Wie die Axpo vom verzerrten Strommarkt profitiert
Tiefe Preise auf dem europäischen Strommarkt, verursacht durch subventionierten Kohle-, Solar- und Windstrom, machen konventionelle Kraftwerke unrentabel. Diese Klage wiederholen Stromlobbyisten im Wochenrhythmus. Die Axpo als grösster Schweizer Stromproduzent müsste darum längst Pleite sein. Das ist sie aber nicht. Im Gegenteil: Die Nordostschweizer Kantone, denen die Axpo gehört, können mit einer gleichbleibenden Dividende rechnen, die 74 Millionen Franken in ihre Kassen spülen wird. Und der abtretende Konzernchef Heinz Karrer kassiert erneut ein Jahresgehalt von 900 000 Franken – dreimal mehr als ein Zürcher Regierungsrat, ohne dass jemand murrt.
Um Sonderfaktoren bereinigter Gewinn ist gestiegen
In ihrer gestern veröffentlichten Rechnung über das Geschäftsjahr 2012/13 (per Ende September) weist die Axpo-Holding – bei einem Umsatz von rund sieben Milliarden Franken – einen Unternehmensgewinn von 213 Millionen Franken aus. Das ist zwar weniger als im Vorjahr. Klammert man aber alle Sonderfaktoren aus – darunter eine massive Wertverminderung auf eigenen Kraftwerken –, so steigt der bereinigte Jahresgewinn auf annähernd 600 Millionen Franken (siehe Tabelle). Das ist rund ein Viertel mehr als im Vorjahr – und immerhin noch halb so viel wie im goldenen Jahr 2008, als die europäischen Handelspreise für Strom zwei bis dreimal höher waren als heute.
Damit stellt sich die Frage: Wie kann ein produktionslastiger Stromkonzern wie die Axpo, die in ihren in- und ausländischen Kraftwerken rund einen Drittel mehr Strom erzeugt, als sie im eigenen Versorgungsgebiet absetzen kann, noch Gewinn machen, wenn ihre Marktpreise unter die mittleren Produktionskosten ihrer Kraftwerke fallen? Die Antwort: Sie muss die Verluste aus der Produktion im übrigen Stromgeschäft mehr als kompensieren. Genau das tat die Axpo im abgelaufenen Geschäftsjahr.
Produktion gedrosselt, Handel ausgeweitet
«Wir hatten ein erfolgreiches internationales Energiehandelsgeschäft», begründete Heinz Karrer an der Medienkonferenz in Zürich. Damit profitierte die Axpo als Händlerin vom durch Überkapazitäten und vielerlei Subventionen verfälschten europäischen Strommarkt, dessen Verzerrungen sie in der politischen Debatte kritisiert. Ihr Erfolgsrezept besteht – vereinfacht zusammengefasst – aus folgenden Teilen:
- WENIGER PRODUKTION Die Axpo drosselte ihre Stromproduktion gegenüber dem Vorjahr um rund zehn Prozent auf noch 33,6 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh). Ihre fossile Stromproduktion allein brach von 5,4 auf 2,5 Mrd. kWh ein. Das rührt daher, dass die Axpo ihre Gaskraftwerke in Italien, deren variable Kosten höher sind als die mittleren Marktpreise, nur noch kurzzeitig einsetzt, um die schwankende Produktion von Wind- und Solarkraftwerken auszugleichen. Diese kurzfristig benötigte «Regelenergie» lässt sich vor allem in Italien teuer verkaufen.
- MEHR EINKAUF Die Axpo vergrösserte ihren Handel. Dazu kaufte sie auf dem europäischen Energiemarkt, der durch Überkapazitäten und Subventionen aller Art verzerrt ist, annähernd fünfzig Prozent mehr Strom- und Erdgas ein als im Vorjahr (total 54 Mrd. kWh). Damit profitiert sie sowohl von den tiefen Marktpreisen für «Graustrom» aus subventionierten Atom- und Kohlekraftwerken als auch vom subventionierten Windstrom. Diese billige Energie vermarktet die Axpo mit Gewinn. Das Know how dazu erhielt sie von der erfahrenen Stromhändlerin EG Laufenburg, die der damalige Axpo-Chef Peter Wiederkehr 2002 kaufte, und die Heinz Karrer später voll in die Axpo-Holding integrierte.
- EXTERNES ENERGIEMANAGEMENT Als zusätzliche «Ertragsquelle» hat die Axpo das externe Energiemanagement entdeckt. Beispiel: Sie managt für fremde Investoren den Betrieb von Windparks oder die Vermarktung des unregelmässig anfallenden Stroms aus Windenergie. Oder sie optimiert den Energieeinkauf für energieintensive Industriebetriebe.
Absatzverlust im angestammten Versorgungsgebiet
Auf dem nationalen Strommarkt hingegen hat die Axpo Marktanteil eingebüsst. Die Strommenge, die sie in ihrem in ihren bisherigen Versorgungsgebieten in der Nordost- und Zentralschweiz absetzte, verminderte sich um neun Prozent, weil zum Markt zugelassene Grossverbraucher oder Verteilwerke zu andern Lieferanten wählten. Diesen mengenmässigen Verlust konnte die Axpo durch den Gewinn von Grosskunden in andern Versorgungsgebieten nur zur Hälfte ausgleichen.
Bald neue Leute an der Axpo-Spitze
Ein Wandel findet auch im internen Management statt: Konzernleiter Heinz Karrer, der neue Präsident von Economiesuisse, wird nächstes Jahr ersetzt durch Andrew Walo, bisher Chef der Axpo-Tochter CKW. Für die 2014 abtretenden Ressortleiter Hans Schulz (Handel) und Manfred Thumann (Produktion) werde die Axpo «Nachfolger bald finden», sagte Axpo-Präsident Robert Lombardini vor den Medien in Zürich und fügte an: «Hoffentlich».
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Zum Glück gibt es infosperber bzw. Hanspeter Guggenbühls sachliche Darstellung und Richtigstellung des Axpo-Gejammers. Der Gipfel ist, dass Karrer trotz dem relativ hohen Gewinn auch noch mit Entlassungen droht.
und was ist schlecht daran, dass Axpo Gewinn macht. Sie hat das hysterische Subventions-Desaster nicht zu verantworten. Der Lohn des abtretenden Chefs ist wie heute praktisch alle Managerlöhne eine Zumutung an die Aktionäre und die Gesellschaft. Wie würde Axpo sich in einem von der Politik total verfälschten Markt behaupten unter der Führung von Herrn Guggenbühl?