ARD-Nachrichten im Show-Format
Das Fest mit den bunten Eiern war der perfekte Zeitpunkt: Am Sonntag sah man die «Tagesthemen» des Ersten Deutschen Fernsehens und die «Tagesschau» in neuer Inszenierung. Aus einem neuen High-Tech-Studio. Massiv, knallfarbig, hochtourig in einem imposanten Bühnenbild. Da wird mit den Bildern der Tagesaktualität begeistert gespielt. Unsere Gross-Flachbildschirme dürfen jetzt auch im deutschsprachigen Flaggschiff der ernsthaften TV-Information erstmals so richtig zeigen, was sie können.
«Die Nachricht ist der Star»
Die Verantwortlichen versichern an der Qualität der Produktionen ändere sich nichts: «Die Nachricht ist der Star», heisst die Parole. Da wird man länger hinschauen müssen. Tatsache ist, dass die Regie ihre Haupt-Schau-Spieler viel dominanter und emotionaler in Szene setzt. Die ehemals hinter ihrem Pult als Chef-Journalisten die Produktionen lenkenden und präsentierenden Moderatoren und Moderatorinnen schreiten im Videobühnenbild persönlich an die Frontlinien geopolitischer Hochspannung, Orte des Grauens, in Szenen kultureller Meisterleistungen oder der sportlichen Begeisterung.
Am Ostersonntag blieb die Show-Leuchtkraft des spröden älteren Herrn Thomas Roth noch unfreiwillig wohltuend in Grenzen. Aber schon am zweiten Abend demonstrierte Caren Miosga weiterreichendes Potential der neuen Regie: Mit der Gestik und Mimik einer Academy-Award-Showmasterin stellte man da im gezielt ausgeleuchteten Ganzkörperauftritt eine Frau in Festrobe in der Mitte der aktuellen Welt.
Das neue Konzept birgt auch Gefahren
Das neue Show-Format muss die alte journalistische Qualität der «Tagesthemen» nicht zerstören. Aber das Spektakel verstärkt den ohnehin in sehr vielen Medienbetrieben zeitgeistigen Trend, teure Reportagen durch billigere effektvolle Newsproduktionen zu ersetzen. Längerfristig spurt das neue Regiekonzept auch die Auswahl des prägenden Personals: Schauspielerinnen, Regisseure statt Journalistinnen und Recherchierer. Die Chance ist beträchtlich, dass sich die tägliche Information im Öffentlichen Deutschen Fernsehen mit der neuen Regie der «Tagesthemen» an die Formate der Privatsender annähern könnte. Weil das Qualitätsniveau des gebührenfinanzierten Deutschen Fernsehens für das Informationsprogramm des öffentlichen Fernsehens der Deutschen Schweiz seit je eine Richtschnur legt, sind die Ostereier in den «Tagesthemen» auch ein Schweizer Medienereignis.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Es handelt sich, falls überhaupt, um ein Deutschschweizer Medienereignis. Dass sogar Richard Aschinger Deutschschweiz mit Schweiz gleichsetzt, erstaunt.