Stromkonzern Repower setzte Millionen in den Sand
Der Bündner Stromkonzern Repower verzeichnete wegen Wertberichtigungen in der Höhe von 224 Millionen Franken im Geschäftsjahr 2013 einen Verlust von 152 Millionen Franken. Allein mit seinem Gaskombi-Kraftwerk Teverola in Italien setzte Repower über 50 Millionen Franken in den Sand. Ebensoviel verpulverte Repower für das auf Eis gelegte Pumpspeicherprojekt Lago Bianco. Weil der Kanton Graubünden mit einem Aktienanteil von 58,3 Prozent Repower-Hauptaktionär ist, hatten die Wertberichtigungen auch schmerzhafte Auswirkungen auf die Kantonsrechnung, welche 2013 mit einem Verlust von 34 Millionen Franken abschloss.
Die Repower-Spitze gab heute an einer Medienkonferenz ihre roten Zahlen bekannt. In einem anschliessenden Interview mit Stefanie Hablützel vom Regionaljournal Graubünden versuchte Repower-CEO Kurt Bobst die Verantwortung zu vernebeln, zeigte Widersprüche in Bezug auf Öko-Subventionen und begründete seinen horrenden Lohn mit einer fehlenden lebenslangen Rente (siehe Link unten).
Trotz Millionenverlust: «Entscheidungen waren richtig»
Auf die Frage des Regionaljournals Graubünden, ob sich Repower mit seinen Grossprojekten im Ausland verspekuliert habe, redete Bobst wortreich um den heissen Brei herum: «Wir haben uns nicht verspekuliert. Wir haben aufgrund der Bedingungen, die auf diesem Märkten vorgeherrscht haben, Entscheidungen getroffen.» Diese Marktbedingungen hätten sich in den letzten Jahren so verändert, wie man das «vor einigen Jahren nicht in dieser Klarheit» habe voraussehen können. Im Übrigen habe man immer darauf hingewiesen, dass diese Projekte «mit einem gewissen Risiko verbunden» seien.
Trotz Millionen-Verlusten ist Bobst «der festen Überzeugung», dass die damaligen Entscheidungen «richtig gewesen» seien. Aber er gibt zu: «Heute ist die Beurteilung eine andere». Also doch verspekuliert – aus heutiger Sicht.
Öko-Subventionen kritisieren und davon profitieren
Für Repower-Chef Bobst sind die Öko-Subventionen für die neuen erneuerbaren Energien des Teufels, insbesondere in Deutschland und Italien. Auch die Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) in der Schweiz ist ihm ein Dorn im Auge. Gleichzeitig profitierte aber Repower in Deutschland und Italien von solchen Subventionen für ihre Windkraftwerke.
Angesprochen auf diesen Widerspruch musste Bobst notgedrungen zugeben: «Ja, das ist so». Repower habe «von diesen Fördersystemen im Ausland profitiert». Trotzdem ist Bobst der Ansicht, «dass die Fördermodelle insbesondere in Deutschland nicht richtig sind».
«Keine Rente für den Rest des Lebens»
Die sechs Mitglieder der Repower-Geschäftsleitung kassieren zusammen rund 3,4 Millionen Franken jährlich. Allein CEO Bobst garniert über 700 000 Franken. Auf die Frage des Regionaljournals Graubünden, ob Repower nicht auch Sparpotential bei den Gehältern der Geschäftsleitung sehe beziehungsweise beim Lohn des CEO, der doppelt soviel kassiere wie ein Bundesrat, erklärte Bobst ohne Hemmungen: «Wenn ich freigestellt werde oder das Unternehmen verlasse, bekomme ich nachher keine Rente für den Rest des Lebens». Frei nach dem Motto: Wenn schon keine lebenslange Rente die Kündigung abfedert, muss wenigstens der Lohn entsprechend höher ausfallen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Kurt Marti war früher Beirat (bis Januar 2012), Geschäftsleiter (bis 1996) und Redaktor (bis 2003) der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES)
Immerhin in einem Punkt kann die Einschätzung von Kurt Bobst unumwunden geteilt werden. Wenn er, was meiner Meinung nach schon lange überfällig ist, entlassen wird, wäre es sehr überraschend, wenn er anderswo einen guten Job bekäme. Es muss Kurt Bobst nicht nur Fehlspekulation vorgeworfen werden. Seine Gleichgültigkeit bezüglich der Missetaten seines Italienchefs Fabio Bocchiola sind beispiellos — übertroffen wird sie allenfalls noch durch die Gleichgültigkeit des Repower Verwaltungsrats gegenüber den Verfehlungen der Geschäftsleitung. Aber dann wäre da noch die Gleichgültigkeit der Bündner Regierung gegenüber den Auslassungen des Verwaltungsrats zu nennen.
Repower leidet unter einem Governace-Vakuum. Einschreiten könnte allenfalls die Axpo, die zweite Grossaktionärin der Repower. Aber die Axpo hat andere Probleme und scheut als grösste Konzessionärin der Bündner Wasserkraft die Konfrontation mit der Bündner Regierung wie der Teufel das Weihwasser. Die Folge davon: Die kleine — aber für Graubünden so wichtige — Repower dümpelt praktisch führungslos in der Flaute herum. Und der dringend erforderliche Kurswechsel bleibt weiterhin aus. Ohne massgebliche personelle Veränderungen in Geschäftsleitung und Verwaltungsrat des ehemaligen Bündner Vorzeigeunternehmens werden die bei Repower notwendigen Veränderungen kaum eintreffen.