Gates Ghebreyesus.Gates Foundation

Bill Gates (links) und WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus © Gates Foundation

WHO gerät immer mehr in Abhängigkeit von Bill Gates & Co.

Urs P. Gasche und Martina Frei /  Die Staaten haben die Weltgesundheitsorganisation finanziell ausgehungert. Private Stiftungen sind nicht ohne Interessenkonflikte.

Red. In einem ersten Teil informierten wir, wie das Bill-Gates-Netzwerk die Corona-Politik dominierte. In diesem zweiten Teil gehen wir näher auf die WHO und den mächtigen «Wellcome-Trust» ein, der auch Gelder von Gates erhält.


Die WHO ist eine krankgesparte Behörde

Die Weltgesundheitsorganisation, früher eine Eingreiftruppe mit üppiger finanzieller Ausstattung zur Bekämpfung von Volkskrankheiten wie den Pocken, wurde drei Jahrzehnte lang kleingespart. Der Grund dafür war die weltweite Schuldenkrise in den frühen Neunzigerjahren. Damals mahnten die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF), die Nationalstaaten sollten ihre Beitragszahlungen an die WHO zurückfahren, das seien unproduktive Ausgaben. Es gab damals kein Bewusstsein dafür, dass die Probleme in Afrika in ihren Auswirkungen nicht regional begrenzt sind. Dürren, Bürgerkriege und Infektionskrankheiten treiben die Menschen nach Europa und in die USA und stellen die Politik des Westens vor grosse Herausforderungen. 

Die WHO ist inzwischen vom Gates-Netzwerk abhängig, das seit Ausbruch der Corona-Pandemie bis heute fast zehn Milliarden Dollar für die Bekämpfung des Virus verteilt hat. In den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 gingen mehr als 1,4 Milliarden Dollar an die WHO. Das heisst, das Netzwerk war der wichtigste Geldgeber der WHO, vor den USA oder der EU. Das geht aus Dokumenten und Zeugenaussagen hervor, welche Journalisten der «Welt am Sonntag» und der Online-Plattform «Politico» nach eigenen Angaben während sechs Monaten zusammengetragen haben.

Zweckgebundene Gelder

Heute ist die WHO zu 80 Prozent auf freiwillige Zuwendungen angewiesen. Die Spenden kommen von den Mitgliedstaaten und von privaten Stiftungen oder von Pharma-Unternehmen. Das Hauptproblem: Ein grosser Teil dieser Spenden ist zweckgebunden (2018/2019: 3,6 Milliarden US-Dollar, 2020/2021: rund 4,8 Milliarden US-Dollar). Das heisst, der Spender legt fest, wofür die WHO dieses Geld ausgeben darf. Also welche Forschung gefördert wird, welche medizinischen Massnahmen ergriffen werden und in welchem Land.

Drehtür-Effekte

Auch Spitzenpersonal haben die WHO und die Philanthropen häufig getauscht. Viele Experten wechselten von der Behörde zum Gates-Netzwerk oder umgekehrt. Beispielsweise Chris Wolff, Gates Vize-Direktor für Länderpartnerschaften. Er war vorher für die WHO tätig. Oder Jeremy Farrar, der Direktor des «Wellcome Trust». Er leitete bis Oktober 2021 eine Beratergruppe, die der WHO Vorschläge unterbreitete, welche Forschungsprojekte mit Blick auf Covid zu unterstützen seien. 

Anfang Februar 2020, kurz nach Ausbruch der Pandemie, organisierten die Gates-Stiftung und der «Wellcome Trust» in Genf ein Treffen mit mehr als 300 führenden Gesundheitsexperten. Das Ziel: ein grober Schlachtplan für die Entwicklung von Impfstoffen, Tests und Medikamenten für die kommenden Monate. 

Sie einigten sich darauf, dass die Nationalstaaten, die WHO, private Stiftungen und die Pharmaindustrie sicherstellen sollen, dass so schnell wie möglich Impfstoffe und Medikamente entwickelt werden. 

Bald zeigte sich, dass nicht die WHO dieses Vorhaben anführte, sondern das Netzwerk um Gates. 

Die Gates Foundation, der «Wellcome Trust», CEPI und GAVI wollten, dass die Pandemie mit den von ihnen präferierten Mitteln bekämpft wird: mit grossen Subventionen der Nationalstaaten – und ohne Aussetzung des Patentrechts. 

Die Nationalstaaten haben die Führung und Kontrolle weltweiter Gesundheitsmassnahmen abgegeben. Klaus Schwab, Vorsitzender des Weltwirtschaftsforums WEF, stellte in der NZZ vom 17. September fest:

«Bei der Förderung der Zusammenarbeit und der Bewältigung globaler Herausforderungen ist die Rolle der Wirtschaft nach wie vor entscheidend.»

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Quellen: «Welt am Sonntag», «Politico», ZDF Nachrichten


Der Wellcome-Trust investiert in Pharmakonzerne

Für das «British Medical Journal» (BMJ) recherchierte der Journalist Tim Schwab Hintergründe zum «Wellcome Trust». Dabei handelt es sich um eine gemeinnützige, etwa 38 Milliarden schwere Forschungsstiftung, die 1936 mit dem Erbe des Pharmaunternehmers Henry Wellcome gegründet wurde. Mindestens 1,1 Million Dollar setzte der «Wellcome Trust» laut «Politico» in den letzten zwei Jahren für Lobbyarbeit in Europa ein. 

Hier einige Ergebnisse der Recherche von Tim Schwab, die im März 2021 veröffentlicht wurde:

  • Wie der Covid-19-Pandemie begegnet werde, bestimmten nicht nur Regierungen und die WHO, sondern auch ein «Geflecht von öffentlich-privaten Partnerschaften zwischen Arzneimittelherstellern und privaten Stiftungen», stellte Schwab fest. Eine führende Stimme in diesem Geflecht sei der «Wellcome Trust», einer der «weltweit grössten Geldgeber für die Gesundheitsforschung». 
  • Der «Wellcome Trust» gründete laut eigenen Angaben zusammen mit der «Bill und Melinda Gates Stiftung» und «Mastercard» den «Covid-19 Therapeutics Accelerator». Das Ziel dieses Projekts: Milliarden von Dollar aufzubringen, um in den nächsten Jahren für Hunderte von Millionen Menschen Covid-Behandlungen bereitzustellen, darunter Dexamethason und eine Reihe von monoklonalen Antikörpern. Woran geforscht und was wie weiter entwickelt wird, beaufsichtigen der Wellcome Trust, die «Bill und Melinda Gates Stiftung» und die WHO über den «Covid-19 Therapeutics Accelerator». 
  • Der Journalist fand heraus, dass der «Wellcome Trust» gleichzeitig in Firmen investierte, die diese Medikamente herstellen. So hielt dieser beispielsweise Roche-Aktien im Wert von 252 Millionen englischen Pfund. Roche hilft bei der Herstellung von Antikörpern gegen Covid-19.
    275 Millionen Pfund investierte der Trust in Novartis-Aktien. Novartis stellt Dexamethason her und erforscht Schwab zufolge weitere Therapeutika.
  • Zwei Millionen Aktien hält der Trust an Abbott Laboratories, einer der bekanntesten Firmen, die Coronatests herstellen. Von Juli bis Oktober 2020 stieg der Wert dieser Aktien gemäss dem «BMJ»-Artikel von 178 Millionen auf 212 Millionen US-Dollar.
  • Mindestens 1,25 Milliarden £ investierte der Trust (direkt oder indirekt über seine Aktien in eine Investment Firma) in Hersteller von Covid-19-Diagnostika oder -Therapeutika: Roche, Johnson & Johnson, Abbott, Siemens, Novartis, Merck, AbbVie, Biogen und Teva, zählt Tim Schwab auf. Details wollte der «Wellcome Trust» gegenüber dem «BMJ» nicht offenlegen. Der «Wellcome Trust» verneinte einen Interessenkonflikt. Man würde Entscheidungen und Empfehlungen immer im Interesse der öffentlichen Gesundheit treffen. Auch ein Leserbriefschreiber fand nichts dabei: Der «Wellcome Trust» würde einfach das fortsetzen, was die Pharmafirma «Wellcome», aus der er hervorging, auch getan habe: In Forschung investieren und die Gewinne wieder in nutzbringende Forschung stecken.
  • Dem Jahresbericht 2020 zufolge erzielte der Trust im Jahr 2020 mit all seinen Investitionen einen Gewinn von 3,3 Milliarden £ – dreimal mehr, als die Summe, die der «Wellcome Trust» für gemeinnützige Zwecke ausgegeben habe, berichtet Tim Schwab. 
  • Der Direktor des Wellcome Trusts, Jeremy Farrar, war bis vor kurzem Teil des Gremiums, das die britische Regierung in Notfallsituationen wie der Pandemie berät. Bis Oktober 2021 leitete er eines der wissenschaftlichen Beratungsgremien, das die WHO berät. Zudem ist er Vorstandsmitglied bei CEPI und ein oft in den Medien zitierter Experte. Er redet auch mit, wenn es um die Frage geht, ob und wo der «Wellcome Trust» sein Geld investiert.
  • Laut dem «Wall Street Journal» hielt der «Wellcome Trust» schon im Januar 2020 – also ganz zu Beginn der Pandemie – Telefonkonferenzen mit privaten Investmentfirmen, in denen Farrar vor dem, was kommen würde, warnte. Daraufhin hätten die Firmen ihre Portfolios umgebaut, um Verluste zu reduzieren oder mehr Gewinne einzufahren. Zwei dieser Firmen – Blackstone und Sequoia – zahlten in den letzten Jahren Dividenden an den «Wellcome Trust» aus. Ob der Trust auch zum Zeitpunkt der Telefonkonferenzen dort investiert hatte, legte er gegenüber Schwab nicht offen. 
  • Im Jahr 2015 wurde der «Wellcome Trust» öffentlich kritisiert, weil er auch in Ölfirmen investierte, was sich schlecht vertrage mit seinen humanitären Absichten. Farrar erwiderte auf die Kritik, dass der Trust als Investor die Ölfirmen zu einem besseren Verhalten bewegen wolle. 
  • Das Wissenschaftsmagazin «Science» berichtete 2018, dass der wohltätige «Wellcome Trust» fast eine Milliarde US-Dollar in offshore Firmen investierte hatte, vermutlich, um Steuern zu sparen. Darunter war auch ein Fonds auf den Cayman Inseln, der in stark umweltverschmutzende Treibstoffe für Schiffe investierte.
  • Der «Wellcome Trust» arbeitet immer wieder mit der «Bill & Melinda Gates Stiftung» zusammen. So waren beide beispielsweise am «World Economic Forum» im Jahr 2017 an der Gründung von «CEPI» beteiligt, der «Coalition for Epidemic Preparedness Innovations». In einem Artikel in «The Lancet», den Jeremy Farrar mitverfasst hat und in dem CEPI vorgestellt wurde, stand: CEPI soll die Entwicklung von Impfstoffen vorantreiben und sicherstellen, dass deren «Preis keine Hürde für die Bevölkerungen ist, die sie am meisten benötigen.»

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Eine Meinung zu

  • am 24.09.2022 um 12:02 Uhr
    Permalink

    Es ist schwierig, nicht Verschwörungstheoretiker zu sein. Theorien gelten dann als richtig, wenn Falsifikationsversuche scheitern.

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