China_Jahr_Schlange

Bahnhof Peking: Chinesen stehen Schlange für das Neujahr im Zeichen der Schlange © euronews/youtube

Chinesisches Neujahr im Zeichen der Schlange

Peter G. Achten /  Das neue Jahr 2013 beginnt in China am 10. Februar und steht im Zeichen der Schlange, welche den Menschen einiges verspricht.

Das abgelaufene Drachenjahr hatte es in sich. Kein Wunder, dass mit der reibungslosen Machtübergabe in China auf höchster Ebene am Parteitag im November der Drache als Symbol der Kaiser und der Macht seinem Namen alle Ehre machte. Selten sind in den letzten Jahren auch so viele Kinder geboren worden wie eben unter dem vielversprechenden Schutz des Drachens. Betrachtet man das Tierkreiszeichen der Schlange mit chinesischen Augen etwas näher, sollte auch 2013 ein guter Jahrgang werden. Vor allem für das Volk, aber auch für die allmächtigen Kommunistischen Parteien in China und Vietnam.

Die Schlange liebt Gerechtigkeit

Die Schlange als sechstes von zwölf Tierkreiszeichen verspricht einiges. Im Unterschied zum extrovertierten Drachen gilt die Schlange als diskret, lichtscheu und als Einzelgänger. Ebenso werden ihr Klugheit, Ausgeglichenheit, Kreativität und logisches Denken zugeschrieben. Doch das schöne Reptil kann sich durchaus auch listig und undurchsichtig geben.

Für das Volk besonders interessant ist die Tatsache, dass die Schlange Gerechtigkeit und Tradition liebt und die Bauern verteidigt. Im heutigen Kontext ist das sowohl in China als auch in Vietnam von besonderer Bedeutung, weil die Mächtigen sich für mehr Gerechtigkeit zum Beispiel bei umstrittenen Landfragen und der anstehenden Landreform für die ländliche Bevölkerung einsetzen. Schliesslich umhaucht die Schlange auch eine anarchistische, aufmüpfige Aura. Das wiederum – so chinesische Kommentatoren – sollte am Ende dem Volk zugute kommen.

Weniger Saufgelage für Parteikader

Aber auch die allmächtige Kommunistische Partei kann vom Schlangenjahr profitieren und ihren väterlichen konfuzianischen Pflichten nachkommen. Wohl nicht zufällig versprechen denn die Regierenden den Massen das Blaue vom luftverschmutzten Himmel. Die Beamten-Renten in China wurden bereits erhöht, ebenso wurde der städtische Mindestlohn leicht angehoben. Die Luftqualität soll durch allerlei nicht genau definierte Massnahmen «bald» verbessert werden. Die Parteikader sollen sich nach dem Wunsch des neuen chinesischen Parteichefs Xi Jinping und zur Genugtuung und Schadenfreude des Volkes weniger bei Banketten und Saufgelagen vergnügen. Anstatt leere Worte zu dreschen sollen die Beamten hart arbeiten.

Die Konsumenten wiederum sollen fortan besser geschützt, und beim Kampf gegen die Korruption soll künftig Null-Toleranz durchgesetzt werden. Schliesslich soll im Schlangenjahr und danach auch das Verkehrschaos in den Städten nicht nur bekämpft, sondern ein für allemal besiegt werden. Wie das im Detail bewerkstelligt werden soll, bleibt unklar. Natürlich wird dem öffentlichen Verkehr – vor allem U-Bahnen – bereits seit einiger Zeit hohe Priorität eingeräumt. Doch die Auto-Blechlawine ist kaum aufzuhalten; vor zehn Jahren rollten in den Städten erst knapp neun Millionen Autos, während es heute bereits 62 Millionen sind und fürs Jahr 2020 – dem Jahr der Ratten, dem ersten der zwölf Tierkreiszeichen – sage und schreibe 200 Millionen prognostiziert werden.

Hochgeschwindigkeitszüge sind zu teuer

Unterdessen haben Chinesinnen und Chinesen, Vietnamesinnen und Vietnamesen für das Schlangenjahr 2013 alles fein säuberlich – wie es die Tradition gebietet – in die Wege geleitet. Die Schulden sind bezahlt, die Opfer für den Küchengott – vor allem Hochprozentiges, um den Jade-Kaiser beim Rapport des Küchengotts im Himmel zu besänftigen – dargebracht, die Tochter oder der Sohn verheiratet, die Arbeitsstelle gesichert. Während des Frühlingsfestes stehen zwei bis drei Wochen die Räder still. Es ist das grosse Familienfest. Hunderte von Millionen von Reisenden sind unterwegs, vor allem mit dem Bus. Mit weit über 200 Millionen Passagieren sind auch die Eisenbahnen gefordert.

Vor einem Jahr konnten erstmals Tickets per Internet gebucht werden. Es kam zum totalen digitalen Crash. In diesem Jahr ist das System zwar nicht mehr zusammengebrochen, doch von hackenden Schwarzkarten-Verkäufern störend infisziert worden. Die im Ausland hochgejubelten chinesischen Hochgeschwindigkeitszüge sind zwar auch gut besetzt, doch fürs einfache Volk, also die Massen in der «sozialistischen Marktwirtschaft chinesischer Prägung», unerschwinglich. Eine Minderheit schliesslich fliegt, aber das sind auch noch über 35 Millionen Reisende.

Für Finanzielles äusserst vielversprechend

Wie die zwölf Tierkreiszeichen entstanden sind, weiss in China und Vietnam jedes Kind. Nach der Legende lud eines Tages der Jade-Kaiser Yu Di dreizehn Tiere zum Fest. Die Maus (Ratte) spielte dabei eine besonders fiese Rolle. Der ebenfalls eingeladenen Katze erzählte sie, dass das Fest um einen Tag verschoben worden sei. So tauchten denn nur zwölf Tiere am Fest auf. Es waren das, der Reihe nach, die Ratte (Maus), der Büffel (Rind), der Tiger, der Hase, der Drache, die Schlange, das Pferd, das Schaf (die Ziege), der Affe, der Hahn, der Hund und das Schwein. Der Jade-Kaiser schenkte jedem Tier ein Jahr. Allein die Katze, die schlief und vom Fest träumte, ging leer aus.

Glücklich jedenfalls jene, die im Jahr der Schlange geboren worden sind. Sie nämlich gelten als weise und voller Tiefsinn. Probleme lösen die Schlangen-Geborenen nicht mit dem Bauch oder Herzen, sondern mit Logik und Verstand. Vielleicht ist das der Grund, warum das Schlangenjahr 2013 auch für Finanzielles als äusserst vielversprechend gilt. Aber Achtung Abzocker! Für Spekulationen und Glücksspiele gilt das nach der chinesischen Astrologie mitnichten.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

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