Bald macht Credit Suisse Tagesschau-Beitrag selber

Kurt Marti /  Das Sorgenbarometer der Credit Suisse hat sich in den letzten Jahren zum perfekten Werbespot in der SRF-Tagesschau entwickelt.

Alle Jahre wieder in der Vorweihnachtszeit beschert uns die Tagesschau-Hauptausgabe von SRF das Sorgenbarometer, das vom Umfrage-Institut GFS im Auftrag der Credit Suisse erstellt wird. Und jedes Jahr steht zuverlässig die Arbeitslosigkeit an der Spitze der Rangliste. Der Informations- und News-Wert dieser Beiträge ist gering, auch wenn er in der Tagesschau-Ausgabe vom letzten Dienstag 2.20 Minuten dauerte und damit länger war als der Beitrag zum Gedenken an die Chemie-Katastrophe im indischen Bhopal vor 30 Jahren, die bis heute 30‘000 Tote gefordert hat.

2007: Credit Suisse nur beiläufig erwähnt

Was ist also neben der journalistischen Bequemlichkeit der wahre Grund für diesen peinlichen Lückenfüller? Ein kurzer Blick in die Vergangenheit kann darauf eine Antwort geben. Während die Rangliste jedes Jahr ähnlich einschläfernde Resultate liefert, gibt es nämlich in der Gestaltung des Beitrags sehr wohl eine beträchtliche Steigerung, und zwar bezüglich der Werbe-Wirkung für die Credit Suisse.

Beispielsweise im Dezember 2007 berichtete die Tagesschau über das Sorgenbarometer, ohne Erwähnung der Credit Suisse im Beitrag. Nur in der Moderation wurde die GFS-Umfrage «im Auftrag der Credit Suisse» kurz erwähnt. Die Quellenangabe in der Grafik verwies auf das GFS Bern (siehe Grafik oben; gelber Rahmen) und im Beitrag trat als kommentierender Experte Kurt Imhof von der Universität Zürich auf.

2013: Kein unabhängiger Experte mehr

Im Dezember 2013 wurde die Credit Suisse in der Tagesschau-Moderation und zusätzlich in der Quellenangabe der Grafik mit «GFS Bern, Credit Suisse» erwähnt. Als Experte kommentierte diesmal kein unabhängiger Experte, sondern Lukas Golder, der zuständige GFS-Projektleiter und Auftragnehmer der Credit Suisse.

2014: Der perfekte CS-Werbespot

Am vergangenen Dienstag schliesslich hatte die Credit Suisse ihren perfekten Werbespot: Vom GFS-Institut war keine Rede mehr. In der Quellenangabe der Grafik stand nur die Credit Suisse und prominent im Grafik-Titel «Credit Suisse – Sorgenbarometer» noch einmal. Auch beim Experten wählte die Tagesschau-Redaktion die PR-Lösung mit der Credit Suisse: CS-Mitarbeiter René Buholzer, Leiter Politik und Nachhaltigkeit, kommentierte die Studienergebnisse gleich selbst.

Offenbar hat sich die Wirtschaftsredaktion der Tagesschau mit diesem Werbespot für die gute Zusammenarbeit mit der Credit Suisse bedankt, deren Experten regelmässig in der Tagesschau kommentieren dürfen (siehe Infosperber: «Die Tagesschau wird zur Bankershow»). Angesichts des Entwicklungs-Potenzials der Tageschau seit 2007 ist für das Jahr 2020 keinesfalls auszuschliessen, dass die Wirtschaftsberichte der Tagesschau-Hauptausgabe dannzumal von einem Credit Suisse-Mitarbeiter moderiert und die Beiträge von der CS-Film-Production geliefert werden.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

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SRF Tagesschau in der Kritik

Die Informationssendung mit den meisten Zuschauenden muss sich von kommerziellen Sendern klar abheben.

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2 Meinungen

  • am 7.12.2014 um 13:04 Uhr
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    Naja. Die Studie wird seit Jahren von der Credit Suisse in Auftrag gegeben und bezahlt. Seitens SF ist es doch nur transparent dies auch gross hinzuschreiben. gfs hätte man analog zu 2013 mit aufführen können, aber so wie ich das verstehe führten die ja nur aus. Wie man jetzt daraus eine SF-CS-PR-Verschwörung ableiten kann, mutet für den Normalsterblichen doch leicht bizarr an. So etwas ist man sich normalerweise nur von Webseiten mit riesigen Spendenaufrufen gewöhnt. Oh, right…

  • am 13.12.2014 um 14:29 Uhr
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    Die Frage, inwieweit Unternehmen die Themenagenda der Medien beeinflussen, ist sehr berechtigt und relevant, ja. Auch über die «Zusammenarbeit» von Medien und Unternehmen respektive deren PR-Abteilungen muss auf alle Fälle diskutiert werden. Dass der «Tagesschau"-Beitrag aber hier einfach als Werbespot der Credit Suisse dargestellt wird, schiesst dann aber doch übers Ziel hinaus. Man kann nämlich auch von journalistischer Sorgfalt sprechen: Denn dass der Auftraggeber einer Umfrage genannt wird, ist dringend notwendig, um gegenüber dem Publikum die nötige Transparenz zu schaffen. Dies wird auch so vom Presserat empfohlen (Richtlinie 3.7. Meinungsumfragen: Bei Meinungsumfragen sollten die Medien dem Publikum immer alle Informationen mitliefern, die für das Verständnis der Umfrage nützlich sind: mindestens die Zahl der Befragten, Repräsentativität, mögliche Fehlerquote, Erhebungsgebiet, Zeitraum der Befragung, Auftraggeber. […] ).

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