Syrien: Es droht ein Wiederaufflammen des Krieges
Seit Ende Februar herrscht in Syrien eine brüchige Waffenruhe. Nun droht ein Wiederaufflammen des Krieges. Denn bei den von der UNO vermittelten indirekten Gesprächen zwischen syrischer Regierung und Opposition, die am Donnerstag für eine zeitlich noch unbestimmte Pause unterbrochen werden, gibt es bislang keinerlei Fortschritte. Auch die mit Beginn der Waffenruhe möglich gewordene humanitäre Versorgung der notleidenden Bevölkerung ist wieder ins Stocken gekommen.
«In erster Linie Terrorismus bekämpfen»
Hauptverantwortlich für die Blockaden sowohl der Genfer Gespräche wie der humanitären Hilfslieferungen ist die Regierung von Präsident Bashar al-Assad. Ihre Genfer Verhandlungsdelegation unter Vorsitz von UNO-Botschafter Baschar al-Dschafari verweigert seit Beginn dieser Gesprächsrunde jegliche Diskussion über die Bildung einer Übergangsregierung in Damaskus bis Mitte 2016, die Erarbeitung einer neuen Verfassung durch diese Regierung sowie von der UNO überwachte Parlaments-und Präsidentschaftswahlen spätestens Mitte 2017. Damit stellt die Regierung die Verhandlungsthemen und den Zeitplan für diese Gespräche in Frage. Sie sind durch eine einstimmig verabschiedete Resolution des UNO-Sicherheitsrates vom Dezember 2015 vorgegeben.
In ihren mündlichen und schriftlichen Äusserungen gegenüber UNO-Vermittler Staffan di Mistura beschränkte sich die syrische Regierungsdelegation bislang ausschliesslich auf prozedurale Fragen und auf die Forderung, in Syrien müsse «in erster Linie der Terrorismus bekämpft werden». Zudem benutzt die Regierungsdelegation den Begriff «Übergangsregierung» nicht sondern spricht lediglich von einem «politischen Übergangprozess» in Syrien.
Die Oppositionsdelegation hingegen legte dem UNO-Vermittler ein umfangreiches 8-Punkte-Papier vor mit detaillierten Vorschlägen zur Bildung, den Zuständigkeiten und der Funktionsweise einer künftigen Übergangsregierung. Darin insistiert die Opposition darauf, dass Präsident Assad der Übergangsregierung «nicht angehören darf und spätestens mit deren Amtsantritt zurücktreten muss». Syriens UNO-Botschafter al-Dschaafari wies diese Forderung zurück mit den Worten: «Assad hat mit den Genfer Gesprächen nichts zu tun. Der politische Übergang in Syrien und Assad sind zwei getrennte Themen.»
Hoffen auf Einigung zwischen USA und Russland
UNO-Vermittler de Mistura machte bei einer Pressekonferenz am Montagabend kaum einen Hehl aus seiner Frustration über die Blockade der Gespräche durch Damaskus. Um herauszufinden, «ob es eine gemeinsame Basis gibt für Richtlinien für weitere Gespräche» übermittelte er beiden Delegationen eine Liste mit 29 Fragen zur Beantwortung bis zum morgigen Donnerstag. Vage Hoffnung setzte der UNO-Vermittler auf die Syriengespräche der Aussenminister der USA und Russlands, John Kerry und Sergej Lavrov, die heute in Moskau stattfinden. Russland strebt die Vereinbarung von Einsatzregeln an für gemeinsame russisch-amerikanische Reaktionen auf Verstösse gegen die Waffenruhe in Syrien. Für den Fall, dass eine Vereinbarung mit Washington nicht gelingt, hat Russland bereits angekündigt «unilateral» auf Verstösse gegen die Waffenruhe zu reagieren.
Seit Beginn der Waffenruhe am 27. Februar konnten die humanitären Organisationen der UNO zwar einige Orte und Regionen erreichen, die zuvor zum Teil mehrere Jahre lang schwer zugänglich oder durch Belagerung sogar völlig von der Aussenwelt abgeschnitten waren. Für sechs von Regierungstruppen belagerte Städte verweigert Damaskus der UNO aber weiterhin den Zugang.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Andreas Zumach ist spezialisiert auf Völkerrecht, Menschenrechtspolitik, Sicherheitspolitik, Rüstungskontrolle und internationale Organisationen. Er arbeitet am europäischen Hauptsitz der Uno in Genf als Korrespondent für Printmedien, wie beispielsweise die tageszeitung (taz), Die Presse (Wien), die WoZ und das St. Galler Tagblatt, sowie für deutschsprachige Radiostationen und das Schweizer Fernsehen SRF. Bekannt wurde Zumach 2003 als Kritiker des dritten Golfkrieges. Im Jahr 2009 wurde ihm der Göttinger Friedenspreis verliehen.
Dieser Beitrag suggeriert einmal mehr, dass das Syrienproblem massgebend von der Person Assad abhängt.
Wenn ich jedoch die Berichterstattung von Karin Leukefeld verfolge, erahne ich eher, dass das Problem wohl vorwiegend in dem Saudi/WestStaaten-Bündnis liegt. Die mit der Schaffung des HNC (Vereinigung von rund 30 Rebellengruppen) der in Syrien selbst wohl kaum Rückhalt hat, – und dem Ausschluss von Verhandlungen der zahlreichen syrischen Oppositionsgruppen. (Inner syrische Oppositionsgruppen werden zwar zum Teil angehört, dürfen aber nicht mit verhandeln. Ganz ausgeschlossen sind zB die Kurden!)
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) Deutschland; koordiniert offenbar in Genf die Verhandlungspapiere und Öffentlichkeitsarbeit für den HNC.
Quelle: Karin Leukefeld
https://www.jungewelt.de/2016/03-22/028.php
Es geht im Syrienkrieg gar nicht darum, ob B. al-Assad ein Despot ist oder nicht. Ginge es darum, müssten die muslimischen Extremisten erst recht gegen das saudische Herrscherhaus wüten.
Tun sie aber nicht, denn das sind ja keine Schiiten oder Alawiten, sondern Wahabiten, fromme Muslime wie die Sunniten.
Es geht hier nicht um freiheitsliebende Demokraten vs. Despoten. Es geht nur um religiösen Fanatismus.
Die UNO Resolution 2254 ist in ein paar Punkten unklar formuliert – sie war von Anfang an ein Kompromiss. Und in einigen Punkten auch nicht realistisch.
2254 sagt u.a. nichts aus über die Zukunft der derzeit herrschenden Regierung Assad. Diese Weglassung wurde von mindestens einem Mitglied des Sicherheitsrates ausbedungen. Das bedeutet, dass 2254 Assad nicht dazu auffordert demnächst oder später zurückzutreten.
Wer verhandelt überhaupt mit Assad? Das HNC?
Es kann nicht sein, dass dieselben Leute, die Al-Nusra und IS finanzieren, die Delegation der Syrischen Opposition zusammenstellt. Und dass die Kurden nicht mitquatschen dürfen, obwohl sie einen Teil der syrischen Nordens kontrollieren.
Man kann Assads Diplomaten gut verstehen, sollten sie diesen hohen wahhabitschen Gesandten keine Geschenke machen.
Die Zusammensetzung der Diskussionsgruppe in Genf muss zwingend überdenkt werden. Andernfalls wird man nicht weiter kommen.
Das «ceasefire agreement» (ab dem 27.2.2016) war auf Grund einer bilateralen Verhandlung zwischen Russland und den USA zustande gekommen unter bewusster Ausschliessung der UNO. (Konkret ging es wohl darum Jeffrey D. Feltman rauszuhalten. Dieser ist ein US-Falke, derzeitig die Nr.2 bei der UNO, und ihm wird nachgesagt, dass er für wahre Friedenslösungen nicht unbedingt geeignet ist bzw. versucht solche zu torpedieren, was seiner vorherigen Tätigkeit beim CIA entspricht.)
Ich würde eher wieder auf die nächste Runde der RU-US-Bilateralen setzen.