Bankgeheimnis-Missbrauch schon 1976 angeprangert
Infosperber veröffentlicht ein leicht gekürztes Kapitel aus dem soeben erschienenen Buch «Jean-Ziegler – Das Leben eines Rebellen» (Auszeichnungen und Zwischentitel von der Redaktion). Autor Jürg Wegelin war viele Jahre Wirtschaftsjournalist und Redaktor und hat 2009 den Bestseller «Mister Swatch und das Geheimnis seines Erfolgs» veröffentlicht.
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ALS NESTBESCHMUTZER AM PRANGER
Mitte der siebziger Jahre schrieb der Pionier der Schweizer Politologie Erich Gruner, abweichendes Verhalten werde «in keinem vergleichbaren Land derart mit gesellschaftlicher Ächtung bestraft wie in der Schweiz». Gruner befand dies unter dem Eindruck der heftigen Reaktionen, die Ziegler mit seinem Buch Eine Schweiz – über jeden Verdacht erhaben ausgelöst hatte. Mit der 1976 zuerst in den Editions du Seuil unter dem Titel Une Suisse au-dessus de tout soupçon erschienenen Kampfschrift hatte Ziegler für schweizerische Verhältnisse den Rubikon überschritten.
Der Pariser Korrespondent der Tribune de Genève bekam im voraus Wind von der Publikation und kündigte bereits zwei Tage, bevor es in den Buchhandlungen erhältlich war, eine «Bombe» an. Nicht nur in Frankreich, auch in der Romandie war das Buch nach wenigen Stunden vergriffen. Die französische Auflage erreichte über eine halbe Million verkaufter Exemplare.
Verlag prüfte jeden Satz auf Klagemöglichkeiten
Doch das Manuskript war anderthalb Jahre lang in Paris in einer Schublade gelegen. Man hatte rasch erkannt, dass dieses Buch Dynamit enthielt, und erst nachdem mehrere Juristen des Hauses jeden einzelnen Satz auf Fallstricke überprüft hatten, ging es schliesslich in Druck. Die Streitschrift schlug in der Schweizer Öffentlichkeit tatsächlich wie eine Bombe ein. Kaum je hatte ein Buch hierzulande derart harsche Reaktionen ausgelöst.
Ziegler wurde in unzähligen gehässigen Leserbriefen als Nestbeschmutzer angegriffen. Der Begriff stammt eigentlich aus dem Tierreich. Max Frisch bemerkte einmal, «die das Nest schmutzig machen, zeigen empört auf einen, der ihren Schmutz bemerkt und nennen ihn den Nestbeschmutzer».
Im Gegensatz etwa zu Deutschland oder Frankreich war in der Schweiz die politische Debatte noch bis weit in die neunziger Jahre hinein von vielen Tabus und einem ausgeprägten Hang zum Konsens geprägt. Querdenker hatten es schwer, sie wurden diffamiert und ausgegrenzt.
Die von Ziegler verfochtene Hauptthese war allerdings tatsächlich schweres Geschütz:
«Im weltweiten kapitalistischen System spielt die schweizerische Oligarchie eine zentrale Rolle: jene des Hehlers. Dank einem krankhaft aufgeblasenen Bankensystem, dank solch bewunderungswürdigen Einrichtungen wie dem Bankgeheimnis und dem Nummernkonto erfüllt die schweizerische Oligarchie diese Hehleraufgabe aufs vorzüglichste. Mit ihrer täglichen Beute finanziert sie sodann ihre eigenen Abenteuer im Ausland: Ihre multinationalen Konzerne kontrollieren heute von Indonesien bis Südafrika, von Brasilien bis Guatemala ganze Regionen und Völkerschaften.»
Ziegler hatte zu einem Rundumschlag gegen das Schweizer Bürgertum und das Wirtschaftsestablishment ausgeholt. Und das auch noch vom Ausland aus, über einen Grossverlag in Paris.
Der Soziologe gab sich gar nicht erst die Mühe, den Anschein von Wissenschaftlichkeit zu erwecken. Anders als in seinen soziologischen Werken fühlt sich Ziegler in seinen «Interventionsbüchern», wie er seine Streitschriften nennt, nicht der Objektivität und der Ausgewogenheit verpflichtet. Diese Bücher seien vielmehr eine Waffe, mit der er in die öffentliche Diskussion eingreife, sagte er einmal gegenüber dem Bayerischen Rundfunk:
«Wenn ein Buch nicht polemisch geschrieben ist, ist es eine stumpfe Waffe.»
Ziegler versteht sich in erster Linie nicht als Wissenschaftler, sondern als Intellektueller, und dies im Sinne der französischen Tradition. Anders als in der Schweiz, haben in unserem westlichen Nachbarland Intellektuelle immer eine wichtige gesellschaftliche und politische Rolle gespielt. Jean-Paul Sartre genoss in Frankreich hohes Ansehen, obwohl er ein ausgesprochener Provokateur war. Zu Beginn der siebziger Jahre schockierte der Existentialist die französische Öffentlichkeit mit seiner Parteinahme für die Maoisten, und einige Jahre später besuchte er den RAF-Terroristen Andreas Baader, den er als politischen Gefangenen betrachtete, im Gefängnis. Sartre konnte sich das in Frankreich als tonangebender Intellektueller erlauben, ohne damit zur Persona non grata zu werden.
«Intellektueller» für Rechtskreise noch heute ein Schimpfwort
In der Schweiz haftet dem Intellektuellen hingegen immer noch der Ruf eines elitären, abgehobenen Akademikers an. So haben es rechtskonservative Kreise zuweilen gar verstanden, den Begriff zu einem Schimpfwort zu machen, etwa bei der Wahl des Publizisten Roger de Weck zum SRG-Generaldirektor. Im Historischen Lexikon der Schweiz wird der Intellektuelle zwar als eine Persönlichkeit beschrieben, «die sich mit dem ganzen Gewicht ihres Ansehens für eine Sache engagiert». Anders als in Frankreich, war deren Einfluss aber in unserem kleinen Land nie sehr gross. Historisch waren es vornehmlich konservative Persönlichkeiten, wie Gonzague de Reynold oder Jakob Burckhardt, die sich als Intellektuelle in die öffentliche Debatte einschalteten.
Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch provozierten ohne Folgen
Die Denker, die die Nachkriegsjahre hervorgebracht haben, wie etwa die Schriftsteller Max Frisch oder Friedrich Dürrenmatt, waren jedoch politisch eher schwer einzuordnen. Im Gegensatz zur Anerkennung ihrer grossen literarischen Bedeutung, wurde ihre Gesellschaftskritik weniger zur Kenntnis genommen. Wenn sie sich zu gesellschaftlichen Fragen äusserten, gestand man ihnen wohl eine gewisse Narrenfreiheit zu, ohne ihre Meinungsäusserungen allerdings allzu ernst zu nehmen. Als Dürrenmatt in seiner legendären Rede anlässlich der Verleihung des Gottlieb-Duttweiler-Preises 1990 an den damaligen Präsidenten der Tschechoslowakei, Vaclav Havel, die Schweiz mit einem Gefängnis verglich, in dem die Insassen gleichzeitig ihre eigenen Wärter seien, zuckten die Zuhörer verständnislos die Achseln. Die Provokation blieb ohne Folgen, es entstand keine gesellschaftliche Kontroverse aus dieser Publikumsbeschimpfung.
Niklaus Meienberg und Jean Ziegler hauten auf die Pauke
In der Zeit der bewegten Achtundsechziger erhoben dann dezidiert Linke wie Niklaus Meienberg und eben Jean Ziegler mit pointierten Äusserungen ihre Stimme. Beide waren überzeugt, dass sie nur gehört würden, wenn sie richtig auf die Pauke hauen.
Ziegler beruft sich immer wieder auf Sartre als seinen Lehrmeister. «Wer die Menschen lieben will, muss sehr stark hassen, was sie unterdrückt», heisst ein von Sartre geprägter und von Ziegler gern zitierter Satz. Wie Sartres Hass auf den französischen Kolonialismus sitzt auch Zieglers Hass auf den Schweizer «Raubtierkapitalismus», wie er ihn nennt, sehr tief. Dies wird schon aus dem martialischen Vokabular deutlich, das er im Buch Eine Schweiz – über jeden Verdacht erhaben verwendet. Unter anderem beruft er sich darin auf Lenins Imperialismustheorie. Entsprechend heftig war die Entrüstung, die die Publikation dieses Buchs hervorrief.
Misstöne gab es jedoch auch in Zieglers eigenem Umfeld.
Rudolf Strahm und Beat Kappelers Texte «verradikalisiert»
Er hatte für dieses Buch unter anderem die Texte seiner beiden ehemaligen Studenten Rudolf Strahm und Beat Kappeler, die für einen ursprünglich geplanten, dann aber gescheiterten Sammelband bestimmt waren, verwendet. Die beiden Beiträge erschienen schliesslich in einer Schrift der entwicklungspolitischen Organisation Erklärung von Bern unter dem Titel Schweizer Kapital und Dritte Welt. Kappelers darin vertretene Thesen waren recht kritisch: «Die Schweiz ist Partei und ihre Finanzbeziehungen mit der Dritten Welt sind Herrschaftsbeziehungen», heisst es dort unter anderem. Doch insgesamt war sein Text in einer nüchternen Sprache gehalten. Strahm und Kappeler fanden zu ihrem Erstaunen Passagen ihrer Arbeiten in Zieglers Buch wieder, allerdings in einer stark veränderten Fassung. Ziegler erklärte dies mit einem Missverständnis, denn die Veränderungen seien vom Pariser Verlag ohne Rücksprache mit ihm vorgenommen worden. Strahm trägt Ziegler mittlerweile diese Verwendung seines Textes nicht mehr nach, obwohl er damals alles andere als begeistert war.
Beat Kappeler hat seinen Ärger bis heute nicht verwunden. Dass der Inhalt seines Textes nach seiner akribischen Rechnung an insgesamt siebenundvierzig Stellen stark verändert und «verradikalisiert» wurde, war nicht das einzige, was ihn störte. Obwohl Kappeler zu jener Zeit noch zur politischen Linken gehörte – er wurde ein Jahr später Sekretär des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes – passte ihm allein schon der Rahmen nicht, in dem sein Beitrag verwendet wurde.
Es kam deshalb zwischen ihm und Ziegler zum Bruch. «Ich teile Deine dichotomische Weltsicht nicht, ‹hier alle bürgerlichen Schreiber – hier die reinen Kämpfer›. Es gilt von diesem lächerlichen Kirchenbegriff loszukommen», schrieb er seinem ehemaligen Professor in einem Brief. Und weiter: «Wenn Du jedermann angreifst, indem Du ihn ins Lager des Feindes verweist, provozierst Du Reaktionen, die Dir notwendigerweise ungünstig sind.» Und so kam es auch. Das Buch wurde von Politikern, Wirtschaftsführern und Journalisten in Grund und Boden getreten. Allerdings machten sich nur wenige Kritiker die Mühe, sachlich auf Zieglers Thesen einzugehen. Anfänglich versuchten einige Medien gar, sie ihren Lesern vorzuenthalten.
Zensur hüben und drüben
Ein von Andreas Zgraggen – dem späteren Chefredaktor der Bilanz und der Berner Zeitung und ebenfalls ein ehemaliger Student Zieglers – auf Wunsch des Weltwoche-Feuilletons geführtes Interview wurde in letzter Minute aus dem Blatt genommen. Chefredaktor Hans O. Staub hatte bis zu diesem Zeitpunkt immer grosse Stücke auf Ziegler gehalten und ihn gegenüber dem Verlag in Schutz genommen. Doch nun wurde es ihm offenbar zu riskant. Auch vom Westschweizer Radio wurde ein mit Ziegler geführtes und im Programm bereits angekündigtes Gespräch kurzfristig abgesetzt. Die Zensur «kam von oben, von ausserhalb des Hauses, möglicherweise von der Regionaldirektion», vermutete der Tages-Anzeiger damals.
Nachdem die Katze nun aber aus dem Sack war, begann schliesslich trotzdem eine ganze Reihe von Zeitungen darüber zu berichten. Selbst in kleinen Lokalblättern, die sonst kaum Bücher rezensieren, erschienen Kommentare.
Einzig die NZZ liess sich fünf Wochen Zeit, um dann unter dem Titel «Monströses Marionettentheater» einen vernichtenden Verriss zu publizieren. Der Leser erfuhr bei der Lektüre allerdings nur sehr wenig über den Inhalt des Buches. Und das wenige, was im Kommentar wiedergegeben wurde, war teilweise falsch. So machte der NZZ-Redaktor zum Beispiel den Leser glauben, Ziegler stelle den Wehrwillen der Schweizer Milizarmee in Frage – was er überhaupt nicht getan hatte.
Als dann ein halbes Jahr später im Luchterhand Verlag die deutsche Übersetzung des Buches auf den Markt kam, erschienen in der NZZ innerhalb von acht Tagen nochmals insgesamt fünf Artikel. Dem Leser wurde auch diesmal nur wenig Einblick in Zieglers Gedankengebäude gegeben.
Angesichts des Gewichts, das diese Zeitung in der schweizerischen Meinungsbildung hat, entschloss sich Ziegler, mit einem Leserbrief zu reagieren:
«Dass die NZZ mit dieser Analyse nicht einverstanden ist, ist sozusagen natürlich. Aber warum ist sie unfähig oder unwillig, ihre Gegenthese zu formulieren, Diskussion zu führen über die Welt, wie sie ist? Dialog in der Schweiz … ich träume. Und bevor dieser Traum wahr wird – ich hab’s schon anderswo gesagt –, heiratet der Papst und tritt Breschnew in die Schweizerische Volkspartei ein (wo er auch hingehört).»
Was Ziegler wurmte, war nicht die Kritik an seinem Buch, sondern dass sich niemand mit ihm auf eine inhaltliche Diskussion einlassen wollte.
Mit wenigen Ausnahmen, fielen auch in den übrigen Medien fast alle Rezensionen äusserst negativ aus. Die NZZ war im Vergleich mit anderen Blättern noch relativ glimpflich mit Ziegler umgegangen. Ganz grobes Geschütz fuhr der Berner Bund auf. Die Zeitung zog am 25.November 1976 gar eine Parallele zwischen Ziegler und Oberstbrigadier Jean-Louis Jeanmaire, der einige Monate zuvor als Sowjetspion entlarvt worden war und dafür zehn Jahre hinter Gittern musste. Nicht nur seien beide Nestbeschmutzer, sondern ihnen sei auch gemein, dass sie mit Ausländerinnen verheiratet seien. Der Landesverräter Jeanmaire habe eine gebürtige Russin zur Frau, und Ziegler sei mit einer Ägypterin verheiratet. Die Schlussfolgerung des mit I.K. gezeichneten, fremdenfeindlichen Artikels: Sowohl bei militärischen Beförderungen wie bei Wahlen in den Nationalrat müsse in Zukunft ein ungeschriebenes Gesetz zur Geltung kommen, dass nur solche Kandidaten vorgeschlagen würden, die mit einer im Land geborenen Schweizerin verheiratet seien.
Sonst konzentrierten sich die Kommentare fast durchgängig auf die Fehler und Ungenauigkeiten, die Ziegler bei seinen Recherchen unterlaufen waren. Und davon gab es tatsächlich eine ganze Menge.
Allerdings waren die Versuche, Ziegler zu widerlegen, mit fast ebenso vielen falschen Behauptungen gespickt. Mit den Thesen setzte sich kaum einer der Kommentatoren wirklich auseinander. Der pauschale Hauptvorwurf lautete sinngemäss fast überall, Ziegler sei ein übler Nestbeschmutzer. Bestärkt wurden seine Kritiker in dieser Meinung schon dadurch, dass das Buch im Ausland, insbesondere in Frankreich, im Gegensatz zur Schweiz sehr wohlwollend aufgenommen worden war.
Einige der wenigen, die sich die Mühe einer ernsthaften Auseinandersetzung machten, waren der Ökonom Henner Kleinewefers und der Politologe Erich Gruner. Deren Aufsätze erschienen in einer Broschüre der Wirtschaftsförderung, der damaligen PR-Organisation des Vororts, der Vorgängerorganisation von Economiesuisse. Kleinewefers zerpflückte Zieglers Darstellung gewisser marktwirtschaftlicher Mechanismen, etwa die Kritik an den überhöhten Zinsen, die die Entwicklungsländer für ihre Kredite bezahlen müssten. Dass private Geldgeber für das Risiko von Unruhen, Enteignungen und ähnlichem einen Zuschlag auf den Zins schlagen, liege in der Logik des Marktes, lautete sein Einwand. Aber das war es ja gerade: Ziegler ist nicht bereit, diese Marktlogik zu akzeptieren. Er kämpft für eine Weltordnung jenseits der Marktgesetze. Wie diese aussehen soll, sagt er allerdings nicht. Die neu zu schaffende Gesellschaft sei ein Mysterium der Geschichte, pflegt Ziegler zu sagen.
Erich Gruner: «Ziegler berührt wunde Stellen»
Dass er hier seinen Gegnern eine klare Antwort schuldig bleibt, heisst nun aber nicht, dass es nicht legitim wäre, wenn Ziegler an den bestehenden Verhältnissen Kritik übt. Erich Gruner traf in seiner Schlussfolgerung den Nagel auf den Kopf: «Auch wenn Ziegler masslos verzerrt und damit seinen Anliegen einen schlechten Dienst erweist, soweit sie sachlich gerechtfertigt sind, berührt er doch zahlreiche wunde Stellen, die man bis jetzt laufend mit Pflastern überklebt hat.»
Geldwäscherei wurde bis 1998 offiziell toleriert
Tatsächlich war in der Schweiz zu jenem Zeitpunkt für den kriminellen Tatbestand der Geldwäscherei nicht einmal ein Pflaster vorgesehen. Es fehlte in der Öffentlichkeit und bei der Classe politique noch das entsprechende Problembewusstsein. Es brauchte mehr als zwanzig Jahre, bis der Bund 1998 endlich begann, mit einem Geldwäschereigesetz, das auch den Nichtbankensektor in die Pflicht nimmt, die von Ziegler an den Pranger gestellten Machenschaften zu bekämpfen. Heute wissen wir, dass das Weisswaschen von Geld aus kriminellen Aktivitäten nicht aus Einzelfällen bestand, wie es früher immer dargestellt wurde. Das zeigt schon die Tatsache, dass heute bei der Geldwäscherei-Meldestelle jährlich gegen tausend begründete Verdachtsmeldungen eingehen, die Milliarden von Franken betreffen. Und im Immobilienbereich fehlen immer noch die Instrumente für die Bekämpfung solcher Machenschaften.
Bankgeheimnis erst seit 2009 nach OECD-Standard
Auch Zieglers Voraussage, dass sich das Bankgeheimnis nicht werde halten können, mutet heute fast visionär an. Er war der erste Politiker, der die Missbräuche, die unter dem Deckmantel des Bankgeheimnisses getrieben wurden, anprangerte. Eine Durchlöcherung dieser Institution werde unweigerlich zur Katastrophe und zu einer Halbierung des Finanzplatzes führen, behaupteten die Banken damals. Seit März 2009 muss nun die Schweiz nach internationalem Druck die OECD-Standards anerkennen und die internationale Amtshilfe nicht nur in Fällen von Steuerbetrug, sondern auch bei einfacher Steuerhinterziehung akzeptieren. Und die UBS wurde gezwungen, die Daten von Tausenden von Kunden an die USA auszuliefern.
Für Ausländer existiert heute das herkömmliche Bankgeheimnis nicht mehr. Dennoch ist der Schweizer Finanzplatz deswegen nicht zusammengebrochen. Nicht Ziegler, sondern die Grossbanken selbst haben mit ihrer kurzsichtigen Geschäftspolitik massgeblich zur Schleifung des Bankgeheimnisses beitragen.
Banken nahmen Diktatorengelder lange gerne entgegen
Auch für eine gesetzliche Grundlage zur Rückerstattung von gestohlenem Volksvermögen durch Diktatoren, die nach dem blutrünstigen Despoten in Haiti benannte Lex Duvalier, brauchte es über dreissig Jahre. Das sind die von Ziegler damals erwähnten wunden Punkte, die Gruner ganz offensichtlich meinte.
Vieles lief nach Zieglers Drehbuch ab
Auch wenn Ziegler viele Fakten verdrehte oder falsch dargestellt hatte: Der ein Jahr nach dem Erscheinen seines Buches bei der Schweizerischen Kreditanstalt SKA aufgeflogene Chiasso-Skandal gab ihm in vieler Hinsicht Recht. Innerhalb der Tessiner SKA-Filiale war damals heimlich eine Bank mit italienischen Fluchtgeldern aufgebaut worden. Die Generaldirektion der Grossbank hatte ihre Kontrollfunktion sträflich vernachlässigt. Die von den Gegnern einer griffigen Gesetzgebung immer wieder beschworene Selbstregulierung und Selbstverantwortung hatte einmal mehr versagt. Heute ist man fast versucht zu sagen, Ziegler habe vor über dreissig Jahren das Drehbuch zu dem geschrieben, was danach passierte, wenn auch in literarisch stark verfremdeter Form.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine