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Rückverfolgbarkeit Modell fair-fish © Billo Heinzpeter Studer / fair-fish

Fischbranche: Ein Teich für Kriminelle

Billo Heinzpeter Studer /  In der Fischbranche haben Kriminelle besonders leichtes Spiel. Sie verkaufen Fische, die gar nicht hätten gefangen werden dürfen.

Im Oktober 2011 hatte der «Boston Globe» 183 Proben von Fischen und Meeresfrüchten auf ihre DNA testen lassen. Resultat: 48 Prozent der Proben stammten nicht von der beim Verkauf deklarierten, sondern von einer andern Art. Die Redaktion zog hieraus den Schluss, dass die Verbraucher in Massachusetts «routinemässig» mehr bezahlen für Fische, die in Tat und Wahrheit von einer billigeren Art stammen. Dies berge für die Konsumentinnen und Konsumenten zudem die Gefahr allergischer Reaktionen, der Missachtung individueller Diätpläne oder der Einnahme von in den USA verbotener chemischer Rückstände.

Massachusetts will Falschetikettierung vorbeugen

Das Departement für öffentliche Gesundheit in Massachusetts reagierte mit einer Kampagne zur Aufklärung der lokalen Gesundheitsbehörden und der Branche über die Vorschriften beim Verkauf von Fisch. In Pilotprogrammen sollen auch Massnahmen zur Rückverfolgbarkeit von Fisch verstärkt werden, unter Einsatz von Barcodes entlang der Wertschöpfungskette. Zusammen mit weiteren Behörden und der Universität von Massachusetts will man zudem die Anwendung von DNA-Tests prüfen, um der Falschetikettierung von Fisch zu entgegnen.

Rückverfolgbarkeit von der Theke bis zum Fang ist für seriöse Richtlinien und Labels eine unabdingbare Voraussetzung. Denn wenn nicht garantiert werden kann, woher ein Fisch stammt, ist auch nicht gewährleistet, dass er aus einem gesunden Bestand und aus richtliniengetreuer Fischerei stammt.

Rückverfolgbarkeit ist (noch nicht) Standard

Rückverfolgbarkeit wird auch von der Branche insgesamt gern als «gute Praxis» ausgegeben: so, als würde sie generell eingehalten. Das Beispiel von Massachusetts zeigt, dass das heute nicht einmal in einem hoch entwickelten Land selbstverständlich ist. Offensichtlich haben Kriminelle in der Fischbranche bis heute besonders leichtes Spiel.

Ohne transparente Rückverfolgbarkeit ist es gar nicht möglich, Produkte aus illegaler, nicht gemeldeter oder unregulierter Fischerei (IUU) zu identifizieren und zu ächten. Weil die Branche sich bisher viel zu wenig darum kümmerte, ihre eigenen Produkte bis zum Ursprung zurück dokumentieren zu können, verordnet ihr die EU seit 2010 grossen bürokratischen Aufwand, dank welchem IUU-Produkte vom europäischen Markt ferngehalten werden sollen.

Es ginge auch mit einfachsten Mitteln

Dass Rückverfolgbarkeit auch mit einfachsten Mitteln von der Konsumentin in der Schweiz bis zum kleinen Fischer im Senegal dokumentiert und von unabhängiger Seite kontrolliert werden kann, bewies der kleine Verein fair-fish mit vor Ort vakuumierten und etikettierten Endverkaufsportionen. Die Fischfabrik akzeptiert nur Fischkisten mit «Visitenkarte» der Fischhändlerin aus dem jeweiligen Dorf (Bild links), verarbeitet die Lieferung jeder Händlerin separat und exportiert nur Vakuum-Portionen, deren Etikette (Bild rechts) die Nummer der Fischhändlerin und das Fangdatum nennt. So kann jederzeit von der Portion zurück auf den Fischer geschlossen werden – ohne teure Technik.
Schweiz: Schummelei mit Import-Egli

In der Schweiz ist der Egli (Flussbarsch) sehr beliebt. Doch die konsumierte Menge von rund 7000 Tonnen pro Jahr kann nur zu 10 Prozent aus inländischen Seen gedeckt werden. Die allermeisten Egli auf Schweizer Tellern stammen aus dem Baltikum. Ein DNA-Test des Waadtländer Kantonslabors enthüllte im Sommer 2011, dass mehr als die Hälfte der Restaurants schummeln: Bei sechs von zehn Restaurants, welche Schweizer Egli anbieten, stammten die Fische aus dem Ausland. Eine für Wirte interessante Schummelei, den importierte Egli kosten deutlich weniger als inländische.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Fachstellenleiter des Vereins fair-fish und Beirat des Vereins Friend of the Sea

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