Piratinnen

Laura Dornheim (links) kritisiert die Geschlechterdebatte «auf Stammtischniveau» © ss

Die Piratenpartei hat ein Problem mit Sexismus

Barbara Marti /  Am Parteitag war kaum die Rede davon. Doch mit den Frauen tun sich die Piraten schwer. Das zeigt eine parteiinterne Umfrage.

Jede zweite Frau in der Piratenpartei ist schon einmal selber mit sexistischen Kommentaren konfrontiert gewesen oder hat solche bei anderen miterlebt. Die interne Diskussionskultur ist für viele demotivierend.
Dies geht aus einer Umfrage des parteiinternen Gender-Netzwerkes «Kegelklub» hervor. Danach hat auch die grosse Mehrheit der Männer sexistische Kommentare bei anderen schon erlebt oder hält ein solches Verhalten parteiintern für möglich.
Demotivierende Diskussionskultur

Ein grosses Problem für Frauen und Männer ist die Diskussionskultur in der Partei. Diese schreckt mehr als jede zweite Frau ab. Insbesondere online geäusserte Pöbeleien (Shitstorms) über Twitter, in Mailinglisten, Foren und sozialen Netzwerken finden viele Frauen demotivierend. Deutlich mehr Frauen als Männer trauen sich nicht, eine Minderheitsmeinung in der Partei zu äussern.

Der «Kegelklub» zieht aus der Umfrage den Schluss, dass in der Piratenpartei Sexismus ein Problem ist. Laura Dornheim, eine der Initiantinnen der Umfrage, sagte, bei den Piraten werde die Geschlechterdebatte «teilweise auf Stammtischniveau» geführt. Die Umfrage ist nach sozialwissenschaftlichen Kriterien nicht repräsentativ. Doch sie soll die Debatte versachlichen.

Frauenanteil tiefer als in der CSU

1200 Parteimitglieder aus allen Landesverbänden – das sind knapp sechs Prozent aller Parteimitglieder – haben an der Umfrage teilgenommen. 18 Prozent davon waren Frauen. Die Macherinnen der Umfrage nehmen an, dass der tatsächliche Frauenanteil in der Partei niedriger ist. Damit wäre er tiefer als in der CSU. Die Piratenpartei verzichtet bewusst auf eine offizielle Erhebung des Geschlechterverhältnisses, weil sie die herkömmliche Unterscheidung zwischen den Geschlechtern überwinden will.
Etwa die Hälfte der Befragten gab denn auch an, dass die Partei «postgender» sei oder dies zumindest versuche. Männer sehen die Piratenpartei deutlich näher am Postgender-Ideal als Frauen. Allerdings kennen vor allem Männer die Bedeutung des Begriffs Gender nicht. Auch die Definition von postgender kennt eine grosse Mehrheit nicht.

Kategorie Geschlecht nicht «überholt»

Deutlich mehr Piratinnen als Piraten gaben in der Umfrage an, in der Partei seien die Geschlechter «eher nicht», «kaum» oder «nicht» gleichberechtigt.
Fazit des «Kegelklubs»: Die Piraten dürfen die Kategorie Geschlecht nicht als «überholt» abtun. Vielmehr müsse die Partei «kreative Lösungen» für eine geschlechtergerechte Politik finden.

Gegen parteiinterne Frauenquote
Eine Quote für Parteiämter lehnen die Befragten mit grosser Mehrheit ab, auch die Frauen. Die Hälfte der Befragten findet es jedoch wichtig, dass innerhalb der Partei über die Gender-Thematik diskutiert wird. Fast die Hälfte der Frauen und Männer stört, dass diese Diskussion «zu unsachlich» geführt wird.

Katja Dathe, Bezirksverordnete in Berlin-Mitte, sagte im «Spiegel», in der Piratenpartei müsse man «wie im Rest der Welt männliche Spielregeln» beherrschen. Die Partei komme aus der Internet-Kultur: «Viele Mitglieder sind unglaublich jung, manche unerfahren im alltäglichen Umgang mit Frauen – und einige schlicht sozial inkompetent.» Katja Dathe war Anfang dieses Jahres Favoritin bei der Wahl für den Landesvorsitz der Piratenpartei Berlin. Gewählt wurde jedoch mit Hartmut Semken ein Mann.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Die Autorin ist Redaktorin und Herausgeberin der Zeitschrift «FrauenSicht».

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