Tagesschau SRF: Sprachrohr der Exportwirtschaft
Infosperber verfolgt die Hauptausgabe der Schweizer Tagesschau nur unregelmässig. Deshalb jetzt zufällig zwei Sendekritiken hintereinander.
Erstarkter Dollar
Die Hauptausgabe vom 12. November 2015 berichtete über Folgen der erstarkten US-Währung – allerdings sehr einseitig. Im Fokus stand allein die Exportwirtschaft, deren Einnahmen aus den Exporten in die USA und in den übrigen Dollarraum jetzt in Franken umgerechnet mehr Gewinne bringen.
«Dollar als Chance: Die starke US-Währung lässt Schweizer Unternehmen hoffen und verdienen», verkündete Moderatorin Cornelia Bösch die frohe Botschaft. Die Erstarkung des Dollars sei «ein Lichtblick für die Schweizer Exportwirtschaft». Der Dollar sei wieder so viel Wert wie der Schweizer Franken, erläuterte der folgende Beitrag. Der erstarkte Dollar sei «wirklich erfreulich», kommentierte die Tagesschau. Er helfe der «Schweizer Wirtschaft insgesamt». Es fragt sich, wen die Tagesschau damit meint.
Zu Wort kamen jedenfalls ausschliesslich Leute, welche Interessen der Exportwirtschaft vertraten, oder die Interessen von Konzernen, die im Ausland Gewinne in Dollar erzielen:
Christian Gattiker, Chefstratege der Bank Julius Bär:
Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann, der nach eigenen Angaben im Bundesrat die Unternehmen vertritt:
Und Rudolf Minsch vom Lobby-Verband Economiesuisse:
Nachteile für Konsumentinnen und Konsumenten
Mit keinem Wort informierte die Tagesschau über mehrere happige Nachteile des erstarkten Dollars für die Normalbürgerin und den Normalbürger und damit auch für die «Schweizer Wirtschaft insgesamt»:
- Ferien und Reisen in die USA und den ganzen Dollar-Raum werden teurer;
- Heizöl und Benzin, die weltweit in Dollar abgerechnet werden, werden bei uns teurer;
- Laptops und Handys von US-Firmen und sämtliche Importwaren aus dem Dollarraum, darunter viele Rohstoffe, Kaffee, Kakao, Baumwolle etc. werden in der Schweiz teurer.
Der erstarkte Dollar kann auch für Unternehmen von Nachteil sein, die Produktionsmittel aus den USA beziehen, aber ihre Produkte vorwiegend in den Euroraum verkaufen.
Möglichst viel fürs Ausland arbeiten?
Länder wie die Schweiz mit einer starken Währung, die es erlaubt, vom Ausland günstig einzukaufen, gelten als Vorbilder. Auf Länder mit schwacher Währung schaut man mitleidig herunter. Prioritäres Ziel einer nationalen Wirtschaft kann es nicht sein, möglichst viel für das Ausland zu arbeiten und zu exportieren.
Was im letzten Januar abträglich war, ist der abrupte Kurssprung nach der Aufhebung des Euromindestkurses von 1.20 Franken. Die Nationalbank hätte den Franken schrittweise erstarken lassen sollen.
Trotzdem kann das kürzliche Erstarken des Dollars und die entsprechende Schwächung des Frankens nicht einseitig als Frohbotschaft übermittelt werden, wie dies die Tagesschau vom 12.11.2015 tat.
Die einseitige Information der Tagesschau reiht sich ein in viele Tagesschau-Berichte, welche zum grössten Teil einseitig die Nachteile des starken Schweizer Frankens thematisierten und nur in seltenen Fällen über die vielen Vorteile berichteten.
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Siehe:
«Dank der Kursfreigabe können wir uns den gleichen Lebensstandard mit weniger Arbeit leisten», 15.1.2015
«KOF-Professor bestätigt Infosperber-Kommentar», 19.1.2015
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine