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Regenwürmer haben gar keine Freude an Roundup Gel © dodo-bird/flickr/cc

Wiener Studie: Glyphosat-Alarm für Regenwürmer

Kurt Marti /  Laut einer Studie der Wiener Universität für Bodenkultur schädigt das Pflanzengift Glyphosat die Regenwürmer «dramatisch».

Der Regenwurm lockert den Boden auf und ist deshalb ein nützlicher Helfer in der Landwirtschaft. An der Verwendung des Pflanzengifts Glyphosat durch die Landwirte und die Hobbygärtner hat der Nützling aber gar keine Freude. In der Schweiz werden jährlich 300 Tonnen Herbizide mit dem Wirkstoff Glyphosat versprüht. Über die Wirkung des weltweit am meisten verwendeten Herbizids auf Nicht-Zielorganismen und über die Konsequenzen für die Nährstoffkreisläufe in Ökosystemen ist «noch immer sehr wenig bekannt», halten die Forscher der Wiener Universität für Bodenkultur (Boku) in einer Medienmitteilung fest.

Von den Resultaten «sehr überrascht»

Deshalb hat ein ForscherInnen-Team der Boku die Wirkung von Glyphosat untersucht. Studienautorin Mailin Gaupp-Berghausen umschreibt den etwas anderen Forschungsansatz: «Im Gegensatz zu anderen Studien, die die Wirkung von Herbiziden auf Nicht-Zielorganismen im Labor in Petrischalen untersucht haben, versuchten wir im Gewächshaus in sogenannten Mesokosmen die Voraussetzungen im Feld einigermaßen realistisch nachzubilden.»

Johann Zaller, Ökologe am Institut für Zoologie und Studienleiter, war über die Resultate der Studie «sehr überrascht», denn das Pestizid mit dem Wirkstoff Glyphosat hatte in der vorgeschriebenen Dosis «die Aktivität von tiefgrabenden Regenwürmern dramatisch reduziert, horizontalbohrende Regenwürmer brachten nur mehr halb so viele Nachkommen zur Welt als unter Nicht-Herbizid Bedingungen.»

«Wieso nicht schon bei der Registrierung?»

Aber auch die Menge von Nitrat und Phosphat im Boden wurde durch den Glyphosat-Einsatz «stark erhöht». Dazu Boris Rewald, Privatdozent für Botanik am Institut für Waldökologie der Boku: «Wir erklären uns diesen Befund mit dem Wegfall des Pflanzenbewuchses nach der Herbizidbehandlung. Nährstoffe, die normalerweise von Pflanzen aufgenommen werden, sind plötzlich ungenutzt im Boden und laufen Gefahr ausgewaschen zu werden.» Dabei verweist Rewald auf die zu erwartende Zunahme an Starkregenereignissen durch den Klimawandel, was mit einer Kontamination der benachbarten Gewässer oder des Grundwassers einhergehen würde.

Angesichts dieser brisanten Resultate fragt sich Studienleiter Zaller, «wieso derartige Untersuchungen nicht im Zuge der Registrierung der Pestizide durchgeführt werden müssen». Und er weist auf ein weiteres Problem, nämlich jenes der Pestizid-Cocktails: «Wir müssen auch immer bedenken, dass diese Befunde nur für einen Wirkstoff gelten, während im Normalfall Dutzende unterschiedliche Pestizidprodukte (Insektizide, Fungizide etc.) verwendet werden. Über die Nebenwirkung dieser Pestizid-Cocktails ist so gut wie gar nichts bekannt.»

Bundesamt für Landwirtschaft: «Glyphosat fördert indirekt Bodenfruchtbarkeit»

Die Schweizer Zulassungstelle für Pestizide im Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hingegen sieht die Wirkung des Pflanzengifts Glyphosat auf die Bodenfruchtbarkeit positiv. In einer Medienmitteilung vom 30. Juli 2015 heisst es dazu: «In der Schweiz wird Glyphosat insbesondere in bodenschonenden pfluglosen Anbauverfahren eingesetzt. Diese Anbaumethode fördert indirekt die Bodenfruchtbarkeit.»

Siehe:


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

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Eine Meinung zu

  • am 1.09.2015 um 23:29 Uhr
    Permalink

    Die pfluglose, bodenschonende Behandlung mit Glyphosat wird an der ETH Zürich gelehrt. Syngenta hat dort einen Lehrstuhl.
    Bei Pressekonferenz über das Bienensterben waren neben Schneider Ammann, einigen Wissenschaftern selbstverständlich auch Syngenta dabei. Sie sass da aber nicht als Angeklagter, sondern in beratender Funktion.
    im Dezember 2014 hat Syngenta im «"Good growth plan» ihre Pläne vorgestellt, wie sie sie die Bodengesundheit schützen und die Biodiversität erhalten will.
    Das ganze scheint mir wie ein schlechter Witz. Ein Konzern, der 3/4 seines Umsatzes mit Pestiziden macht, gibt Ratschläge, wie man die Biodiversität erhalten oder gar fördern will.
    Thomas Schenker

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