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«Walliser Bote» vom 5. Juli 2012: Ausschnitt aus dem Inserat des Mengis-Verlages © -

Peter Studer: «Dieses Inserat ist skandalös»

Kurt Marti /  Der Verlag des «Walliser Boten» bietet seine «hauseigenen Autoren und Redaktoren» mittels Inserat als Werbe- und PR-Profis an.

Der «Walliser Bote» ist nicht bekannt für eine besonders kritische Haltung gegenüber Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Die Kostgänger der CVP können traditionell mit einer pflegeleichten Behandlung rechnen. Jetzt dürfen sie sich zusätzlich freuen: Die «Mengis Druck und Verlag AG», welche den «Walliser Boten» (WB) herausgibt, kommt ihnen noch weiter entgegen.

«Wir Walliser sind hilfsbereite Menschen»

In einem ganzseitigen Inserat im WB vom 5. Juli 2012 bietet der Mengis-Verlag seinen Kunden die «hauseigenen Autoren und Redaktoren» als Werbe- und PR-Profis an: «Wir Walliser sind hilfsbereite Menschen. Deshalb schreiben die Autoren und Redaktoren von Mengis nicht nur für Mengis. Sie schreiben also für den ‚Walliser Boten‘ oder namhafte Kunden und Personen.»

Laut Mengis machen seine Autoren und Redaktoren ihre Aufgabe so gut, «dass wir immer mehr Aufträge aus der Wirtschaft bekommen. Etwa für Geschäftsberichte oder Bücher, Reportagen, Broschüren oder PR.» Denn laut Mengis sind seine Schreiber «nicht nur im Wallis zu Hause», sondern kennen das Tal «mit all seinen Facetten» sehr gut.

Widerspruch zu den Richtlinien des Presserats

Das Mengis-Inserat verstösst krass gegen die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der Journalistinnen und Journalisten. Die «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» des Schweizer Presserats hält Folgendes fest:

  • Richtlinie 10.4 – Public Relations

«JournalistInnen und Journalisten redigieren keine interessengebundenen Texte (Werbung und Public Relations), die ihre redaktionelle Unabhängigkeit beeinträchtigen.»

  • Kodex Pflicht 10 – Wirtschaftliche Unabhängigkeit

«Journalistinnen und Journalisten vermeiden in ihrer beruflichen Tätigkeit jede Form von kommerzieller Werbung und akzeptieren keinerlei Bedingungen seitens der Inserentinnen und Inserenten.»

Das Mengis-Inserat steht in einem offensichtlichen Widerspruch zu den Richtlinien des Schweizer Presserats, in dessen Trägerschaft die Journalisten- und Verleger-Verbände vertreten sind. Von Infosperber mit diesem Widerspruch konfrontiert, verzichtete der WB-Chefredaktor Thomas Rieder auf eine Stellungnahme.

«Widerspruch zu allen Bemühungen um Unabhängigkeit»

Peter Studer, der ehemalige Präsident des Schweizer Presserats und frühere Chefredaktor des Schweizer Fernsehens sowie des Tagesanzeigers, ist empört: «Dieses Inserat ist skandalös. Es widerspricht allen Bemühungen um Unabhängigkeit redaktioneller Arbeit, die Presserat, Chefredaktorenkonferenz, Verlegerverband (Verband Schweizer Presse) und Werbeagenturen seit Jahren vertreten.» Und der Medienrechtler Studer fragt: «Wie sollen Journalisten Erwartungen der Inserenten auf Liebedienerei vermeiden, wenn sie selber mit der einen Hand die Inserat- und Werbetexte schreiben, mit der andern Hand unabhängig berichten sollen?»

Der Verleger Mengis sollte laut Studer «die Auftragsarbeiten für Inserenten von ‚seinen Schreibern‘ in den Redaktionen fernhalten und separat, am besten in einem Tochterunternehmen, durch PR-Leute Geschäftsberichte, Broschüren, PR oder Werbung texten lassen. Dabei muss er die Mauer zwischen Redaktion und Kommerz stehen lassen.»

Die Kommerzialisierung des Medienbetriebs hat gemäss Studer «bereits Breschen geschlagen». An vorderster Front sei hier «das Unternehmen Ringier, das im Unterhaltungssektor auf seine Zeitungen verweist, die ‚grosse Kisten‘ freundschaftlich und aufwändig begleiten. Ohne die redaktionelle Unabhängigkeit zu beeinträchtigen, behaupten die Kader gegenüber jedem, der daran zweifelt. Interne Anweisungen, die nach aussen dringen, lassen Zweifel offen. Muss jetzt der ‚Walliser Bote‘, mit seinem Chefredaktor an der Spitze, solche Zweifel nähren?»

Vorherrschaft der CVP-Gefolgsleute

Im Impressum des WB werden Ferdinand Mengis und sein Sohn Nicolas Mengis als Verleger und Herausgeber der Zeitung genannt. Letztes Jahr hat Ferdinand Mengis, welcher den Mengis-Verlag jahrzehntelang prägte, das VR-Präsidium der «Mengis Druck und Verlag AG» altershalber an seinen Sohn Nicolas Mengis übergeben.

Im «Oberwalliser Presseverein AG» hingegen, welche sich als Eigentümerin des WB bezeichnet, sitzt Ferdinand Mengis immer noch im Verwaltungsrat. Der «Oberwalliser Presseverein» ist mit lauter CVP-Gefolgsleuten besetzt. Letztes Jahr hat der Alt-CVP-Ständerat Rolf Escher das VR-Präsidium an den früheren Walliser Staatskanzler Heinrich von Roten abgegeben. Neben dem «Oberwalliser Presseverein» existiert auch der ominöse «Presserat», welcher vom früheren Kantonsrichter Niklaus Stoffel präsidiert wird, der «extreme Positionen in der Zeitung nicht akzeptiert.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Redaktor der Roten Anneliese 2000 - 2010

Zum Infosperber-Dossier:

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Medien unter Druck

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