Alpiq-Bosse kassierten trotz Fiasko kräftig ab
Der Alpiq-Konzern – der mehrheitlich der öffentlichen Hand gehört – hat sich seit Beginn des Jahrtausends mit Investitionen in Gaskraftwerke im Ausland massiv verspekuliert. Deshalb musste der Stromkonzern in den zwei letzten Jahren insgesamt drei Milliarden Franken abschreiben, was zu Jahresverlusten von 1,3 Milliarden (2011) und 1,1 Milliarden (2012) führte. Trotz dieses Gesamtverlustes von 2,4 Milliarden kassierten die Verantwortlichen des Alpiq-Debakels kräftig ab.
Giovanni Leonardi kassierte zwei Millionen zum Abschied
Giovanni Leonardi übernahm im Jahr 2004 die operative Führung der Alpiq und gehört folglich zu den Hauptverantwortlichen der Fehlinvestitionen in die zahlreichen Gaskraftwerke in ganz Europa. Ende September 2011 warf er überraschend das Handtuch, als die finanzielle Krise offensichtlich wurde. Während die Alpiq innert zwei Jahren einen Gesamtverlust von 2,4 Milliarden einfuhr, liess sich Leonardi seinen Abgang fürstlich entschädigen: Für neun Monate Arbeitsleistung kassierte er 1,95 Millionen Franken (inklusive berufliche Vorsorge). Dabei wurden Leistungen bis zum Vertragsende am 31. Dezember 2012 berücksichtigt. So steht es im Alpiq-Geschäftsbericht 2012, der gestern online ging und der anlässlich der Generalversammlung vom 25. April vorgestellt wird. Nach seinem überstürzten Abgang lief Leonardi überraschend zum Gegner über und liess sich in den Vorstand von Pro Natura Aargau wählen.
Nicht nur Leonardi darf sich trotz Milliardenverlusten der Alpiq über ein grosszügiges Abschiedsgeschenk freuen. Auch der langjährige Alpiq-Finanzchef Kurt Baumgartner kassierte im Jahr 2012 für neun Monate Arbeit insgesamt 832 000 Franken.
Hans E. Schweickardt legte im Krisenjahr massiv zu
VR-Präsident der Alpiq ist seit 2009 Hans E. Schweickardt, der bereits seit 2006 im Verwaltungsrat sitzt. Auch er gehört zu den Hauptverantwortlichen des ruinösen Expansionskurses der Alpiq. In seinem Salär schlägt sich das allerdings gar nicht nieder. Im Geschäftsjahr 2010 erhielt er noch eine Gesamtvergütung von 506 000 Franken (inklusive AHV/IV und berufliche Vorsorge). Im ersten Krisenjahr 2011 schnellte sein Salär auf rund 1,06 Millionen hoch. Nach dem rapiden Abgang von Leonardi war Schweickardt von Oktober bis Dezember 2011 gleichzeitig VR-Präsident und CEO, was jedoch die Salärsteigerung von 110 Prozent nur teilweise zu erklären vermag. Im Geschäftsjahr 2012 legte er noch leicht zu und kassierte insgesamt 1,09 Millionen Franken. Während des ganzen Jahres 2012 war Schweickardt in der Doppelfunktion von VR-Präsident und CEO tätig. Fürstlich waren auch seine Spesen: 47 500 Franken (2011) und 59 500 Franken (2012).
Auch Christian Wanner konnte sich beträchtlich steigern
Vize-Präsident der Alpiq ist der Solothurner FDP-Finanzdirektor Christian Wanner, der gleichzeitig Präsident der Finanzdirektorenkonferenz ist. Er ist bereits seit 1996 im Verwaltungsrat der Alpiq (früher Atel) und gehört damit ebenfalls zu den Hauptverantwortlichen des Ausland-Debakels der Alpiq. Im Geschäftsjahr 2010 betrug seine Gesamtvergütung noch 225 000 Franken (inklusive AHV/IV und berufliche Vorsorge), um im Krisenjahr 2011 auf 304 000 Franken hochzuschnellen (+35%). Im 2012 ging sein Alpiq-Salär auf 265 000 Franken zurück (+ 16% im Vergleich zu 2010).
Damit war Wanners Alpiq-Vergütung im Jahr 2012 etwa gleich hoch wie sein jährliches Gehalt als Solothurner Regierungsrat. Weil das Amt des Regierungsrates ein Vollamt ist, muss Wanner sein gesamtes VR-Honorar in die Kantonskasse abliefern. Auch die Gewinnsteuern der Alpiq fliessen in die Solothurner Kasse, weil die Alpiq ihren Sitz in Olten hat. Die üppigen Steuern stimulierten logischerweise den Appetit auf noch mehr Steuereinnahmen aus dem Stromgeschäft. Die simple Gleichung lautete: Mehr Kraftwerke im Ausland gleich mehr Gewinnsteuern. Damit lässt sich auch erklären, wieso es kantonal und eidgenössisch so wenig politischen Widerstand gegen diesen halsbrecherischen Export von Strom-Milliarden gab.
Alpiq-Verwaltungsrat ist dreimal teurer als Axpo-Verwaltungsrat
Die Gesamtvergütung des Alpiq-Verwaltungsrats stieg von 2,9 Millionen (2010) auf 3,7 Millionen (2012) an. Das ist dreimal mehr als der Axpo-Verwaltungsrat, der im Jahr 2011/12 eine Gesamtvergütung von rund 1,2 Millionen erhielt. Die Gesamtvergütung der Alpiq-Geschäftsleitung hingegen sank von 11 Millionen (2010) auf 8 Millionen (2011) und 3,4 Millionen (2012), was zum Teil auf die Vakanz des CEO-Postens zurückzuführen ist.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Kurt Marti war früher Beirat (bis Januar 2012), Geschäftsleiter (bis 1996) und Redaktor (bis 2003) der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES)
Der Artikel von Kurt Marti macht bezüglich Christian Wanner einne unsorgfältigen und irreführenden Eindruck. Wanner wird dargestellt als einer, der kräftig abkassiert, mit Bild und im Text, und auf der gleichen Ebene wir die anderen zwei. Und dann, klamm-bescheiden, wird unten im Text erwähnt, dass Wanner das ganze Honorar der Staatskasse abliefern muss. Das ist mehr als unfair und des Infosperbers nicht würdig!
wow, René Rhinow meldet sich zu Wort, das hat Gewicht! Ob Infosperber seine eigenen hohen Masstäbe immer einhalten kann? Aber bitte nicht den Masstab anpassen! –
Wie auch immer, wenn die Verwaltungsräte im Auftrag und im Interesse von Land und Leuten handeln, planen und managen tragen sie auch entsprechende Verantwortung (wie immer ohne Konsequenzen..)
Hier geht es «nur» um Fehlinvestitionen und wirtschaftliche Misserfolge. Gewisse Volksvertreter und Verwaltungsräte wie Regierungsräte riskieren viel, im schlimmsten Falle auch unsre Lebensgrundlagen. Hier ist die ganz grosse Fehlleistung! Ob nun ein VR sein Honorar behalten darf oder abliefern muss, sind gegenüber diesen existenziellen Fragen, zwar nicht zu rechtfertigen, aber doch nebensächlich.
Im Stillegungsfond fehlen 11,5 Milliarden CHF… wer trägt die Verantwortung und wer ist legitimiert, tolle Saläre und Boni zu beschliessen? Es ist nicht nur ein gewöhnlicher Beschiss, es ist ein Verbrechen an der Menschheit!