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Ärzte verdienen unter austauschbaren an den teuren Medikamenten mehr © gesundheit.gv.at

Bundesrat Berset belohnt Verkauf von teuren Medis

upg /  Der Preisüberwacher rügt die Margenpolitik des Bundesrats schon lange. Doch dieser wagt sich nicht an eine rasche Korrektur heran.

Ist das Patent auf einem Medikament nach vielen Jahren abgelaufen, dürfen Konkurrenten dieses Medikament als Nachahmerprodukt oder Generikum günstiger auf den Markt bringen. Doch dieser Markt spielt insbesondere in der Schweiz nicht. Das zeigt der jüngste Preis- und Mengenvergleich des Preisüberwachers: Schweizer zahlen überrissene Preise und brauchen viel weniger Generika als Holländer, Dänen oder Österreicher.

An teuren Medikamenten verdienen Apotheken und Ärzte mehr

Aufrufe zum Verschreiben von günstigen Nachahmer-Medikamenten (Generika) entpuppen sich als scheinheilig, wie der Preisüberwacher einmal mehr aufgedeckt hat. Denn die Apotheken und die selbst verkaufenden Ärzte verdienen mehr, wenn sie unter gleichen Medikamenten die teuersten verschreiben oder verkaufen.
Beispiel des Cholesterinsenkers Sortis (Original), das die Kassen 166 CHF kostet, im Vergleich mit dem Nachahmerprodukt Atorvastatin Actavis, das die Kassen nur 69 CHF kostet:

Marge Arzt/Apotheker Sortis:__35.72 CHF
Marge Atorvastatin Actavis:___23.17 CHF

Apotheker und Ärzte verdienen also am teuren Sortis satte 54 Prozent mehr. Wer will es ihnen verübeln, dass viele lieber Sortis verschreiben?

Bisherige Mini-Massnahmen genügen nicht

Früher hatten Ärzte und Apotheken ein noch grösseres Interesse, unter austauschbaren Arzneimitteln die teuersten auf den Rezeptblock zu schreiben oder abzugeben:

  • Heute haben die Apotheker wenigstens das Recht, statt eines Originalpräparats ein Nachahmerprodukt abzugeben, falls der Arzt dies nicht ausdrücklich ausschliesst. Finanziell werden sie aber dafür bestraft (siehe oben).
  • Als Belohnung für das Abgeben eines Generikums können die Apotheker heute von den Kassen eine Belohnung von maximal 21 CHF verlangen. Doch diese einmalige Pauschale lohnt sich höchstens in Fällen, wenn ein Kunde das Generikum nur ein einziges Mal bezieht. Zudem hat ein Apotheken-Test ergeben, dass Apotheken unter verschiedenen Generika mehrheitlich das jeweils teuerste abgeben.
  • Wenn der Preisunterschied zwischen einem teuren Originalmedikament zum Generikum zu gross ist, belegt das Bundesamt für Gesundheit das Original mit einem erhöhten Selbstbehalt von 20 statt nur 10 Prozent. Doch erstens bekommen dies nur Patienten zu spüren, welche ihre Franchise noch nicht aufgebraucht haben, und zweitens hält dies viele Ärzte und Apotheken offensichtlich nicht davon ab, trotzdem das Original zu verschreiben. Ob sie die Patienten über den erhöhten Selbstbehalt stets aufklären, ist fraglich. Jedenfalls haben die Krankenkassen dieses Jahr von Januar bis Ende August fast 14 Millionen Franken für Sortis ausgegeben, wie man aus Zahlen von IMS-Health berechnen kann. Unter den Medikamenten mit dem identischen Wirkstoff hält das teure Sortis immer noch einen Umsatzanteil von 35 Prozent, das günstigste Generikum Atorvastatin Actavis liegt bei unter 4 Prozent.

Hätten Ärzte und Apotheker statt Sortis Atorvastatin Actavis mit dem gleichen Wirkstoff abgegeben, hätten die Prämienzahler mit diesem einzigen Medikament seit Anfang Jahr über acht Millionen Franken sparen können.
«Besonders problematisch» sei die «heute hohe Marge am Verkauf von Originalpräparaten» bei Spitälern und Ärzten, die Medikamente selber verkaufen, erklärte Preisüberwacher Stefan Meierhans am Dienstg. Denn diese «Abgabestellen stehen oft am Anfang einer Therapie».
Es bräuchte nur eine Änderung von Verordnungen
Die Margen sind in Verordnungen festgelegt, welche der Bundesrat auf Vorschlag von Gesundheitsminister Alain Berset ohne Rücksprache mit dem Parlament ändern kann.
Er wäre sogar längst dazu verpflichtet. Denn das Bundesgericht hat die Bedingung der Wirtschaftlichkeit für kassenpflichtige Medikamente schon mehrmals wie folgt festgeschrieben: «Bei vergleichbarem medizinischem Nutzen ist die kostengünstigste Variante bzw. diejenige mit dem besten Kosten-/Nutzen-Verhältnis zu wählen.»*
Schnell umsetzbarer Vorschlag
Der Preisüberwacher hat diese Woche verschiedene Varianten eines Festpreis-Systems vorgeschlagen wie es in diversen Ländern praktiziert wird: Für Gruppen von Medikamenten mit gleichen Wirkstoffen oder Gruppen von Medikamenten mit vergleichbarem therapeutischem Nutzen zahlen die Kassen den gleichen (Fest-)Betrag – ausser ein Arzt verschreibe aus medizinischen Gründen ein teureres Medikament. Ein solches System wird auch von Konsumenten- und Patientenorganisationen unterstützt. Allerdings wird etliche Zeit verstreichen, bis ein Anfang in diese Richtung realisiert ist.
Für eine rasche Beseitigung der finanziellen Anreize zugunsten teurer Medikamente hat eine Generika-Firma Bundesrat Alain Berset eine einfache Zwischenlösung vorgeschlagen: Die Farbrikpreise für die Pharmafirmen bleiben unverändert. Die Publikumspreise für die Kassen werden jedoch so angepasst, dass die Margen von Original- und den verschiedenen Nachahmerprodukten in absoluten Franken identisch sind.
Gleiches Beispiel des Cholesterinsenkers Sortis (Original), das die Kassen dann 156 CHF kostet würde, mit dem Nachahmerprodukt Atorvastatin Actavis, das die Kassen dann 72 CHF CHF kosten würde:

Marge Arzt/Apotheker Sortis:__26.00 CHF
Marge Atorvastatin Actavis:___26.00 CHF

Apotheker und Ärzte verdienen also am Original und am günstigen Generikum gleich viel. Die fixe Marge würde so hoch festgesetzt, dass Apotheken und Ärzte keine Einbussen erleiden. Die Kassen müssten für Atorvastatin zwar statt heute 69 CHF mit 72 CHF etwas mehr zahlen. Sobald aber das günstige Atorvastatin häufiger verschrieben wird, profitieren die Kassen und Prämienzahlenden – auf Kosten von Pharmafirmen mit den teuersten Produkten.
Auf diesen Vorschlag hat Bundesrat Berset nicht reagiert. Gegenüber Infosperber liess er ausrichten, er sei sich «bewusst, dass das aktuelle System zu unerwünschten Anreizen führen kann». Mit der «Agenda 2020» plane das Bundesamt für Gesundheit «demnächst eine Studie zu den Kosten des Vertriebs durchführen zu lassen».
Mit andern Worten: Die Anreize, unter austauschbaren Medikamenten die teureren zu verschreiben und zu verkaufen, bleiben in absehbare Zeit bestehen.


*BGE 9C 334/2010; BGE 130 V 532 E. 2.2 S. 535 f.; 127 V 43 E. 2b S. 46 f.; 124 V 196 E. 3 S. 200 f.; 121 V 216 E. 2a/bb S. 220 f.).

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Der Autor vertritt Patienten und Prämienzahlende in der Eidgenössischen Arzneimittelkommission EAK.

Zum Infosperber-Dossier:

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Eine Meinung zu

  • am 29.08.2013 um 10:11 Uhr
    Permalink

    Womit einmal mehr bewiesen ist, dass es bei uns – und weltweit – keine Gesundheitpolitik gibt, sondern ein Krankheits-Milliardengeschäft.
    Das haben auch die weltweit reichsten Familiendynastien erkannt, die ihr Geschäft mit Stahl und Erdöl mehr in Öl-Chemie-Pharma (und Finanzen) verlagerten. Mit ihren Stiftungen beherrschen oder beeinflussen sie Forschung, Lehre (Universitäten), Gesundheitsbehörden und Gesetzgebung weltweit.

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