Das elsässische AKW bleibt ein Sicherheitsrisiko
Der 14. September hätte in die Geschichtsbücher eingehen können. Am gleichen Tag erklärte die japanische Regierung den Atomausstieg, und der französische Präsident François Hollande kündigte das Ende des AKWs im elsässischen Fessenheim an, an dem auch ein Konsortium aus Axpo, Alpiq und BKW eine Minderheitsbeteiligung hält.
Gut sind jedoch nur die News aus Japan. Dass die asiatische Wirtschaftsmacht aus der Katastrophe von Fukushima ihre Lehren zieht und bis 2040 ganz aus der Atomkraft aussteigen will, war nicht unbedingt zu erwarten. Und dass japanische AKWs nach 40 Jahren Betrieb zwingend stillgelegt werden müssen, auch nicht (Ohne Namen zu nennen: Andere Länder könnten sich daran ein Vorbild nehmen).
Nur 35 km von Basel entfernt…
Die Nachrichten aus Frankreich bereiten jedoch mehr Sorgen als Freude. Die beiden Reaktoren in Fessenheim, 1977 respektive 1978 in Betrieb genommen, sollen noch bis Ende 2016 laufen. Klar, hiesse der französische Präsident nach wie vor Nicolas Sarkozy, so würden in Fessenheim sogar noch bis mindestens 2021 Atome gespaltet. So verkündete es die Autorité de sûreté nucléaire (ASN) im Sommer 2011 allen Sicherheitsbedenken zum Trotz. Und von diesen Bedenken gab es schon damals einige: Fessenheim, nur 35 Kilometer von Basel entfernt, liegt in einem Erdbebengebiet. Zudem gilt das älteste AKW Frankreichs als hochwassergefährdet, da der Rhein direkt neben dem Werk vorbei fliesst. Und nicht zuletzt kommt es in Fessenheim immer wieder zu Störfällen und Pannen. Die letzte ereignete sich erst Anfang September. Laut Wikipedia waren es allein in den Jahren 1989 bis 2008 über 200 meldepflichtige Vorkommnisse.
Die ANS machte deshalb Anfang 2012 Auflagen für den Weiterbetrieb. So forderte die Aufsichtsbehörde als wichtigste Massnahme, dass die Bodenplatte des Reaktors verstärkt wird. Diese ist derzeit nur einen Meter (andere Quellen sprechen von 1,5 Metern) dick. Selbst eine partielle Kernschmelze würde ausreichen, um den Beton zu durchdringen und damit den Rhein über Hunderte von Kilometern zu verseuchen. Die Betreiberfirma Electricité de France (EdF) schätzte damals die Kosten für diese Massnahme auf rund 100 Millionen Euro.
Vorgesehene Massnahmen dürften nun ausbleiben
Es ist kaum anzunehmen, dass EdF und ihre Mit-Aktionäre diesen Betrag angesichts einer Restlaufzeit von dreieinhalb Jahren noch investieren (zumal auch die Bauarbeiten mehrere Monate in Anspruch nehmen dürften). Ein schon als unsicher geltendes AKW, in das wegen einer angekündigten Abschaltung nicht mehr investiert wird - man mag nicht zu viel Phantasie aufwenden um sich vorzustellen, was da alles passieren könnte. Fessenheim sofort abzuschalten, das wäre eine gute Nachricht gewesen. So bleibt das elsässiche AKW ein Sicherheitsrisiko – und Monsieur le Président gleich dazu.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Journalist und Betreiber des Energie- und Umweltblogs «Angelis Ansichten», wo er diesen Beitrag zuerst publizierte.
Das AKW Fessenheim bleibt ein grosses Risiko, das zeigt dieser Artikel klar.
Wieso schauen wir und v.a. die BaslerInnen zuerst nach Fessenheim? Im Osten liegt eine mindestens so gefährliche Anlage auf Schweizerboden: die beiden AKW Beznau, die 6-9 Jahre länger im Betrieb sind und über entsprechende ältere Anlagekomponenten verfügen; Beznau 1 wird schon 43 Jahre und 2 Monate betrieben. Das Argument von AXPO, ENSI und BFE, dass Beznau für viel mehr Geld nachgerüstet wurde, ist sehr trügerisch, denn eine Kette reisst bekanntlich beim schwächsten Glied und nicht beim teuer nachgerüsteten stärksten Glied.
Bei der Hochwassergefahr liegt Beznau noch gefährlicher als das AKW Fessenheim. Während zwischen Rhein und Rheinkanal noch ca. 150m bis zu den Reaktorgebäuden liegen und die Umgebung relativ flach ist, stehen die AKW Beznau mitten in der Aare auf einer Insel, 70 Meter neben dem Oberkanal und knapp 200 Meter unterhalb eines Wehres, das bei Extremhochwassern verstopfen kann. Die 4000 oder mehr m3 Wasser pro Sekunde werden dann die AKW Beznau in undefinierter Höhe überfluten. Das Aaretal in Beznau ist schmäler als der Rhein in Basel und die Aare wird beidseitig durch steile Abhänge begrenzt. Zum Vergleich: beim Hochwasser im August 2007 führte der Rhein in Basel ca. 4’700 m3/s. Bei verstopftem Wehr in Beznau wird die Aaresohle etwa auf der Höhe des Beznau-Erdgeschosses liegen. Wer noch meint, in der Schweiz gäbe es keine Tsunamis, der möge sich diese mögliche Hochwassersituation in Beznau plastisch vorstellen.
Beznau liegt 45km östlich von Basel und 27km westlich vom Hauptbahnhof Zürich. Das gefährlichere Fessenheim liegt zwischen den zwei grössten Städten der Schweiz und sollte sofort stillgelegt werden.