweizer Bundesanwaltschaft erhielten. Mit der Beteiligung an Strukturen zur Geldwäsche haben sich Schweizer Banken möglicherweise strafbar gemacht.
Fiktive Dienstleistungsverträge
Zahlreiche dieser Ermittlungsakten, welche die «Rundschau» ausgewertet hat, nennen die Tessiner PKB Privatbank in Lugano. Das auf Vermögensverwaltung spezialisierte Finanzinstitut wickelte Transaktionen ab, die offenbar auf «rein fiktiven Dienstleistungsverträgen» basierten. Die PKB Privatbank führte sowohl für die Bestochenen, als auch für die Bestechenden Konten.
So transferierte die PKB Privatbank für mindestens sechs Offshore-Gesellschaften des brasilianischen Baukonzerns Odebrecht bis Juni 2014 insgesamt rund 180 Millionen Dollar an weiteren Offshore-Gesellschaften, die ihrerseits Gelder an die Schweizer Konten korrupter Petrobras-Manager überwiesen. Der Unternehmer Marcelo Odebrecht war im März in Brasilien zu 19 Jahren Gefängnis verurteilt worden wegen aktiver Bestechung und Geldwäsche.
Marcelo Odebrecht trat noch 2010 am WEF in Davon als «Young Global Leader auf» (Bild «Rundschau»)
Betreffend den Odebrechts Offshore-Konten hatte die PKB Privatbank im März 2015 einen Verdacht an die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) gemeldet. Zu diesem Zeitpunkt hatten brasilianische Medien schon seit Monaten über die Verwicklung des Baukonzerns in Korruption berichtet.
Alarmglocken hätten läuten müssen
Auf Seite der Bestochenen war der verurteilte frühere Petrobras-Manager Paulo Roberto Costa ein Kunde der PKB Privatbank. Costa, ehemals Chef der Abteilung für Zulieferungen bei Petrobras, gilt als Kronzeuge der brasilianischen Staatsanwaltschaft. Erst nachdem Costa im März 2014 verhaftet wurde, meldete sich die PKB mit einer Verdachtsmeldung bei der MROS. Costa hatte über 23 Millionen Dollar in der Schweiz gehortet.
Ein weiterer, inzwischen verurteilter Petrobras-Manager mit Verbindung zur PKB, ist Pedro Barusco. Er liess seine Bestechungsgelder auf das Konto seiner Panama-Gesellschaft Ibiko Consulting überweisen.
Schema der Geldflüsse (Bild «Rundschau»)
Die «Rundschau» hat die Ermittlungsakten dem Vorsitzenden des Geldwäscherei-Ausschusses des Europarats, Daniel Theleskaf, gezeigt. Zu den Geldflüssen über die PKB Privatbank sagt er: «Wenn die Bank den Transaktionen nachgegangen wäre, hätte sie sehen müssen, dass das Geld von einem Baukonzern kommt und an einen staatlichen Beamten geht. Da hätten alle Alarmglocken läuten müssen.»
Daniel Theleskaf: «Alarmglocken hätten klingeln müssen (Bild «Rundschau)
Weitere Schweizer Banken, die für inzwischen verurteilte Petrobras-Manager Konten von Panama-Gesellschaften führten, sind die Bank Julius Bär, die Bank J. Safra Sarasin und die HSBC.
Prominenter Verwaltungsratspräsident
Henry Peter, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Genf, Direktionsmitglied der «Swiss Life» und VR-Präsident der Privatbank PKB (Bild Swiss Life)
Seit 2011 ist Henry Peter Verwaltungsratspräsident der PKB Privatbank. Die «Rundschau» hat ihn im Rahmen der Recherchen mit den Dokumenten konfrontiert. Im Nachhinein widersetzte sich Henry Peter plötzlich einer Veröffentlichung.
Bankinterne Dokumente als Beweismittel (Bild: Rundschau)
Er lehrt an der Universität Genf als Professor Bank- und Finanzrecht. Und er war bis vor kurzem Mitglied der Übernahmekommission der Finanzmarktaufsicht Finma. Im Westschweizer Fernsehen (RTS) tritt Peter als Experte für Korruptionsfragen auf. Zur Verwicklung der von Henry Peter präsidierten PKB Privatbank in das kriminelle Geldwäscherei-Netz durfte die «Rundschau» keine Stellungnahme von ihm zeigen.
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- Dokument Staatsanwaltschaft Brasilien. Anklage gegen Marcelo Odebrecht und andere. Diverse Verweise auf PKB
- Dokument Staatsanwaltschaft Brasilien. Anklage gegen Finanzintermediäre Youssef, Freiburghaus und andere. Diverse Verweise auf PKB inklusive Bankunterlagen (Formulare A)
- Gerichtsakten Brasilien. Depositionen Youssef. Enthält unter anderem Original-Kontoauszüger der PKB im Zusammenhang mit der Offshore-Gesellschaft Santa Tereza.
- Dokument Rechtshilfe Schweiz – Brasilien. Fragen der Bundesanwaltschaft betreffend Offshore-Firmen der Odebrecht-Gruppe, die ihre Konten bei der PKB hatten.
- Dokument Staatsanwaltschaft Brasilien. Depositionen des Kronzeugen Paulo Roberto Costa mit Verweis auf Konten bei PKB und anderen CH-Banken.
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NACHTRAG
Ein Leser weist auf das grosse Netzwerk hin, von dem Professor Henry Peter profitiert. Aus der Übernahmekommission der Aufsichtsbehörde Finma ist Peter 2015 nach zwei Jahren ausgeschieden. Peter hält noch folgende weitere Funktionen inne:
- Sigurd Rück Ltd, Chairman of the Board of Directors
- Casino de Montreux SA, Chairman of the Board of Directors and Member of the Audit Committee
- Consitex SA, Member of the Board of Directors
- Ermenegildo Zegna Holditalia SpA, Member of the Board of Directors and Chairman of the Compensation Committee
- Banque Morval SA, Member of the Board of Directors
- PKB Privatbank AG, Chairman of the Board of Directors and the Executive Committee
- Global Petroprojects Services Ltd, Member of the Board of Directors
- Bank Lombard Odier & Co Ltd, Member of the Board of Directors and Chairman of the Audit Committee
- Swiss Olympic Association, Vice Chairman of the disciplinary chamber in charge of doping cases
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine