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Die touristenfreundliche Oyster Card in London © zvg

FDP-Politiker: «Ticket-System muss einfach werden»

upg /  Was Matthias Michel kritisiert, wäre leicht zu beheben: London mit der Oyster-Card und ganz Holland machen es vor.

Komplizierte Billettautomaten schrecken vom Bahn- und Busfahren ab, sagt der Präsident der kantonalen Verkehrsdirektoren und Zuger Regierungsrat Matthias Michel in der heutigen NZZ am Sonntag. «Die Hürden sind vor allem für Gelegenheitsfahrer viel zu hoch», beanstandet er. Dazu zählen auch die Touristen. Als Beispiel nennt Michel die «überall verschiedenen Nachtzuschläge». Sogar das Bundesamt für Verkehr sei zum Schluss gekommen, dass die Information der Passagiere ungenügend sei.
Der FDP-Politiker äussert sich nicht dazu, warum sich die kantonalen Verkehrsdirektoren nicht wenigstens auf gleiche Tarifsysteme und Automaten ihrer eigenen kantonalen Tram- und Busnetze einigen können.
Gesamtschweizerisch müssten die SBB die Federführung für eine einfache Nutzung aller Verkehrsbetriebe übernehmen und nicht eigene, sondern die Interessen der vielen Touristen und Gelegenheitsfahrenden in den Vordergrund stellen. Technisch steht einem einfachen System nichts im Weg, wie die Beispiele in London, Holland und an andern Orten zeigen.

Wiederaufladbare Chipkarte in London
Touristen, die nach London reisen, kennen und schätzen sie: Die «Oyster Card», mit der man alle Verkehrsmittel im Grossraum London benutzen kann, ohne an Automaten anzustehen und ohne sich um die Tarife kümmern zu müssen.

Die «Oyster Card» ist eine wiederaufladbare Smartcard im Kreditkartenformat, mit der man alle öffentlichen Londoner Verkehrsmittel uneingeschränkt nutzen kann, auch die Boote auf der Themse.
Bei Barzahlung kostet eine Fahrt im Zentrum Londons umgerechnet 6.60 CHF, mit der «Oyster Card» nur 3.10 CHF. Zudem gibt es eine oberste Preisgrenze: Egal, wie viel man im Zentrum Londons herumfährt, pro Tag kostet es maximal 12.30 CHF. Die Touristen schätzen das.
Chipkarte für ganz Holland
In den Niederlanden können die Holländer (und auch die Touristen!) an Bahnhöfen oder in Flughäfen eine übertragbare Chipkarte kaufen und mit dieser einzigen Chipkarte sämtliche Trams und Busse des ganzen Landes benutzen. (Infosperber hatte darüber berichtet). An jeder Tram- oder Bustüre ist ein Lesegerät montiert, das wir Schweizer von den Skilifts kennen. Dieses zeichnet auf der Chipkarte beim Ein- und Aussteigen die Fahrstrecke auf und bucht den entsprechenden Preis ab. Beim Aussteigen kann man auf dem Lesegerät sehen, wie viel Geld die Chipkarte noch geladen hat. Ladegeräte sind bei den Stationen reichlich vorhanden – leider noch nicht mit Kreditkarten zu bedienen.
Im ganzen Land läuft es gleich ab. Das System hat erst noch den Vorteil, dass die öffentlichen Verkehrsbetriebe die Streckenpreise den Tageszeiten und Wochentagen anpassen können (Siehe «Eine Chipkarte für alle Trams und Busse des Landes»)
«GA» auch für Leute, die selten fahren

Einheimische in Holland können eine personalisierte Chipkarte kaufen, die nicht nur in Trams und Bussen gültig ist, sondern ebenfalls in sämtlichen Zügen des Landes. Personalisiert sind diese Generalabonnemente deshalb, weil sie für Jugendliche, Senioren und andere Gruppen unterschiedlich viel kosten. Die Chip-GAs haben für die Inhaberinnen und Inhaber den Vorteil, dass sie keinen fixen Preis haben, sondern ebenfalls die effektiv gefahrenen Strecken die Kosten bestimmen. Ein Vielfahrer zahlt mehr. Dafür lohnt sich ein praktisches Chip-GA, das den Kauf von Einzelbilletten ersetzt, auch für Leute, welche die öffentlichen Verkehrsmittel nur wenig benutzen.
Schweiz: touristen- und benutzerfreundliches System schubladisiert
«Ab Ende 2014», im Klartext also «ab 2015», führen die öffentlichen Verkehrsbetriebe zwar endlich eine Chipkarte ein. Der Vorteil für die Besitzerinnen und Besitzer eines Halbtags- oder Generalabonnements sind jedoch klein. Ueli Stückelberger, Direktor des Verbands öffentlicher Verkehr VöV stellt für «später» in Aussicht, dass die Karte für möglichst viele Verkehrsbetriebe gültig sein werde und die Angebote sollen «schrittweise» ausgebaut werden.

Überhaupt nicht vorgesehen ist allerdings die Nutzung als E-Ticket, das die Fahrstrecken der Reisenden beim Ein- und Aussteigen registriert. Jeannine Pilloud, Leiterin Personenverkehr bei den SBB, hatte zwar eingeräumt, dass die Technologie bereit wäre, aber Verkehrsministerin Doris Leuthard wolle das E-Ticket im öffentlichen Verkehr erst einführen, wenn ein solches «Mobility Pricing» auch für den Strassenverkehr eingeführt werde. Dies sei «nicht vor 2024» der Fall, erklärte Pilloud, im Klartext wird ein E-Ticket für den öffentlichen Verkehr schubladisiert.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

Oyster_Card

Wann E-Tickets im Touristenland CH?

Ein einziges elektronisches Billet für den ganzen öffentlichen Verkehr der Schweiz. Vorteile und Einwände.

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Eine Meinung zu

  • am 28.05.2013 um 08:49 Uhr
    Permalink

    Da kommt uns eben der Föderalismus in die Quere, der soweit geht, dass die Eigeninteressen bestimmter ÖV-Anbieter über die Interessen der Kunden gestellt werden. Eine Unart, die heute immer mehr zunimmt: der Kunde ist alles andere als der König, er hat zu nehmen/kaufen, was man ihm vorgibt und wird zum A… der Nation degradiert. Wenn dann sogar noch der Bundesrat dreinredet – ja dann kommts wirklich gut!

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