Die Feindseligkeit gegen Deutsche
Wer vor einigen Jahren in Berlin oder Hamburg sagte, er komme aus der Schweiz, musste sich höchstens ein paar Sprüche über Diktatorengelder in Schweizer Banktresoren anhören. Heute berichten Deutsche als Erstes über latente Ablehnung bis offenen Rassismus, der ihnen beim Besuch in Zürich entgegenschlägt. Die Fremdenfeindlichkeit hat das urbane Milieu erreicht.
Wie einfach es doch war, mit dem Finger auf jene zu zeigen, die sich von Italienern, Tamilen oder Einwanderern aus Ex-Jugoslawien konkurrenziert fühlten, und zu rufen: «Rassisten!» Seit hochqualifizierte Ausländer in die Schweiz einwandern, darunter vor allem Deutsche, schrecken auch linksliberale Städter nicht mehr vor latenter Fremdenfeindlichkeit zurück.
3 Prozent der Bevölkerung
Ende 2010 lebten 279’000 Deutsche in der Schweiz. Das ist ein Anteil von rund 3 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Die Deutschen machen nach den Einwanderern aus Ex-Jugoslawien und Italien die drittgrösste Ausländergruppe aus. Jeder 4. Arzt in der Schweiz kommt aus Deutschland, wie die «SonntagsZeitung» am Wochenende alarmiert zu berichten wusste. Jeder 8. Topmanager und jeder 5. Universitätsprofessor auch.
Als die Zürcher SVP-Nationalrätin Natalie Rickli jüngst in einer TV-Talkshow sagte, es gebe zu viele Deutsche in der Schweiz, erntete sie dafür insgeheim auch Zustimmung von jenen Schweizern, die sich gerne weltoffen, links oder liberal geben. Theaterschaffende, denen Akademiker aus Deutschland die Jobs streitig machen. Doktoranden, die sich allein unter Deutschen fühlen. Architekten, die sich ärgern, dass sie ihr Bier an der Bar auf Hochdeutsch bestellen müssen. «Rickli bringt ein massenhaftes Unbehagen auf den Punkt, das ich teile, obwohl ich immer SP oder Grüne wähle. Ich könnte Ricklis Meinung, dass die Masse der Deutschen zu viel ist, mit zig eigenen Beispielen bestätigen. Und da ich nun weiss Gott kein Rechter bin, kann ich die Linke in diesem Land nur bitten, die Stimmungslage im Land ernst zu nehmen und zu reagieren», schrieb ein Journalist auf seine Facebook-Wall.
«Sau-Schwaben» an der Bahnhofstrasse
Wo führt das alles hin? «Ich wage es manchmal nicht, Hochdeutsch zu sprechen in einem Laden. Ich verständige mich dann in Englisch», zitieren Medien eine junge Deutsche, die vor zwei Jahren nach Zürich gezogen ist. «Wir haben unserem Sohn empfohlen, sich während der Fussball-EM etwas zurückzuhalten, nachdem er zweimal weinend aus dem Kindergarten nach Hause gekommen ist», erzählt ein Ehepaar aus Deutschland. Andere Deutsche sagen, sie seien mitten auf der Zürcher Bahnhofstrasse als «Sau-Schwaben» beschimpft worden.
Der Walliser Tourismusdirektor Urs Zenhäusern hat nach der Polemik um die Aussage von Rickli zehn E-Mails von Deutschen erhalten, die ihre Ferien annulliert haben, weil sie sich wegen des «Deutschenhasses» in der Schweiz als Gäste nicht mehr willkommen fühlten. «Die Deutschenfeindlichkeit hat mittlerweile ein bedenkliches Ausmass angenommen», warnt die Zürcher CVP-Nationalrätin Barbara Schmid-Federer.
Versuch einer Relativierung
Das Einzige, was hilft, sind Relativierungen: Vor 100 Jahren, im Jahr 1910, betrug der Anteil Deutsche an der Schweizer Wohnbevölkerung 5,9 Prozent. In der Stadt Zürich betrug ihr Anteil damals sogar 21 Prozent, verglichen mit aktuell 8 Prozent. Proportional zur eigenen Bevölkerung leben mit 75’000 Schweizern etwa dreimal so viele Schweizer Staatsbürger in Deutschland (ein Prozent aller Schweizer) als Deutsche in der Schweiz (0,34 Prozent aller Deutschen). Und wenn das nicht hilft, dann vielleicht die Vergegenwärtigung des Profits, den die Schweiz aus der Zuwanderung zieht: Allein durch die 3’000 deutschen Ärzte in der Schweiz sparte das Land laut Avenir Suisse Ausbildungskosten von drei Milliarden Franken.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Die Artikel-Serie «Die 10 Schönheitsfehler der Schweiz» entstand im Auftrag der Filmemacher von «Image Problem».
Allein durch die 3’000 deutschen Ärzte in der Schweiz sparte das Land laut Avenir Suisse Ausbildungskosten von drei Milliarden Franken.Genau da liegt der Hund begraben: Wir sparen an der Ausbildung Hochqualifizierter und jammern dann, wennwir sie aus dem Ausland «importieren» müssen! Ein schönes Beispiel für unsere Schizophrenie.
Der letzte Abschnitt stimmt mich wieder versöhnlich mit Autor C. Moser !
Relativieren ist immer angesagt wenn Emotionen hochgehen.
Ich selbst bin nicht unglücklich über die vielen Deutschen die in der Schweiz leben denn sie bringen doch Kultur, viel Wissen und Geschick in unser Land.
Und wie jedes fremde Volk haben sie halt ihre Eigenarten wie z.B. etwas zu viel Selbstsicherheit (was uns stört), sind zu laut und legen ein etwas zu arrogantes auftreten an den Tag … sind auch die jenige die schon morgens um 6 Uhr vor der Türe stehen wenn es um eine Wohnungsbesichtigung geht, und die dann auch bekommen ! Diesbezüglich, wie heisst der Spruch: … der schnelle Vogel, usw. …
Aber dies ist schon fast alles was ich denen „ankreiden“ kann.
Bezüglich „Milliarden-Einsparungen bei der Ausbildung“, auch hier muss relativiert werden, denn die viele Ausländische Studenten die an unseren Hochschulen (Muster Beispiel die HSG ins St. Gallen), ausgebildet werden und nach dem Studium in ihre Länder zurückgehen, kosten uns auch Milliarden …
Eben, relativieren Bitte !