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Professorin Susanne Kalss: Leitfaden für Verwaltungsräte © flickr

Frauenquote in Verwaltungsräten mit Sanktionen

Barbara Marti /  Frankreich hat eine Frauenquote für Aufsichtsräte beschlossen. In Italien und Belgien liegen ähnliche Vorschläge dem Parlament vor.

In Frankreich müssen die Aufsichtsräte (Verwaltungsräte) französischer Unternehmen bis 2014 mindestens zu einem Fünftel aus Frauen bestehen. Bis 2017 muss der Frauenanteil mindestens 40 Prozent erreichen. Unternehmen, die noch keine einzige Frau in ihrem Aufsichtsrat haben, müssen sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes mindestens ein weibliches Mitglied haben.

Drastische Sanktionen

Diese Quotenregelung hat das Parlament abschliessend beschlossen, berichtet «Le Monde». Betroffen sind alle börsennotierten Unternehmen sowie alle Unternehmen mitmehr als 50 Millionen Euro (65 Millionen Franken) Umsatz oder mehr als 500 Mitarbeitenden. Unternehmen, welche die Quote nicht erfüllen, müssen mit Sanktionen rechnen: Die Wahl von männlichen Mitgliedern wird nicht rechtskräftig und diese Aufsichtsratsmitglieder dürfen für ihre Anwesenheitin den Sitzungen nicht bezahlt werden. Diese Sanktionen seien wirkungsvollerals Geldbussen, sagt Jean-François Copé, Fraktionschef der konservativen Regierungspartei UMP, der die Quotenregelung zusammen mit seiner Parteikollegin Marie-Jo Zimmermann vorgeschlagen hatte.

Belgien: Ebenfalls Quoten mit Sanktionen

In Belgien hat eine Parlamentskommission ganz knapp einer 30-Prozent-Quotefür Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen zugestimmt. Sanktionen sind ähnliche vorgesehen wie in Frankreich: Die Neuwahl von männlichen Mitgliedern in den Aufsichtsrat wird nicht rechtskräftig. Zudem ist jeder Entscheid eines Aufsichtsrates, welcher die Quote nicht erfüllt, nicht rechtsgültig. Die Gegner der Quote haben darauf erreicht, dass der Vorschlag zuerst dem Staatsrat, dem obersten Verfassungsgericht, zur Prüfung vorgelegt und die Parlamentsdebatte entsprechend verzögert wird.

Italien: Arbeitgeber wollen Quote aufschieben

In Italien sollen ab dem kommenden Jahr 20 Prozent der Sitze in den Aufsichtsgremien börsennotierter Gesellschaften für Frauen reserviert sein. Diese Quote soll 2015 auf 30 Prozent steigen. Unternehmen, die sich nicht daran halten, droht nach einer Verwarnung und einer Busse die Auflösung des Aufsichtsrats. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat die Regierungskoalition verabschiedet. Die Opposition will ihn im Parlament unterstützen. Die Arbeitgeber begrüssen offiziell die Quote, lobbyieren nun aber offenbar dafür, sie für mindestens zehn Jahre aufzuschieben, berichtetdie Nachrichtenagentur Reuters. Sanktionen lehnen die Arbeitgeber ab.

Österreich: Quoten für Staatsbetriebe

In Österreich hat sich die Regierung verpflichtet, in Aufsichtsräten von staatsnahen Betrieben bis 2018 eine Frauenquote von 35 Prozent zu erreichen. Konkret geht es um 55 Unternehmen, an denen der Staat einen Anteil von mehrals 50 Prozent hält. Dazu gehören beispielsweise die Österreichische Nationalbank, die Autobahnbetreiberin ASFiNAG oder auch die Österreichische Bundesbahnen Holding. Sanktionen sind keine vorgesehen. Wenn der Frauenanteil von 35 Prozent bis 2018 nicht erreicht ist, soll es eine gesetzliche Quote geben.

Norwegen: Quoten seit drei Jahren in Kraft

In Norwegen werden Aktiengesellschaften, die den Frauenanteil von mindestens 40 Prozent im Aufsichtsrat nicht erreichen, von der Börse ausgeschlossen und aufgelöst. Seit das Gesetz vor drei Jahren in Kraft getreten ist, sind zahlreiche Unternehmen in andere juristische Betriebsformen geflüchtet: Im Jahr 2002, als das Gesetz entworfen wurde, gab es 650 börsennotierte Unternehmen. Als das Gesetz in Kraft trat, waren es noch 500 und letzten Herbst nur noch 357, wie aus Zahlen des «Center for Corporate Diversity» in Oslo hervorgeht. Ein Drittel der Firmenchefs gab als Grund für die neue Unternehmensform die Quotenpflicht an. Anfang dieses Jahres hat die Regierung angekündigt, die Frauenquote von 40 Prozent auf andere betriebliche Rechtsformen zu erweitern.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Herausgeberin und Redaktorin der Zeitschrift «FrauenSicht»

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