BAG schützt Pharmakonzerne vor starkem Franken
Keine andere Wirtschaftsbranche wird mit einem künstlich hohen Eurokurs so stark subventioniert wie die Pharmaindustrie. Das kostet die Krankenkassen und damit die Prämienzahlenden weit über eine Milliarde Franken.
Das Bundesamt für Gesundheit BAG überprüft jedes Jahr ein Drittel aller kassenpflichtigen Medikamente und setzt die Preise für die nächsten drei Jahre fest.
Die nächste Preisanpassung findet auf den 1. November 2015 statt. Als Stichtag der Wechselkursberechnung gilt beim BAG bereits der 1. Februar 2015. Das BAG nimmt den durchschnittlichen Wechselkurs der vorangegangenen zwölf Monate (1.2.2014-31.1.2015). Aus diesem Gund profitieren die Pharmafirmen auch bei der Preisanpassung im nächsten November von einem Wechselkurs von rund 1.20 Franken. Zu diesem Kurs gewährt das BAG eine «Toleranzmarge» von drei Prozent (bis Ende 2015 waren es fünf Prozent) oder 3,6 Rappen, so dass am nächsten 1. November im Klartext ein Wechselkurs von rund 1.24 zur Anwendung kommt.
Als Konsequenz davon wir der erstarkte Franken für die Pharmakonzerne frühestens ab 1. November 2016 wenigstens teilweise wirksam. Dann wird für ein Drittel aller Medikamente ein Umrechnungswert von 1.08 gelten, sofern der Durchschnittskurs des Frankens bei 1.05 bleibt (3 Rappen «Toleranzmarge»).
Fazit: Zwei Drittel aller Kassenmedikamente profitieren bis zum 1. November 2017 von einem fiktiven Eurokurs von 1.24.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer besteht, dass es nicht so weit kommt. Gegenüber Infosperber sagte BAG-Mediensprecher Daniel Dauwalder , die «relevanten Verordnungsbestimmungen» würden «zurzeit angepasst». Es sei jedoch noch nicht klar, ob der Bundesrat die erwähnten Regeln für die Preisanpassungen ändern wird.
In erster Linie profitieren Importeure
Zwei Drittel aller Medikamente, welche die Schweizer Krankenkassen zahlen müssen, stammen aus dem Ausland. Und auch die meisten Wirkstoffe der Medikamente, welche Novartis, Roche und andere «in der Schweiz herstellen», stammen aus Billigländern wie Indien, Bangladesch, China oder Mexiko und können jetzt dank dem erstarkten Franken noch günstiger bezogen werden.
Walter Hölzle, Präsident des Pharmaverbands Vips macht geltend, dass die importierten Produkteanteile weniger als zehn Prozent der Herstellungskosten ausmachten: «60-80 Prozent aller Kosten entstehen in der Schweiz». Ins Gewicht fallen würden «insbesondere die Medical-, Regulatory-, Marketing-, lokalen Produktions- und Distributionskosten als Folge von lokal hohen Lohn- und Strukturkosten sowie Gebühren und Aufwand für die Zulassungen».
Warum die Distributionskosten die Fabrikpreise beeinflussen sollen, ist nicht klar.
Abgesehen davon lassen die Erklärungen der Pharmabranche zu ihrer Kostenstruktur vergessen, dass der gegenwärtige Eurokurs zwischen 1.00 und 1.10 Franken für andere Wirtschaftszweige in der Schweiz ohne Wenn und Aber gilt.
Ungleiche Behandlung
Die Preisfestsetzung des BAG kann wegen der abrupten Erstarkung des Frankens zu ungleichen Behandlungen der Firmen führen. Ein Drittel der Medikamentenpreise wird ab November 2015 zu einem Kurs 1.24 berechnet (siehe oben). Dieses Drittel der Medikamente profitiert dann von diesem hohen Wechselkurs bis zur nächsten dreijährigen Preisrunde, d.h. bis zum 1. November 2018.
Ein weiteres Drittel aller Medikamente wird ab November 2016 voraussichtlich zu einem Kurs von etwa 1.08 berechnet, das letzte Drittel ab November 2017.
Diese Medikamente müssen dann günstiger verkauft werden als die restlichen, deren Preise erst im November 2018 gesenkt werden.
Bei Präparaten, die sich therapeutisch konkurrenzieren, könnte dies den Wettbewerb verfälschen.
Aus diesem Grund schlägt das BAG eine Verordnungsänderung vor: Für die gestaffelt alle drei Jahre stattfindenden Preisrunden sollen die Medikamente nicht mehr nach deren Aufnahmedaten in die Kassenpflicht eingeteilt werden, sondern nach therapeutischen Gruppen: «Arzneimittel gleicher Indikation, welche sich therapeutisch konkurrenzieren könnten, würden künftig gleichzeitig überprüft und Benachteiligungen würden dadurch verhindert», teilte das BAG Infosperber mit.
Der Bundesrat würde damit eine alte Forderung von Seiten der Krankenkassen, der Stiftung für Konsumentenschutz und des Verbands der Patientenstellen erfüllen. Der therapeutische Nutzen einer ganzen Medikamentengruppe könnte verglichen und die Unterschiede bei Nutzen und Risiken bei der Festsetzung der Preise berücksichtigt werden («therapeutischer Quervergleich»).
Die Pharmaindustrie scheint darauf allerdings nicht besonders erpicht zu sein. Trotz mehrfachen Anfragen wollte Interpharma-Geschäftsführer Thomas Cueni nicht Stellung nehmen. Walter Hölzle von der vips sieht bei der heutigen, nach Aufnahmedatum bestimmten Überprüfung der Medikamente, kein Problem: «Die Konkurrenz auf dem Markt bewirkt, dass Hersteller ihre Preise freiwillig senken, falls ein Konkurrenzprodukt wegen eines tiefer berechneten Eurokurses günstiger wird».
Schön wär’s. Denn bei Medikamenten der Grundversicherung ist es keineswegs so, dass Apotheken und Ärzte unter vergleichbaren und austauschbaren die günstigeren verschreiben und verkaufen. Im Gegenteil: Apotheken und Ärzte verdienen an teureren Medikamenten mehr und verschreiben deshalb sehr häufig die teureren. Aus diesem Grund kann ein günstigerer Preis im Wettbewerb sogar ein Nachteil sein.
Das BAG hat sich bis heute geweigert, die Margen so festzusetzen, dass diese falschen Anreize für Apotheken und Ärzte endlich verschwinden. (Siehe «Bundesrat Berset belohnt Verkauf von teuren Medikamenten» vom 29.8.2013)
Die Wechselkurssubvention zugunsten der Pharmafirmen kostet die Prämienzahlenden über eine Milliarde
Nach Angaben des BAG mussten die Krankenkassen im Jahr 2013 Medikamente im Wert von 5,8 Milliarden Franken vergüten (Medikamente im stationären Spitalbereich nicht eingerechnet). Ein Preisabschlag von 16 Prozent ergibt die Summe von 754 Millionen Franken, welche die Prämienzahlenden allein im laufenden Jahr zu viel zahlen. In den nächsten Jahren kommen weitere Hunderte Millionen dazu.
Das Argument der Arbeitsplätze zieht nicht. Falls die Pharmakonzerne weniger einnehmen, kann es dort zu weniger Arbeitsplätzen führen. Doch die Prämienzahlenden würden die gesparten 754 Millionen nicht unter die Matratze legen, sondern für Produkte anderer Branchen ausgeben. Das würde – nach der gleichen Logik – in diesen Branchen mehr Arbeitsplätze schaffen.
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Siehe:
«Medikamente weiter zum Kurs von 1.56 Franken» vom 8.1.2013
DOSSIER: Medikamentenpreise
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Der Autor vertritt Prämienzahlende und Patienten in der Eidgenössischen Arzneimittelkommission.
Lieber Sperber, danke.
Ich verlinke:
http://bumibahagia.com/2015/03/03/schwiiz-das-bag-bundesamt-fur-gesundheit-sorgt-fur-wessen-gesundheit/
Es ist nicht nur das Bundesamt für Gesundheit, das sich um die Pharma-Industrie sorgt, es ist auch ein Herr Blocher, offenbar, und seine SVP, oder zumindest ein ganz beträchtlicher Teil davon. Neben dem Kanton Basel, Aargau, und den Anderen, die halt in ungeheurem Mass davon profitieren, derartige, staatlich geschützte, private Unternehmen im eigenen ‹Kreis› zu haben.
Wäre es nicht so, so wäre wohl Einiges anders in unserem Land. Und nicht nur hier, auch anderswo verdienen sich wahrscheinlich sehr viele Leute ein gutes Taschengeld, indem sie politisch dafür sorgen, dass es auch weiterhin gute und schlechte Drogen gibt. Die Guten von der Pharma-Industrie, und die Schlechten vo der Gasse. Un dass das so bleibt, dafür sorgen dann die Politikier|innen, die mit ihrem, von der Pharma-Industrie zur Verfügung gestellten, ‹Experten-Wissen› der Bürgerschaft vorschwafeln, weshalb was verboten oder dann erlaubt sein solle und dürfe.
Es geht schliesslich um Milliarden, viele Milliarden, jährlich, die verdient werden, um die Aktionäre, und sonstigen Weggenossen, bei der Stange zu halten. Werr könnte da schon etwas dagegen haben? Höchstens die Zuchthaus-Direktoren, die vielleicht froh darüber wären, in ihren Löchern etwas mehr Platz für echte Kriminelle zu haben.
Schon Jesus warnte vor den Zöllnern, Schriftgelehrten und Pharisäern, genützt hat es leider aber bis heute nichts. Vielleicht sind die Leute halt wirklich zu dumm, oder zu gläubig, wer weiss das schon… ausser die Chemie !?
Die Krankenkassen sollten den Patienten erlauben, die Medikamente – so weit es geht – im Ausland einzukaufen. Sie müssten dafür oft nicht einmal die Hälfte bezahlen. Das würde auch die Krankenkassen entlasten. In der Schweiz wird das Pharma-Kartell geschützt und auch noch über den Wechselkurs subventioniert vom Staat, das der abhängige Patient dann berappen muss. Das ist üble Nötigung und einfach eine riesen «Sauerei».
Die Krankenkassen sind am Sparen nicht interessiert. Es geht doch um Umsatz. Und die Preise werden an die Versicherten weiter verrechnet.
Warum melden sich unsere Rechtsgelehrten nicht zu Wort. Wir haben z.B.
in Basel Prof. Pieth, der in der Fifa schon die Korruption anging. Man müsse die geschlossenen Kreise aufbrechen, heisst, dass eine Interessengemeinschaft sich nicht selbst kontrollieren darf..
Wir hatten in der Schweiz mal «zämme stoh» Anwälte im Umfeld von
HWS (Halswirbelbeschleunigung). Das ist das Thema, wo internationale
Spezalisten und Professoren meinen, dass es Ursache vieler chronischer Krankheiten sein könne. Unser Bundesrichter verneint das. Das heisst, Kassen, IV usw. können ablehnen und zuletzt zahlt die Sozialfürsorge..
Also, warum sparen? Es wird ja bezahlt. Warum sich über Kurse aufregen????? Oder vielleicht doch???