Flickr_Euro

Euro noch über Wasser – Einmal mehr Staatshilfe für Banken und Versicherungen © twinsearcher/flickr

Euro-Rettung: Die Spekulanten werden belohnt

upg /  Banken und Versicherungen haben sich in Griechenland verspekuliert. Dank Staatshilfe kommen sie jetzt mit einem blauen Auge davon.

Schon wieder bitten Europas Regierungen die Steuerzahler mit Milliarden zur Kasse, um damit Banken und Versicherungen unter die Arme zu greifen. Diese hatten Griechenland-Anleihen gekauft, weil diese hohe Zinsen einbrachten. Doch jetzt, wo sich diese Staatspapiere als Fehlspekulation entpuppen, helfen ihnen die EU-Regierungen erneut aus der Patsche.
Europas Staaten übernehmen jetzt das gesamte Risiko einer Zahlungsunfähigkeit Griechenlands und sitzen auf über 200 Milliarden Euro Krediten, die hinten und vorne nicht abgesichert sind.
Staatsgarantie für Banken und Versicherungen
Wer heute an der Börse griechischen Staatsobligationen verkaufen möchte, erhält noch etwa 55 Prozent ihres Nominalwertes, muss also einen Abschreiber von 45 Prozent in Kauf nehmen. Die EU-Regierungen haben jetzt Banken und Versicherungen angeboten, dass diese höchstens 21 Prozent ihrer griechischen Guthaben verlieren und der Rest zu Lasten der Steuerzahler geht. Dabei müssen die Banken nicht einmal einen Abschreiber vornehmen, sondern nur die Laufzeiten ihrer Guthaben zu bestimmten Zinsen verlängern. Die 21 Prozent Verlust seien eine rein theoretische Berechnung, erklärte Wirtschaftsprofessor Peter Bofinger, Mitglied des deutschen Sachverständigenrats der Regierung, am 26. Juli in der ARD-Sendung Plusminus.
Damit nicht genug: Gleichzeitig erhalten Banken und Versicherungen faktisch eine Staatsgarantie: Sollte es nämlich in Griechenland trotz des neuen «Hilfspakets» zu einer grossen Umschuldung mit noch grösseren Abschreibern kommen, dann würde die «Europäische Finanzstabilitätsfazilität» EFSF, im Klartext die Steuerzahler der EU-Länder, alle weiteren Verluste der Banken und Versicherungen übernehmen.
Kein Wunder, zeigen sich auch die beiden Schweizer Versicherungskonzerne «Swiss Re» und «Zürich Financial Services» sowie die Credit Suisse «bereit», sich am Hilfspaket zu beteiligen. Nach eigenen Angaben besitzt die «Swiss Re» allerdings praktisch keine ausstehenden Guthaben in Griechenland. Die «Zürich» gibt laut NZZ an, nur 27 Millionen Euro in griechische Staatspapiere investiert zu haben, die Credit Suisse unter hundert Millionen. Die Credit Suisse habe Ende März 3,9 Milliarden Euro Kredite an griechische Banken und Unternehmen offen stehen, die von der Umschuldung vorläufig nicht betroffen sind.
«Joe Ackermann is the winner»
Im Namen der Banken verhandelte in Brüssel Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank. «He is the winner», schreibt René Zeyer, Autor des Buchs «Bank, Banker, Bankrott», im Portal «Journal21». Für seinen Auftritt müsste Ackermann von Hollywood den Oscar als bester ausländischer Schauspieler bekommen. Ackermann vertrat in Brüssel das «Institute for International Financing», die wichtigste Vereinigung des Finanzkapitals, als Präsident: «Die übrigen Anwesenden repräsentierten zwar Regierungen, aber nicht die Macht», stellt Zeyer fest.
Ackermann befürchtete erklärtermassen (und befürchtet wahrscheinlich immer noch), dass Griechenland seine Schulden nie wird zurückzahlen können: «Die Geldhäuser würden auf ihren Forderungen sitzen bleiben.» Dann behauptet er keck, dass die «Beteiligung» der Banken am neuen Rettungspaket eine künftige grosse Umschuldung verhindere. Ob er damit recht hat, kann dem Vertreter des Finanzkapitals egal sein: Bei einer kommenden Staatspleite sind die Banken und Versicherungen seit dem jüngsten EU-Gipfel fein raus.
Bankaktien notieren höher
Dass den Banken ein guter Deal gelungen ist, zeigen auch die deutlich gestiegenen Aktienkurse von Banken, die noch auf griechischen Papieren sitzen. Auch der Wirtschafts-Nachrichtendienst Reuters bestätigt: «Die Banken kommen bei der Griechen-Rettung mit blauem Auge davon». Denn Wirtschaftsprüfer und Top-Banker hätten mit einem Abschreiber von 30-50 Prozent gerechnet. «Zwischen Banken, die null wollten, und Politikern, die deutlich mehr wollten, hat man eben eine Mitte von 21 Prozent gefunden», zitiert Reuters Oliver Flade, Fondsmanager bei Allianz Global Investors. Ökonomisch gerechtfertigter wäre nach Ansicht Flades ein Abschreiber von 40 bis 50 Prozent gewesen.
Der Abschlag von maximal 21 Prozent bedeutet für die europäischen Banken ausserhalb Griechenlands laut Reuters einen Verlust von höchstens fünf bis sechs Milliarden Euro. Grösster Gläubiger in dieser Gruppe sei die französische BNP Paribas, die fast eine Milliarde Euro abschreiben müsse.
Banken brachten ihre Schäfchen bereits ins Trockene
Banken und Versicherungen warteten nicht ab, bis die EU-Regierungen ein neues «Rettungspaket» schnürten, sondern konnten einen grossen Teil ihrer griechischen (und auch portugiesischen) Obligationen zum Nominalwert an die Europäische Zentralbank abgeben oder haben sie möglicherweise in Portefeuilles von Kunden verschoben, die so unvorsichtig waren und ihnen für die Verwaltung ihres Vermögens eine Generalvollmacht unterschrieben haben.
In Zahlen: Ende 2008 hatten Banken und Versicherungen noch 218 Milliarden Dollar griechische Papiere in ihren Büchern, Ende 2010 bloss noch 146 Milliarden. «Die Gläubiger machen sich heimlich aus dem Staub», berichtete die NZZ im Börsenteil.
Letzte Woche hatten die Banken ausserhalb Griechenlands nur noch für rund 30 Milliarden Euro griechische Papiere.

Tagesschau: «Ein bemerkenswerter Schritt»

Statt die neue Rettungsrunde zugunsten von Banken und Versicherungen beim Namen zu nennen, bezeichnete es die Tagesschau als «bemerkenswerten Schritt», dass sich die Banken und Versicherungen «an der Bewältigung der Krise beteiligen». Die Tagesschau weckte beim Publikum den Eindruck, dass die Banken grosszügig und «freiwillig» entgegen gekommen sind. Normal wäre es für die Tagesschau offenbar gewesen, dass die Steuerzahler sämtliche heutigen und kommenden Verluste der Banken mit griechischen Staatspapieren voll übernehmen.
Sozialismus bei Banken und Versicherungen bereits Realität
Banken und Versicherungen hatten – gegen hohe Zinsen – blindlings in griechische Papiere investiert. Diese Fehlspekulation wird jetzt auf Kosten der Steuerzahler belohnt: Der Grossteil der Gewinne bleibt bei den Konzernen, während die Verluste sozialisiert werden. «Eine Sozialisierung von leichtfertig, ja teilweise kriminell angehäuften Schulden», nennen es Kritiker in Deutschland.
Regierungen unterliegen dem Einfluss der Banken
Das jüngste «Rettungspaket» zeigt mit aller Deutlichkeit zwei Dinge: 1. Regierungen und Parlamente erliegen auch nach der letzten grossen Finanzkrise dem Einfluss der Banken, so dass diese ihre Risiken und Verluste weiterhin sozialisieren können. 2. Steuerzahler bekommen Milliarden an Verlusten und Risiken aufgebrummt, ohne dass sie etwas dazu zu sagen haben.
Der Weg zu einer Plutokratie, also Herrschaft der Reichen, ist nicht mehr lang.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

3065502515_fcf0d5f0f2

Die Euro- und Währungskrise

Noch mehr Geldspritzen und Schulden bringen die Wirtschaft nicht mehr zum Wachsen. Sie führen zum Kollaps.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.