Moskau schickt Assad tonnenweise Banknoten
Der syrische Präsident Bashar al-Assad hat Liquiditäts-Probleme. Sie werden umso grösser, je länger der Bürgerkrieg im Land andauert. Die Sanktionen der USA und der EU gegen das Regime verbieten es nämlich auch, syrische Münzen und Banken ins Land zu bringen. Syrien verlor dadurch seinen österreichischen Banknoten-Produzenten, einen Ableger der Zentralbank. Weil in Krisen- und Kriegszeiten Bargeld ausgesprochen wichtig wird, geriet die syrische Binnen-Wirtschaft in Bedrängnis. Jetzt springt Assads Verbündeter Russland in die Lücke und unterläuft damit die Sanktionen.
Zugang zu Überflugsdokumenten
Die bisher unbekannte Geschäftsbeziehung zwischen Moskau und Damaskus enthüllt das investigative US-Onlineportal ProPublica. Es hatte Zugang zu Überflugs-Dokumenten, die in English und Farsi verfasst sind. Danach fanden zwischen Moskau und Damaskus bisher acht Flüge statt. Jeder davon hatte eine Lieferung von 30 Tonnen Banknoten an Bord.
Weder die russischen noch die syrischen Behörden nahmen auf Anfragen von ProPublica zu diesen Transporten Stellung. Das Portal erklärt, es sei nicht möglich festzustellen, ob die Eintragungen die Ladung exakt beschrieben sei oder ob sich noch andere Waren an Bord der Maschinen befunden hätten. Auch um welche Währung es sich bei den Banknoten gehandelt habe, sei nicht bekannt, so ProPublica.
Bestätigt ist hingegen die Flugroute, es gibt fotografische Dokumente und den Funkverkehr über die Flugsicherungstellen. Die Flüge haben also stattgefunden.
Keine Direktflüge über die Türkei
Jedes Mal, wenn eine Ladung «Banknoten» als Fracht angegeben war, flog die Maschine nicht direkt durch den türkischen Luftraum; offenbar um von der Türkei erzwungene Landungen zu vermeiden. Die Illjushin-76 der syrischen Luftwaffe nahm stattdessen den Weg über Iraq, Iran und Aserbaidschan nach Damaskus. Laut den Dokumenten sind zwischen dem 9. Juli und dem 15. September 240 Tonnen Banknoten nach Damaskus geflogen worden.
Im Juni hatte ein Reuters-Korrespondent einen syrischen Offiziellen zitiert, der bestätigt habe, dass Russland neue syrische Banknoten drucke und ein erste Schiffsladung angekommen sei. Der Bericht wurde von der syrischen Zentralbank dementiert. Sie erklärte, es habe sich nicht um Neugeld, sondern lediglich um Ersatz für beschädigte und zerrissene Noten gehandelt.
Devisenreserven nehmen rapide ab
Ibrahim Saif, ein jordanischer Polit-Ökonom und Forscher am Carnegie Middle East Center, sagte gegenüber ProPublica, 30 Tonnen Banknoten alle zwei Wochen sei für Syrien ein signifikanter Betrag: «Ich denke wirklich, dass sie nicht nur alte durch neue Banknoten ersetzen. Sie drucken Geld, weil sie neues brauchen.»
Die Einnahmequellen des Staates seien praktisch versiegt, gleichzeitig zahle das Regime weiterhin Löhne und zeige bei der Erfüllung seiner übrigen Verpflichtungen im Inland keine Schwächezeichen: «Der einzige Weg, um das tun zu können, besteht darin, neues Geld verfügbar zu haben.»
Vor dem Ausbruch des Aufstandes im März 2011 hatte Syrien Devisenreserven im Umfang von 17 Milliarden US-Dollar. Saif und andere Ökonomen aus der Region schätzen, dass das Land jetzt noch über eine Reserve von 6 bis 8 Milliarden Dollar verfügt, die jeden Monat um 500 Millionen Dollar schrumpft.
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Aus dem Englischen übersetzter und gekürzter Text. Original: Flight Records Say Russia Sent Syria Tons of Cash
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine. Das gemeinnützige Online-Portal www.propublica.org wurde 2010 und 2011 in den USA mit dem reommierten Pulitzer Preis ausgezeichnet.