Prostata-Krebs: Ärzte beraten häufig ungenügend
Spezielle Untersuchungen der Prostata sollen Krebszellen früh entdecken, aber diese Früherkennung ist umstritten. Weil die Tests nicht zwischen harmlosen und gefährlichen Krebszellen unterscheiden können, führen sie häufig zu falschem «Krebsalarm» und überflüssigen Behandlungen – oft mit schwerwiegenden Folgen für die Männer. Werden sie bestrahlt oder operiert, kann das zu Impotenz und Inkontinenz führen.
Umso wichtiger ist es, dass Ärzte ihre Patienten über die Nutzen und Risiken der Früherkennung gründlich aufklären. Doch die Information der Ärzte ist ungenügend, wie die «Stiftung Warentest» festgestellt hat. Sie schickte 20 Testpersonen zu Allgemeinmedizinern und Urologen, um herauszufinden, wie gut sie ihre Patienten in Sachen Prostatakrebs-Früherkennung beraten. Das Ergebnis ist ernüchternd: «Kein Arzt beriet umfassend und ausgewogen. Viele boten überflüssige Tests an oder machten fachliche Fehler», heisst es in der aktuellen Ausgabe des Konsumentenmagazins «Test».
PSA-Test: Geringer Nutzen – grosse Nachteile
So empfahlen etliche Ärzte eine Prostata-Untersuchung per Ultraschall, obwohl diese Methode laut medizinischer Leitlinie zur Früherkennung «nicht geeignet» ist. Als einfachste Untersuchung gilt das Abtasten der Prostata durch den Enddarm. Allerdings lassen sich dabei kleine Tumore nicht aufspüren. Alle Ärzte in der Stichprobe erwähnten deshalb den PSA-Test als weitere Möglichkeit der Früherkennung. Dieser Bluttest soll anzeigen, ob in der Prostata Krebszellen vorhanden sind. Was jedoch die meisten Ärzte verschwiegen: Der Test nützt gemäss neuesten Studien nur einem Bruchteil der Männer, aber für viel mehr Männer hat er gewichtige Nachteile.
Konkret: Von 1000 Männern, die während 13 Jahren regelmässig den PSA-Test machten, starb im Laufe dieser 13 Jahre einer weniger an Prostatakrebs als in der Vergleichsgruppe ohne Test. Doch auf diesen einzigen Mann, der vor dem Tod durch Prostata-Krebs bewahrt wird, kommen etwa 34 Männer, die wegen eines PSA-Tests eine Krebsdiagnose erhalten – oft mit gravierenden Konsequenzen. Die betroffenen Männer müssen fortan mit der belastenden Diagnose «Prostata-Krebs» leben und abwägen, ob und wie sie den Tumor behandeln lassen wollen. Fast jeder zweite von ihnen unterzieht sich einer Bestrahlung, Operation oder Chemotherapie mit dem hohen Risiko von Impotenz und Inkontinenz. Hätten die Männer den Test nicht gemacht, bliebe ihnen eine lange Leidensgeschichte erspart. Denn beim Test wird oft Krebsgewebe gefunden, das bei diesen Männern zeitlebens gar nie Probleme verursacht hätte. Somit wäre eine Behandlung nicht nötig gewesen.
Kommt hinzu: Der PSA-Test ist wenig aussagekräftig. Auch ohne Krebs kann der PSA-Wert erhöht sein. Um festzustellen, ob tatsächlich Krebszellen vorhanden sind, ist eine Gewebeentnahme (Biopsie) aus der Prostata nötig. Eine Studie zeigt: Bei 3 von 4 Männern mit erhöhtem PSA finden sich in der Gewebeprobe keine Tumorzellen. Der PSA-Test löste einen Fehlalarm aus. Auf der anderen Seite ist ein normaler PSA-Wert keine Garantie dafür, dass ein Mann keinen Krebs hat. Der Test kann in seltenen Fällen Tumorzellen auch übersehen.
Einseitige Beratung beim Arzt
Es gäbe also gute Gründe, Männern vom PSA-Test abzuraten. Das machen inzwischen die meisten medizinische Fachgesellschaften, weil sie zum Schluss gekommen sind, dass der PSA-Test den Männern mehr schadet als nützt. Trotzdem empfahlen in der Stichprobe vor allem Urologen, den Test gleich jedes Jahr zu machen. Einige rieten auch zum teuren «Gesamtpaket» mit PSA-Test, Ultraschall und Abtasten. Das erstaunt nicht, denn Urologen verdienen an weiteren Abklärungen und Behandlungen – ob notwendig oder nicht –, wenn ein Krebsverdacht besteht.
Die Nachteile der Früherkennung ist in den Arztpraxen offensichtlich kaum ein Thema. Die meisten Ärzte schweigen sich über die Gefahren von Überdiagnosen und Überbehandlung aus. Auf konkretes Nachhaken der Testpatienten gingen mehrere Mediziner gar nicht ein. Darüber könne man sprechen, wenn es soweit sei. Nur drei Ärzte erwähnten im Beratungsgespräch die möglichen Risiken, aber fast alle stellten den Nutzen als zu positiv dar, kritisiert «Stiftung Warentest» die Mediziner.
Nutzen und Risiken sorgfältig abwägen
Rund 70’000 Männer in Deutschland erhalten jedes Jahr die Diagnose «Prostata-Krebs». Bei Männern ist es der häufigste Krebs. Die hohe Zahl ist allerdings nicht zuletzt auf die Früherkennung zurückzuführen, wobei viele der so diagnostizierten «Erkrankten» ohne Früherkennung während ihres ganzen Lebens nie etwas von den Tumorzellen gemerkt hätten und also gar nie erkrankt wären.
Krebs kann sich aber sehr unterschiedlich verhalten und entwickeln. Aggressive Formen, die man rasch behandeln muss, sind beim Prostata-Krebs glücklicherweise eher selten. Viel häufiger wachsen die Tumoren sehr langsam oder gar nicht. Autopsien von verstorbenen Männern zeigen, dass viele ältere Männer einen kleinen Tumor in der Prostata haben, der jedoch nie zu Beschwerden führte. Ohne Früherkennung würden die meisten dieser Männer bis zu ihrem Tod gar nichts davon merken.
Die Entscheidung für oder gegen die Früherkennung muss jeder Mann für sich selber treffen. Dabei gilt es die Vor- und Nachteile sorgfältig und in Ruhe abzuwägen. Auf keinen Fall sollte man sich von einem Arzt zu einem Bluttest drängen lassen. Zum Nutzen und Schaden des PSA-Tests hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen IQWiG auf der Webseite Gesundheitsinformation umfangreiche Informationen veröffentlicht.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
PSA Test, sinnvoll oder nicht, wird ja oft angezweifelt. Ist er zu hoch (PSA) wird sehr häufig eine Biopsie durchgeführt. Diese ist oft nicht genügend aussagkräftig, dagegen allerdings stellenweise schmerzhaft. Die Methode der MRT Untersuchung wird dagegen nicht oft angeboten (weil offensichtlich nicht so bekannt und teuer und da sie möglicherweise zu neu ist), ausser man ist in Deutschland privat krankenversichert. Ich glaube die normalen Krankenkassen bezahlen das nicht. Dieser Untersuchung wird eine Genauigkeit von ca. 90% nachgesagt. Im Gegensatz zur Biopsie nicht schmerzhaft und auch keine Entzündungen. Allerdings ist ein Kontrastmittel notwendig.