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SRF-Korrespondent Urs Gredig: «Cameron kontert steigende Strompreise» © srf

AKW in England: Tagesschau verpasst das Wichtigste

upg /  Der britische Atomstrom wird massiv subventioniert – 35 Jahre lang. Doch davon bekamen die Zuschauerinnen und Zuschauer nichts mit.

Wegen stark steigender Strompreise stehe die britische Regierung massiv unter Kritik. Diese «kontere» diese Preissteigerungen nun mit dem ersten AKW-Projekt seit Jahrzehnten, führte Moderatorin Cornelia Boesch den Tagesschau-Beitrag ein. Aus London wiederholte SRF-Korrespondent Urs Gredig, Premier Cameron «kontert» mit neuen AKWs, um dem Wahlkampfthema «hohe Strompreise» zu begegnen.
Moderatorin und Korrespondent weckten damit den Eindruck, neue Kernkraftwerke hätten auf künftige Strompreise einen dämpfenden Einfluss.
Umso mehr durften Zuschauerinnen und Zuschauer erwarten, dass die Tagesschau über Kosten und Finanzierung des angekündigten AKW-Doppelblocks an der englischen Südküste informiert.
Der SRF-England-Korrespondent bezifferte die Kosten auf 23 Milliarden Franken. Viel? Wenig? Wirtschaftlich? Konkurrenzfähig? Diese Fragen blieben unbeantwortet. Premierminister David Cameron durfte das Projekt loben und Oppositionsführer Ed Miliband seine Befürchtung ausdrücken, dass die Strompreise mit den neuen AKWs nicht sinken werden. Rede und Gegenrede. Das scheint ausgewogen, nur blieben den Zuschauerinnen und Zuschauern die wichtigen Fakten vorenthalten, um sich eine eigene Meinung bilden zu können.
Wichtige Fakten auf Infosperber
Bereits am 18. Oktober hatte Infosperber darüber berichtet, dass die britische Regierung den Atomstrom der geplanten AKWs pro Einwohner mit viel viel mehr Geld subventioniert als Deutschland oder die Schweiz die Solar- und Windenergie:
Die britische Regierung gewährt den beiden neuen Kernkraftwerken einen indexierten Abnahmepreis von umgerechnet 13,5 Rappen pro Kilowattstunde – und das während der kommenden 35 Jahre.

Zum Vergleich: Die Schweizer AKWs verkaufen eine Kilowattstunde heute für rund 5 Rappen. Bestehende Kernkraftwerke in Grossbritannien produzieren gegenwärtig für 7 Rappen. Die enorm hohen Kosten für das sozialisierte Haftpflichtrisiko und für die Lagerung der hochradioaktiven Abfälle sind in den Strompreisen nicht dabei. Das soll in Grossbritannien wie in andern Ländern auch in Zukunft so bleiben.
Ausser der Preisgarantie während 35 Jahren übernimmt der Staat zudem noch die Bürgschaft für Milliardenkredite der französischen und chinesischen Geldgeber an die Baukosten, damit die KKW-Unternehmen nur tiefe, im Klartext subventionierte Zinsen zu zahlen haben. Der nächste britische AKW-Doppelblock soll im Jahr 2020 in Betrieb gehen.
NZZ: «Dauerhafte Subventionen»
Am 24. Oktober stellte der Londoner Korrespondent der NZZ fest, dass der garantierte Abnahmepreis «gerade etwa doppelt so hoch wie der gegenwärtige Marktpreis» sei. Peter Rásonyi kritisierte das britische Finanzierungsmodell, weil es die britische Bevölkerung «während 35 Jahren ab Inbetriebnahme etliche Milliarden an Subventionen kostet». Der Regierung sei dies egal, da diese Subventionen bis zum Ende der Legislaturperiode die Haushaltsrechnung nicht beeinflusse: «Es ist wie das Bezahlen mit der Kreditkarte, das heute scheinbar nichts, in Zukunft aber mehr kostet.»
Die Regierung übertrage grosse Infrastrukturkosten vorzugsweise an private Unternehmen, damit die Baukosten in der öffentlichen Rechnung gar nicht entstehen. «Die saftige Quittung in Form von vertraglich festgeschriebener – und deutlich höherer – Nutzungsgebühren für die Infrastruktur werde den Nutzern dann einfach zwei bis drei Jahrzehnte lang aufgebürdet. «Zu verlockend» sei der Vorteil, Investitionen am Budget scheinbar ‹kostenlos› beschliessen zu können. Es fehle nicht an einflussreichen Unternehmen, die «von diesen lukrativen Aufträgen profitieren».
Zum Schluss kann man eine Frage stellen: Neue Atomkraftwerke – ein Konter gegen steigende Strompreise?
Und man kann eine Schlussfolgerung ziehen: Wenn Solarstrom mit KEV-Abgaben subventioniert wird, ist Sinn und Unsinn und Höhe dieser Subventionen auch für die Tagesschau ein Thema. Wenn aber Atomstrom noch viel stärker subventioniert wird, werden Zuschauerinnen und Zuschauer mit keinem Wort darüber informiert.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

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