«Wahre Flut von Zweitwohnungsprojekten»
Infosperber hat am 5. November die zahlreichen Baugerüste auf der Riederalp VS dokumentiert. Am 20. November zog die NZZ mit einem Bericht aus dem kleinen Dorf Geschinen im Obergoms nach: «Die Vorstellung, dass hier bald schon vier Wohnblöcke [voller Zweitwohnungen] stehen könnten, evoziert ein anderes Bild: Die mehrstöckigen Gebäude nähmen sich, losgelöst von der bestehenden, geschlossenen Siedlung, wie Fremdkörper aus.»
«Brandbeschleuniger der Zersiedelung
Diese Überbauung in Geschinen sei «nur eines von einer wahren Flut von Zweitwohnungsprojekten». Allein in den obersten drei Gemeinden des Goms kämen über 40 Projekte mit über hundert Wohnungen zusammen. «Die Zweitwohnungsinitiative wirkt ironischerweise als ‚Brandbeschleuniger’ der Zersiedelung», schreibt der Walliser Korrespondent der NZZ. Viele Baugesuche hätten einflussreiche einheimische Bauunternehmen und Immobilienhändler eingereicht. Die Franz-Weber-Stiftung habe im Wallis bisher Einsprachen gegen 318 Baugesuche eingereicht, berichtete die NZZ. Deren Erfolg steht in den Sternen.
INFOSPERBER-BERICHT VOM 5. NOVEMBER 2012
Was auf der verkehrsfreien Riederalp im Oberwallis gegenwärtig zu sehen ist (siehe Bildstrecke), kann man an vielen andern Ferienorten im Wallis und im Oberengadin beobachten: Stangen, welche die Kanten neuer Häuser anzeigen, auf grünen Wiesen. Sie sind die Zeugen einer Flut von Baugesuchen, welche die Gemeinden bis Ende Jahr noch bewilligen sollen. Damit können die Landbesitzer und Gemeinden der eh schon grosszügigen Verordnung des Bundesrats zur Begrenzung des Zweitwohnungsbaus in der Bundesverfassung zuvor kommen.
Der Volkswille, den Zweitwohnungsbau und damit die Zahl der leeren Betten zu begrenzen, wird durch die gegenwärtige Entwicklung ins Gegenteil verkehrt. Die bürgerliche Mehrheit im Bundesrat hatte dafür gesorgt, dass die Verordnung erst am 1. Januar 2013 in Kraft tritt.
Es ist zu erwarten, dass die Gemeinden, in deren Exekutiven meistens auch Bau- und Gewerbevertreter sitzen, die Baugesuche grosszügig bewilligen. Die Bauherren haben dann meistens fünf Jahre Zeit, um mit dem Bau der geplanten Zweitwohnungen zu beginnen. Vor Ablauf der fünf Jahre wird es zu Gesuchen kommen, Baubewilligungen noch länger gültig zu erklären. Als Folge davon bleibt der Boom des Zweitwohnungsbaus auf absehbare Zeit auch in Gemeinden ungebremst, deren Wohnungsbestand schon längst zu mehr als zwanzig Prozent aus kalten Betten besteht.
Seit dem 11. März 2012 bestimmt Artikel 75b der Schweizerischen Bundesverfassung: «Der Anteil von Zweitwohnungen am Gesamtbestand der Wohneinheiten und der für Wohnzwecke genutzten Bruttogeschossfläche einer Gemeinde ist auf höchstens 20 Prozent beschränkt.»
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Die Aufnahmen der Bauprofile stammen vom Oktober 2012.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Der Autor besitzt auf der Riederalp eine alte, renovierte Zweitwohnung.
Sehr schade. Solche Orte werde ich künftig eher meiden. Ein weiteres Beispiel, wo der Bundesrat gegen die Verfassung entscheidet, wie bei den meisten Umwelt-Themen.
Diese Entwicklung erinnert mich stark an Mafia-Regionen in Italien oder Spanien. Sehr weit von den Machenschaften in diesen Ländern sind wir leider in gewissen Regionen hierzulande nicht mehr. Was sich hier rechtsbürgerliche Parteien erlauben, ist eines Rechtsstaates unwürdig. Geld über Alles – nach uns die Sintflut!
Diese Bauerei war doch zu erwarten, oder waren wir so naiv zu glauben dass sich da etwas ändern würde … ?
Geld über alles, … es sind aber nur diejenige die Geld haben und nicht mehr wissen wo sie diesen „Überfluss“ platzieren sollen die da verzweifelt bauen …
Ich sage nur eines : Es wird zuviel Geld auf dieser Welt «generiert» wovon man nicht weiss wo es her kommt … !
Warum die Aufregung? Wo steht denn, die Anzahl Baubewilligungen für Zweitwohnungen werde bis 31.12.2012 limitiert? Der Erlass des Bundesrates ist eine Einladung im ganzen Alpenkreis, möglichst viel zu bauen. Die Schweiz wird von Banken, Bauern und Baumeistern (mit dem zugeordneten Gewerbe( regiert. Was soll die Aufregung? Sie haben doch auch bürgerlich gewählt, oder?
… ein «Trost» zeichnet sich am Horizont ab, Mega Oasen für Milliardäre wie in Andermatt, wird es in der Schweiz in Zukunft bestimmt nicht mehr geben !
Die 22 geplanten und noch nicht gebauten Villen (die erste ist leider schon fast fertig!), werden es hoffentlich „schwer haben“ …
Ich habe mich schon lange gewundert warum Franz Weber erst seit kurzem im Ort aktiv geworden ist.
Dann werfe ich noch eine Heiss-Brisante Frage auf die sich bestimmt keiner getraut laut zu stellen: Weiss irgendjemand wie dieser Sawiris zu soviel Vermögen gekommen ist, etwa mit Arbeit ?
Aber es ist schon war, dort wo es Geld gibt macht der Mensch sehr schnell einen Bückling denn schlussendlich bekommt jeder im umkreis, auf irgendeiner weise, auch etwas Brosamen ab … smile
@Carmey Bruderer: Samih Sawiris wurde natürlich nicht mit schnödem Arbeiten so reich. Das ist bestimmt zutreffend. Aber tüchtig ist er allemal.
Ohne ihn in den Olymp zu heben; ich habe ihn bei einem Abend mit etwa achtzig handverlesenen Gästen (ein Credit Suisse Event mit Madeleine Albright) zufällig kennengelernt. Ich muss der einzige ohne CS Konto gewesen sein. Ich sass mit ihm, seiner Frau und seinem Finanzminister an einem Tisch. Er plauderte sehr entspannt über seine Tätigkeiten in Andermatt etc., und wir blieben auch später (über seinen CFO) in Kontakt. Er wollte mich in der Folge als seinen Privat-Piloten auf seiner Boeing engagieren, was ich dankend ablehnte. Abgesehen von meiner sehr subjektiven Erfahrung mit Sawiris meine ich, dass er sogar stärker von uns Schweizern unterstützt werden sollte.
Mal ganz ehrlich; es ist doch allemal besser in einer Region wie Andermatt Investoren mit glaubwürdigem Weitblick zu haben, als geldgeile «Unterländer", welche ihr Geld in Zweitwohnungen anlegen, und uns Einheimischen gleichzeitig aus den Dörfern in GR, Wallis, dem Berner Oberland und Uri vertreiben, weil wir uns unsere Heimat nicht mehr leisten können.
An der abgegriffenen Worthülse «Nachhaltigkeit» vergreifen sich die Dorfbehörden höchstens kurz vor den Gemeindewahlen. Die Baulobby labert gebetsmühlenartig von Arbeitsplatz-Erhalt und verschweigt, dass es vorwiegend ausländische Bauarbeiter betrifft, welche nicht mehr ihren grosszügigen Mindestlohn aus der Schweiz nach Portugal und Ex-Jugoslawien schicken.
Ich denke, dass nach dieser unschönen Übergangszeit wieder Ruhe einkehren wird. Kann sein, dass vermehrt in Renovierungen bestehender Häuser investiert wird. Das verschönert einerseits zwar das Dorfbild, macht aber das Wohnen auch nicht billiger.
Der momentane Run wird sich in zwei, drei Jahren legen. Dafür war diese Initiative allemal ein Erfolg. Ausnahmsweise ein grosses Dankeschön an Franz Weber und Co.
Gruss aus dem völlig überbauten Südkorea, auf dem Weg nach (dem auch überbauten) Honolulu.
@ Renato Stiefenhofer … bestimmt ist Süd Korea für uns keine Vorbild Nation, schon lieber hier leben mit allen Mängeln, gelle ! … smile
Der Sawiris ist bestimmt tüchtig das bezweifle ich nicht, er kommt auch sympathisch, bzw. nicht abgehoben, rüber.
Das stillt aber meine Neugierde noch nicht, denn die Frage (die man sich in der Schweiz nicht stellen darf, weiss ich, stelle sie aber trotzdem !), ist und bleibt „Ob man im Ägypten des damaligem Mubarak, reich werden konnte ohne Protektion“…
Dasselbe Phänomen beobachten wir ja Heute in Russland … ohne Putins wohlwollen, kein Reichtum.
Nur die Wirkung auf uns, arme Teufel, von dem was da geschieht, ist nicht vorbildlich. Weder ich noch sie werden uns in ein Paar Jahre je ein Haus in Andermatt leisten können. Früher war es noch möglich, und dies ist das Problem in dieser unheilige Entwicklung die gestoppt werden muss, hier geht es ums kostbare Territorium.
Wir haben etwas aufgebaut was uns langsam weggenommen wird, eine sichere Insel mitten in Europa, dies weckt begehren bei wohlhabende die auf der suche nach Sicherheit sind, aus der ganze Welt.
Wir einheimische werden „auf die länge und schleichend“ über den Umweg der gestiegenen Wohn-Kosten, langsam aber sicher verdrängt, die Schweiz ist nicht unendlich gross.
Ja, da haben sie recht, das ewige „geseüsel“ der Baumeister bezüglich der „zu-erhaltenden-Arbeitsplätze“ bringt uns auch nicht viel. Im Winter sind die Arbeiter in der AL und beziehen die Gelder die sie im Sommer einbezahlt haben und den Rest geben sie bestimmt nicht hier aus sondern senden den immer noch schön brav nach Hause !
Inzwischen sind aber ein Paar hundert „Fussballfelder Bauland“ verbetoniert worden und „Baumeister & Konsorten“ haben sich inzwischen die Nase vergoldet.
Nur eines verstehe ich nicht Herr Renato, warum wir für Sawiris eine Ausnahme machen sollten und ihn „unterstützen“ …
Baut er etwa gleichzeitig gratis Schulen, Krankenhäuser, Turnhallen für unsere Jugend ? …
Oder will er doch nur sein Kapital „vermehren“ … Bitte gut überlegen !