Wenn Städter zu Bauern werden…
Der Traum vom eigenen Einfamilienhaus mit Garten: Er ist nur auf dem Land zu realisieren. Und das mit Folgekosten. Folgekosten für die Häusle-Bauer selber, denn sie müssen jeden Tag zur Arbeit in die Stadt fahren. Und Folgekosten für den Staat, denn er subventioniert den Pendlerverkehr über Bahn und Strassen massiv. Ja, Pendeln ist teuer. Und eine weitere Form der Umweltverschmutzung – oder zumindest der Umweltbelastung – sagen Kritiker.
Nur: Der Einfamilienhaus-Traum ist eh nur der Traum der Privilegierten. Weltweit ziehen immer mehr Menschen in die Städte. Nicht einfach freiwillig, nein, meistens aus purer Not. Sie finden auf dem Land keine Arbeit mehr. Im Jahr 2008 lebten, so schätzen Forscher, bereits 50 Prozent der Weltbevölkerung in den Städten. Und im Jahr 2030 werden es, so die Schätzung, 70 Prozent sein. Es wird immer mehr gigantische Städte geben. Mexico-City zum Beispiel hat heute schon 23 Millionen Einwohner, dreimal die Einwohner der Schweiz – in einer Stadt!
Kein Trend ohne Gegenbewegung
Gleichzeitig mit der Verstädterung gewinnt aber auch ein anderer Trend an Fahrt: das Urban Farming, das Bauern in der Stadt. Immer mehr Menschen suchen und finden nutzbare Flächen, die nutzenbringend bepflanzt werden können: Flachdächer, unbenutzte Fabrikareale, eingeschlossene Grundstücke zwischen Highway-Schleifen, und natürlich, wo vorhanden, die kilometerlangen Bahnborde.
Hier wird gegärtnert und gepflanzt. Aber nicht zur Realisierung eines «Heimetlis» im Schrebergarten mit Rüschelivorhängen, Sitzplatz und Gartenzwerg. Nein, zur Erzeugung von Nahrungsmitteln, von Gemüse und Früchten vor allem.
Urban Farming kommt, wie so manches, aus dem Westen der USA. Aber längst hat es nicht nur New York erreicht, es ist auch in Europa angekommen. In den deutschen Grossstädten – und auch in der Schweiz!
Die Urban Farmers sind bereits organisiert
Selbstverständlich haben sich die Stadtbauern auch bereits in einer Community gefunden – in einer der vielen regionalen Communities, meistens. So auch in der Schweiz. Da heisst es auf der einschlägigen Website www.urbanfarmers.ch etwa Folgendes:
»Produzieren von lokalen Lebensmitteln in der Stadt für die Stadt unter Reduzierung des CO2 footprints: Unser Anspruch ist es, durch die Verkürzung von Transportwegen den CO2 Footprint in der Lieferkette von Lebensmitteln zu reduzieren und damit einen sinnvollen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Als Stadtbauern bieten wir ganzjährig frisches Gemüse und Früchte sowie ein saisonales Angebot an besonderen Spezialitäten.»
Ja, hierzulande, in der reichen Schweiz, sind es eher gutgestellte Idealisten, die dem Urban Farming frönen. In vielen Millionenstädten der Welt ist es aber kein Modetrend, sondern wird als Beitrag zum Überleben betrieben.
Zur Ideen- und Trendgeschichte des Urban Farming findet sich auf der Design-Plattform Stylepark ein äusserst informativer Artikel von Nora Sobich: «Selbstversorger aller Länder, vereint Euch!» Ein paar Bilder aus den verschiedensten Grossstädten der Welt brachte die Website www.yousaytoo.com. Und auch die Schweizer haben, wie erwähnt, bereits ihre eigene Website. Siehe die drei Links unten.
Leben in der erstickenden Grossstadt – mit frischem Gemüse von einem Urban Farmer: ein durchaus realistisches Szenario in den nächsten Jahren und Jahrzehnten!
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine