Atom-Risiko: Alle zehn Jahre ein Super-Gau
Die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse der Forscher um Jos Lelieveld, dem Direktor des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz, lassen aufhorchen und geben besonders für die Länder Europas Anlass zur Sorge: Mit einem Super-Gau in einem der weltweit 440 Atomkraftwerke ist statistisch alle zehn Jahre einmal zu rechnen. Das ist 200-mal häufiger als bisher angenommen.
Trotz konservativer Berechnung: Zwei Super-Gaus in 20 Jahren
Um das Risiko eines Super-Gaus zu berechnen, haben die Wissenschafter des Max-Planck-Instituts die Laufzeit aller Atomreaktoren weltweit von der Inbetriebnahme des ersten zivilen Reaktors bis heute durch die Zahl der bisherigen Kernschmelzen geteilt. Die Gesamtlaufzeit aller 440 Reaktoren beträgt 14 500 Jahre. Geteilt durch die vier bisherigen Super-Gaus – einmal Tschernobyl und dreimal Fukushima – kommen die Forscher zum Schluss, dass es statistisch alle 3 625 Reaktorjahre zu einem Super-Gau kommt.
Um das Risiko konservativ abzuschätzen, haben die Forscher das Ergebnis auf 5 000 Jahre aufgerundet. Doch selbst dann liegt das Risiko «200-mal höher als Schätzungen der US-amerikanischen Zulassungskommission für Kernreaktoren im Jahr 1990 ergaben». Bei einer Restlaufzeit der 440 weltweiten Atomreaktoren von 20 bis 25 Jahren, beläuft sich die gesamte Restlaufzeit auf rund 10 000 Jahre. Wenn sich alle 5 000 Reaktorjahre ein Super-Gau ereignet, dann ist folglich in den nächsten 20 Jahren statistisch mit zwei Super-Gaus zu rechnen.
In Westeuropa wären durchschnittlich 28 Millionen Menschen betroffen
Die Forschergruppe hat die Emissionen von Cäsium 137 simuliert und kamen zu erstaunlichen Resultaten: Nur acht Prozent der Cäsium-Emissionen gehen im Umkreis von 50 Kilometern um ein verunglücktes Atomkraftwerk nieder. 50 Prozent der Cäsium-Teilchen würden innerhalb von 1 000 Kilometern abgelagert und 25 Prozent würden sogar weiter als 2 000 Kilometer transportiert. Daraus folgern die Mainzer Forscher, «dass Reaktorunfälle weit über die Staatsgrenzen hinweg radioaktive Verseuchung herbeiführen können».
Nach dem Super-Gau von Tschernobyl wurde der Boden in Deutschland durch Cäsium 137 mit bis zu 40 Kilobecquerel pro Quadratmeter belastet. Laut der Studie des Max-Planck-Instituts «droht eine Verseuchung mit mehr als 40 Kilobecquerel pro Quadratmeter in Westeuropa, wo die Reaktordichte sehr hoch ist, durchschnittlich einmal in 50 Jahren». In Westeuropa wären bei einem einzigen Super-Gau «durchschnittlich 28 Millionen Menschen von einer Kontamination mit mehr als 40 Kilobecquerel pro Quadratmeter betroffen».
Jos Lelieveld: «Notwendig ist ein international koordinierter Ausstieg»
Daraus zieht der Atmosphärenchemiker Jos Lelieveld den folgenden Schluss für den Atomausstieg: «Der Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie verringert zwar das nationale Risiko einer radioaktiven Verseuchung. Deutlich geringer wäre die Gefährdung, wenn auch Deutschlands Nachbarn ihre Reaktoren abschalteten. Notwendig ist nicht nur eine tiefgehende und öffentlich zugängliche Analyse der tatsächlichen Risiken, die von Kernkraftwerken ausgehen. Vor dem Hintergrund unserer Erkenntnisse sollte meiner Meinung nach auch ein international koordinierter Ausstieg aus der Kernenergie in Betracht gezogen werden».
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Dazu ein passendes Gedicht aus dem Gedichtband «Öko-Balance"
Vorteile der Öko-Balance
Natur tät nicht mehr kollabieren.
Wir könnten diese Angst verlieren.
Auch würde nicht, wohin man schaut,
So vieles restlos zugebaut.
Die extensive Landwirtschaft
Fürs Erdreich dann Erholung schafft.
Ressourcen, nicht erneuerbare,
Reichten unendlich viele Jahre. *1)
Der grosse Energieverbrauch,
Der senkte sich sehr drastisch auch.
’S Problem wär’ aus der Welt geschafft,
Mit Sonnen-, Wind- und Wasserkraft. *2)
Wir lebten glücklich, wären froh, !!!!!!!!
Ohne das Kernkraft-Risiko. !!!!!!!!
Die Feinstaubgrenzwertüberschreitung
Ständ’ nicht mehr dauernd in der Zeitung.
Und schliesslich würde es noch nützen,
Als Beitrag ’s Klima zu beschützen,
Die Seen würden stark verjüngt;
Sie würden nicht mehr überdüngt.
Zudem könnte das Artensterben,
für uns nicht mehr gefährlich werden.
Auch in der Luft zu viel Ozon,
Wär’ nicht mehr unser Angstsyndrom.
Natur, die müsste nicht mehr leiden.
Die Lebensqualität würd’ steigen.
Kurz, Öko-Balance würd’ sich lohnen
Für alle Generationen.
*1) Siehe Hans Christian Binswanger im Schweiz. Energiestiftung Report 16 vom 16.4.1999
*2) Gemäss Bundesamt für Energie kommen 16,4 % des Verbrauchs aus erneuerbaren
Energien. Wären wir in Öko-Balance, würde das bis auf 1,5 % heute schon genügen.