Bundesgericht desavouiert UBI
Das Urteil des Bundesgerichts hebt den Entscheid der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI zur Arena über die Initiative für das bedingungslose Grundeinkommen auf. Die ursprüngliche Beschwerdeführerin Martha Beéry-Artho, Gründerin der IG Frau und Museum, hat den Entscheid des Bundesgerichts gestern zugestellt erhalten.
Der UBI-Entscheid gegen die Arena
Die UBI war im Mai 2013 zum Schluss gekommen, dass SRF die Konzession verletzt habe, weil die Arena den Standpunkt und die spezielle Betroffenheit von Frauen stiefmütterlich behandelt habe und die Sendung deshalb nicht sachgerecht gewesen sei.
Die ausschliessliche Männerrunde im zentralen «Arena»-Ring habe primär über die finanziellen Folgen eines bedingungslosen Grundeinkommens, über die Vereinbarkeit mit einem liberalen Staatsverständnis sowie über die Auswirkungen auf die Erwerbstätigkeit diskutiert. Diese Optik sei «zu eng» gewesen, hatte die Beschwerdeinstanz UBI beanstandet. «Zentrale Aspekte» seien nicht zur Sprache gekommen: Weder die unbezahlte Arbeit, noch die ehrenamtlichen Tätigkeiten, noch die Unterstützung von betreuungsbedürftigen Menschen habe die Arena thematisiert. Das Argument des Fernsehens, dass diese Aspekte in andern Sendungen zur Sprache kämen, liess die UBI nicht gelten.
Wörtlich hatte die UBI in ihren Erwägungen ausgeführt:
«Angesichts der Bedeutung gerade von unbezahlter Arbeit, namentlich in den privaten Haushalten und der Familie…, stellt dieser Gesichtspunkt im Rahmen des Themas der beanstandeten Sendung keinen Nebenpunkt dar. Es geht dabei auch um einen zentralen Aspekt der Initiative, welcher die ganze Bevölkerung und ganz besonders die in diesem Bereich viel stärker engagierten Frauen betrifft. Dessen weitgehende Auslassung hat die Meinungsbildung des Publikums über die Initiative ‹Für ein bedingungsloses Grundeinkommen› erheblich beeinträchtigt. Die fehlende Transparenz diesbezüglich wirkte sich vor allem auch angesichts des fehlenden Vorwissens des Publikums zur Initiative negativ auf die Meinungsbildung aus.»
Das Bundesgericht teilt diese Sicht nicht. Das Gericht habe zwar am 12. April 2013 das Fernsehen SRF verurteilt, weil die Tagesschau im Fall Erwin Kessler/Botox «wesentliche Aspekte zum Thema unterschlagen» habe. Dieses Erfordernis gelte jedoch nur für Informationssendungen und «nicht ohne weiteres für eine Diskussionssendung wie die ‹Arena’», erklärt jetzt das Bundesgericht.
Die ursprüngliche Beschwerdeführerin Martha Beéry-Artho schliesst daraus, dass die Arena «offensichtlich nicht der Meinungsbildung der Zuschauerinnen und Zuschauer dient».
«Auswirkungen auf unbezahlte Arbeit klar dargelegt»
Doch das Bundesgericht meint, Diskussionssendungen im Stil der Arena wären «überhaupt nicht mehr möglich», falls «alle wesentlichen Aspekte eines Themas» behandelt werden müssten. Die Redaktion könne zwar mit der Wahl des Themas und der Fragestellung den Verlauf der Diskussion beeinflussen, aber in erster Linie seien es «die Diskussionsteilnehmer selber, die in ihren Voten aus ihrer Sicht Schwerpunkte setzen». [Kein Wort davon, dass die Redaktion die Arena-Teilnehmenden und damit die Schwerpunkte auswählt. Red.]
Inhaltlich ist das Bundesgericht der Ansicht, dass «die Auswirkungen der Initiative (zur Einführung eines Grundeinkommens) auf die unbezahlte Arbeit klar dargelegt» wurden, weil zur Sprache kam, dass alle Erwachsenen 2’500 und alle Kinder 625 Franken erhalten sollen. Dass Frauen häufiger als Männer unbezahlte Arbeit verrichten, «gehört zum Allgemeinwissen, das beim Publikum vorausgesetzt werden kann», befindet das Bundesgericht. «Gewiss mag bedauert werden», fährt das Bundesgericht fort, «dass die Hauptbeteiligten der Diskussion ausschliesslich Männer waren und im inneren ‹Arena-Ring› keine Frau stand». Doch «dies allein» reiche «für eine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots» nicht aus.
«Auch Unternehmer und Steuerzahler kamen zu kurz»
Wenn beanstandet werde, es sei zu kurz gekommen, was die Initiative den Alleinerziehenden oder der Armutsbekämpfung bringe, könne man «mit genau gleichem Recht beanstanden», dass in der Sendung «zum Beispiel Auswirkungen auf Betagte, Junge, Migranten, Unternehmen, Steuerzahler, Arbeitnehmer, die öffentliche Hand oder die Volkswirtschaft» nicht diskutiert oder vertieft worden seien.
«Wäre die zu wenig ausführliche Behandlung der frauenspezifischen Aspekte bereits ein Verstoss gegen das Gebot der Sachgerechtigkeit», fährt das Bundesgericht fort, «so wäre dieses ebenso dadurch verletzt, dass die übrigen Themen nicht oder zu wenig ausführlich behandelt worden sind».
Aus diesen Gründen hat die II. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts, die aus vier Männern und einer Frau besteht, die Sendung als sachgerecht im Sinne des Gesetzes beurteilt, die Beschwerde des Fernsehens SRF gutgeheissen und den Entscheid der Unabhängigen Beschwerdeinstanz UBI aufgehoben.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Die Diskussionen über das Grundeinkommen könnte auch Anlass sein, sich einmal ernsthaft damit auseinanderzusetzen, wie es zur Bewertung kam, dass viele Arbeit bezahlt ist und ebensoviel gar nicht.
Vor der Industrialisierung ging ja das alles ineinander über. Es musste einfach alles Notwendige gemacht sein. Eigentlich ist es so, dass sich die Wirtschaft selbst erhöht hat und den verschiedenen Arbeiten einen Wert zugeschrieben hat und der ganze Rest wurde aussen vor gelassen.
Da es die Mächtigen und Reichen waren, die diese Bemessungshierarchie bei der Arbeitsbewertung zementiert hatten, konnte es nicht anders sein, dass das entstanden ist, wie wir es heute haben.