Mosambik.Hunger.RiceKids

Die Rückzahlung von skandalös vergebenen Krediten der Credit Suisse verstärkt in Mosambik Hunger und Elend. © RiceKids

Die UBS will sich mit geheimem Vergleich aus der Affäre ziehen

Thomas Kesselring /  Der Milliarden-Skandal in Mosambik, an dem die CS beteiligt war, ist weder für die UBS noch für Mosambiks Bevölkerung erledigt.

Red. Thomas Kesselring berichtete auf Infosperber seit 2016 über den Kreditskandal in Mosambik, in den die Credit Suisse verwickelt war.  Es ist eine der noch nicht verdauten Altlasten, welche die UBS übernommen hat. Kesselring unterrichtete jahrelang an einer Universität in Mosambik. 

Anstatt die Zahlungsverpflichtungen nach diesem Grossbetrug gerichtlich abklären zu lassen, schloss die UBS als Nachfolgerin der CS mit dem Staat Mosambik kurz vor Prozessbeginn in London einen aussergerichtlichen Vergleich ab. An einem öffentlichen Verfahren waren weder die Verantwortlichen in Mosambik noch die UBS interessiert. Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern, kommentierte, die UBS sei grundsätzlich «bereit gewesen, fast jeden Preis zu zahlen, um dieses Problem zu lösen». Und der SRF-Journalist Harry Stitzel ergänzte, die UBS habe dem Land angeboten, «noch ausstehende Schulden über 100 Millionen Dollar zu erlassen». 

Vieles bleibt im Dunkeln. Doch ein halbes Jahr später ist ein erster Blick hinter die Kulissen möglich. 

Der Inhalt des UBS-Mosambik-Vergleichs soll geheim bleiben

So heftig die Credit Suisse wegen ihrer langjährigen Misswirtschaft geschmäht wird, so hoch gepriesen wurde die UBS für diesen Vergleich mit Mosambik. Für die Bank, die sich noch mit vielen anderen Problemen aus der CS-Erbschaft konfrontiert sieht, ist dieser Vergleich zweifellos ein grosser Coup. Doch wie sieht das Ergebnis für die Bevölkerung in Mosambik aus?

Der Londoner High Court hatte für Oktober 2023 den Beginn der Gerichtsverhandlungen angekündigt, in denen über diverse Klagen und Gegenklagen zum Schlamassel der geheimen Kredite der CS an Mosambik («hidden debt») entschieden werden sollte. Abgesehen vom aussergerichtlichen Vergleich der UBS mit Mosambik vom 30. September 2023 hörte man nichts mehr davon.

Der Inhalt des Vergleichs sollte geheim bleiben. Doch das gelang nur teilweise. Denn der Staat Mosambik verfügt weder über die liquiden Mittel noch über genügend jährliche Einnahmen, um in nächster Zeit auch nur einen kleinen Teil der Kredite zurückzuzahlen. Daher nahm das Finanzministerium für die fehlenden Mittel Staatsanleihen auf, und dies wiederum konnte den Bürgerinnen und Bürgern Mosambiks nicht lange verborgen bleiben.

Also forderte das FMO (Forum de Monitoria do Orçamento) – ein Zusammenschluss von überwiegend mosambikanischen Nichtregierungs-Organisationen, zu denen aber auch die Helvetas gehört – vor drei Monaten von der Regierung die Offenlegung der Einzelheiten der Einigung mit der UBS. Das geht aus einem kürzlichen Artikel der zivilgesellschaftlichen Organisation Centro de Integridade Publica (CIP) hervor. 

Eine Antwort der Regierung in Mosambik steht bisher aus.

Mosambiks Schwierigkeiten mit der Schulden-Rückzahlung

Die DEZA bestätigt, dass die Schweiz diese Organisation seit ihrer Gründung unterstützt: «Die NGO Center for Public Integrity CIP ist heute die führende mosambikanische NGO, die vor demokratiepolitischen Folgen der Korruption warnt. CIP ist Mitglied der Dachorganisation FMO.»

Das CIP veröffentlichte kürzlich eine Einschätzung der wirtschaftlichen Folgen der Schuldentilgung, welche auf die mosambikanische Gesellschaft zukommen könnten. 

Bei dieser Einschätzung sticht zunächst ins Auge, mit welcher Strategie Mosambik die Rückzahlung finanzieren will. Es geht vorerst um die Rückzahlung einer ersten Kredittranche in Höhe von 142 Millionen Dollar. Die Regierung nimmt dafür Staatsanleihen mit einer Laufzeit von sechs Jahren auf. Das Problem dabei sind die hohen Zinsen, die den Gläubigern wegen der geringen Bonität mosambikanischer Anleihen bezahlt werden müssen. Für Papiere ähnlicher Art zahlte Mosambik im Jahr 2023 einen durchschnittlichen Jahreszins in Höhe von 17,78 Prozent. 

Addiert man zur Höhe der neuen Staatsanleihe die Zinsen samt Zinseszinsen über die vorgesehene Laufzeit, so erhöhen sich die Aufwendungen für die Tilgung der anstehenden Schuldentranche auf gut 250 Prozent ihres Betrages.

Jeder Betrag, um den dem afrikanischen Land ein Schuldenerlass gewährt wird, wäre hochwillkommen. Andeutungen der Art, wie sie Peter V. Kunz und Harry Stitzel in ihren eingangs zitierten Aussagen machten, liessen Mosambik hoffen. Doch Informationen, die inzwischen an die Öffentlichkeit drangen, zeigen für Mosambik ein düsteres Bild. 


Kurzer Rückblick auf den CS-Kreditskandal mit Mosambik

2013 und 2014 zahlten die Londoner Filialen der Credit Suisse und der russischen Staatsbank VTB Kredite von insgesamt 1007 Millionen Dollar an die libanesische Schiffbaufirma Privinvest, die für Mosambik Marineschiffe zum Küstenschutz bauen sollte. Drei CS-Banker in London trieben in Absprache mit der Schiffbaufirma die Kredite künstlich in die Höhe. Zu diesem Zweck sollten Teile eines zweiten Kredits in den Bau einer Thunfisch-Fangflotte fliessen («Ematum»-Kredit, für Empresa moçambicana do atum = Thunfisch-Unternehmen). Aus einem mittelgrossen wurden schliesslich drei Monster-Kredite, die gegenüber IWF, Weltbank und Geberländern geheim gehalten wurden. Daher die Bezeichnung «Hidden-Debt-Skandal». Das mosambikanische Parlament wurde umgangen, die Staatsgarantien für die Kredite waren deshalb verfassungswidrig. 

Das Unternehmen wuchs sich zum grössten Finanzskandal in Schwarzafrika der letzten Jahrzehnte aus. 200 Millionen Dollar Schmiergelder flossen an drei CS-Banker, mosambikanische Beamte und den Sohn des damaligen Präsidenten Guebuza. Die gelieferten Schiffe waren überteuert und nicht einsatzfähig. Seit 2019 befassen sich die Gerichte in mindestens fünf Ländern mit der Aufarbeitung.

Im September 2013 berichteten die mosambikanischen Medien erstmals über den Skandal, seit Frühjahr 2015 wurde die Credit Suisse als Kreditgeberin genannt, und als im April 2016 die Geheimhaltung aufflog, wurden auch die internationalen Medien aufmerksam. Der Internationale Währungsfonds und die Geberländer stoppten die Budgethilfe an Mosambik. Das Land wurde zahlungsunfähig, die Wirtschaft brach ein, mindestens eine Million Menschen fiel in die absolute Armut zurück.

Die Deza erklärt auf Anfrage, inwiefern ihr Engagement von diesen Folgen betroffen ist: «Es steht fest, dass die sogenannten ‹hidden debts› die Armut in Mosambik verschärft haben.» In den fünf Jahren nach 2014/15 sei «der Prozentsatz der Mosambikanerinnen und Mosambikaner, die unter der Armutsgrenze leben, von 48 auf 63 Prozent gestiegen». Auf die Arbeit der Deza wirke sich der Schuldendienst ungünstig aus wegen «Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der reduzierten Ausgaben der Regierung in Bildung, Gesundheit und Landwirtschaftsförderung».

Unter den Fehlleistungen, die zum Untergang der CS führten, ist der «Hidden-Debt»-Skandal derjenige mit den schwerwiegendsten Folgen.

2018/19 klagte ein New Yorker Gericht die fehlbaren CS-Banker an und machte ihnen den Prozess. Der Verwaltungsrat der CS scheint sich erst zu diesem Zeitpunkt der Tragweite des Schlamassels bewusst geworden zu sein, schob die Verantwortung aber auf das «Deal-Team» in London ab und verzichtete auf eine interne Untersuchung. Die Schweizer Medien informierten über diesen Skandal nur spärlich. Seit dem aussergerichtlichen Vergleich der UBS mit Mosambik herrscht darüber Schweigen.


Es fehlt an Transparenz

Um die derzeit verfügbaren Fakten und Zahlen zum UBS-Vergleich einordnen zu können, muss man sich die Eckdaten zum CS-Skandal mit Mosambik in Erinnerung rufen: Die Gesamtsumme der problematischen Kredite betrug 2,07 Milliarden Dollar. Sie war auf drei Kredite verteilt, die je etwa zur Hälfte von der CS und der russischen Staatsbank VTB bereitgestellt wurden. 

Die CS trat Anfang 2012 in die Verhandlungen zum Kreditgeschäft ein und übernahm den Lead. Die russische Bank kam erst im September 2013 dazu, stockte die ersten zwei Kredite weiter auf und leistete 2014 den «Mam»-Kredit.

Die «hidden debts», aufgeteilt nach CS-Krediten und VTB-Krediten, in Millionen Dollar:

Da Mosambik nicht in der Lage war, die vereinbarten Kredit-Tilgungen nach ursprünglichem Plan zu bezahlen, wurden die Kredite je ein- bis zweimal umstrukturiert. Mit den veränderten Laufzeiten erhöhten sich die Kreditsummen.

Proindicus-Kredit (Feb.- Dez. 2013)Ematum-Kredit (Aug.- Nov. 2013) MAM-Kredit (Mai 2014) 
CS-Anteile 504 500
CS-Anteil nach Umstrukturierungen wegen Laufzeitverlängerungen usw. 522 ca. 550 
Kreditanteil der russischen Staatsbank VTB 118350535
Betrag nach Umstrukturierungen540
Summe der «hidden debts» 2014:  
Total 2’007 Millionen Dollar
622850535
Summe nach Umstrukturierungen:
Total 2’080 Millionen Dollar
640900540

Nach vorliegenden Informationen bezieht sich die aussergerichtliche Einigung mit der UBS ausschliesslich auf den Proindicus-Kredit, und auch da nur auf den Anteil, den die CS organisiert hatte. Zu diesem Kredit hatte Mosambik 2019 am Londoner High Court eine Klage gegen die CS eingereicht, nachdem das kriminelle Prozedere des CS-«Deal-Teams» öffentlich geworden war. Als Antwort reichte die CS eine Gegenklage ein, weil es auch in Mosambik nicht an krimineller Energie gefehlt hatte und zudem der Verdacht besteht, dass Präsident Nyusi mit involviert war. 

Der Proindicus-Kredit ist ein Konsortialkredit mit einer Vielzahl beteiligter Gläubiger, darunter auch zweier mosambikanische Banken. Manche Gläubiger klagten am Londoner Gericht ebenfalls gegen den Staat Mosambik, andere deponierten ihre Ansprüche, ohne zu klagen. Der Vergleich bezweckte zweierlei: Erstens wollte sich die UBS von sämtlichen Forderungen befreien, die im Kontext dieses Kredits, von welcher Seite auch immer, auf sie zukommen könnten. Zweitens sollte mit allen Klägern und beteiligten Parteien (einschliesslich der Schiffbaufirma Privinvest, aber mit Ausnahme der russischen Bank VBT) gemeinsam eine Lösung ausgehandelt werden. Alle beteiligten Parteien sollten dazu gebracht werden, auf Forderungen gegenüber den anderen beteiligten Parteien zu verzichten.

Aus der Vergleichsurkunde (Deed of Release and Settlement) geht nicht hervor, ob tatsächlich alle Gläubiger vertreten waren und welche inhaltlichen Vereinbarungen die Basis für den wechselseitigen Forderungsverzicht bildeten. Die einzigen Zahlen, auf der letzten Seite, betreffen die Summen, die acht Gläubiger aufgebracht haben. In Mosambik kursiert eine offizielle Zusammenfassung des Vergleichs, in der weder Zahlen noch irgendwelche Forderungen oder Leistungspflichten zwischen den Beteiligten genannt werden. 

Die aus Sicht der mosambikanischen Bevölkerung dringlichste Frage lautet: Welche Summe der ausstehenden Kredite muss der Staat Mosambik der UBS zurückzahlen und zu welchen Bedingungen? 

Wichtige, aber unvollständige Hinweise enthält ein Dokument des IWF vom 16. Januar 2024 zur Überprüfung eines Dreijahres-Übereinkommens mit Mosambik (S.42): Die aussergerichtliche Einigung mit der UBS, heisst es dort, «deckt etwa 522 Millionen Dollar des ausstehenden Kapitals ab und umfasst eine Bargeldkomponente (46 Mio. USD) und die Emission inländischer T-Bonds (96 Mio. USD; mit sechsjähriger Laufzeit)». 

Die Bargeldkomponente wird aus einer «einmaligen Geldstrafe finanziert, die die Regierung aufgrund der Stornierung eines LNG-Explorationsprojekts einnahm» (Eine ausländische Firma hatte ihren Vertrag über die Erdgas-Förderung im Rovuma-Becken im Norden des Landes zurückgezogen). Die T-Bonds für die Staatsanleihe wurden im Jahr 2023 ausgegeben. Die beiden Beträge zusammen (46 plus 96 Millionen Dollar) sind für eine erste Tranche Schuldentilgung von insgesamt 142 Millionen Dollar vorgesehen. Das IWF-Dokument erwähnt zudem, dass die mosambikanischen Behörden die Gespräche mit weiteren Gläubigern über die Schuldenrückzahlung fortsetzen.

Die grösste Informationslücke betrifft den Differenzbetrag zwischen der gesamten Proindicus-Streitsumme (522 Millionen) und der Rückzahlungs-Tranche von 142 Millionen. Der fragliche Differenzbetrag ist mit 380 Millionen mehr als doppelt so hoch wie die 142 Millionen, deren Rückzahlung dem Staat offensichtlich bereits enorme Schwierigkeiten bereitet.

Befürchtungen der mosambikanischen Zivilgesellschaft

Es bleibt unklar, ob der Differenzbetrag von 380 Millionen ebenfalls zurückbezahlt werden muss. Das CIP geht davon aus, dass dies der Fall ist. Dann würde sich die Frage stellen, mit welchen Mitteln das geschehen könnte. Falls der mosambikanische Staat dafür ebenfalls hochverzinsliche Staatsanleihen mit einer Verzinsung von fast 18 Prozent und einer Laufzeit von sechs Jahren ausgeben müsste, würde ihn das – gemäss Rechnung des CIP – insgesamt weitere 1270 Millionen Dollar kosten. 

Dies entspräche, so das CIP weiter, 94 Prozent des Jahresbudgets für den gesamten Bildungssektor des Landes. Das weckt in der mosambikanischen Zivilgesellschaft grosse Befürchtungen.

Aber sogar falls Mosambik den Kraftakt fertigbrächte, die ganzen 522 Millionen für die Tilgung des Proindicus-Kredits aufzubringen, hätte es das Schuldendebakel trotzdem noch nicht ausgestanden. Denn es gibt ja auch noch den Ematum-Kredit. Dieser steht sogar mit 900 Millionen Dollar in den Büchern. 500 Dollar davon hat die Credit Suisse Mosambik geliehen. Das bedeutet für Mosambik eine eigentliche Zeitbombe.

Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem Ematum-Kredit

Der Ematum-Kredit ist nicht Teil des Vergleichs mit der UBS, weil er nicht Gegenstand von Klagen war. Doch mit diesem Kredit gibt es gravierende Unklarheiten:

Die amerikanische Börsen- und die englische Banken-Aufsicht brummten der Credit Suisse im Oktober 2021 eine Strafzahlung von nahezu 450 Millionen Dollar auf, weil die Bank die Gläubiger zu eben diesem Ematum-Kritik mit falschen Angaben irregeführt hatte, und verpflichtete sie ausserdem zu einer Schuldenreduktion von 200 Millionen Dollar (in dieser Höhe waren Schmiergelder verschwendet worden). 

Warum taucht diese Schuldenreduktion in den verfügbaren Dokumenten zum UBS-Vergleich nirgends auf? Im Bulletin des mosambikanischen Finanzministeriums vom Juni 2023 ist dieser Kredit unter den abzuzahlenden Schulden (S.18) in voller Höhe mit 900 Millionen Dollar aufgeführt. Im Dokument zum UBS-Vergleich wird erwähnt, dass Mosambik auch im Zusammenhang mit Ematum «unwiderruflich auf alle Ansprüche gegenüber den Vergleichspartnern verzichte».

Was bedeutet das im Hinblick auf die Abwicklung der Ematum-Schulden? Die Gläubiger dieses Kredits werden in den nächsten Monaten unweigerlich ihr Geld zurückfordern. Wer kommt für die 200 Millionen Dollar auf, die Mosambik an die Schulden erlassen werden sollen? 

Trotz wiederholter Nachfrage von Infosperber wollte die UBS nicht sagen, was beim Vergleich UBS-Mosambik zum Ematum-Kredit entschieden wurde und wieviel Mosambik an «secret debts» zurückzahlen muss. Diese Fragen sind von öffentlichem Interesse.

Der Bevölkerung Mosambiks droht die Schuldknechtschaft 

Zusammen mit dem Ematum-Kredits müsste die mosambikanische Regierung aufsummiert 1057 Millionen an die UBS zurückzahlen (522 für den CS-Anteil an Proindicus, 535 für den CS-Anteil an Ematum). Allenfalls würde die UBS aufgrund von Gerichtsurteilen 200 Millionen davon erlassen. Hinzu kommen allerdings noch die Zinsen und die inzwischen horrenden Anwaltskosten, die auch auf Seite Mosambiks angefallen sind. 

Wie das afrikanische Land diese Schulden zurückzahlen soll, ohne sie auf dem Weg über hoch verzinsliche Staatsanleihen zu finanzieren und damit noch zu vervielfachen, ist unklar.

Mosambik ist seit Jahrzehnten ein Schwerpunktland der Schweizerischen Entwicklungspolitik. Es müsste also auch im Interesse der Schweiz liegen, wenn die Mittel, welche die Schweiz mit der einen Hand in die Armutsbekämpfung steckt, nicht für die Schadensabwicklung des CS-Skandals draufgingen.

Vor zehn Jahren galt Mosambik als afrikanischer Hoffnungsträger, nachdem im Norden des Landes die angeblich drittgrössten Offshore-Gasvorkommen der Welt entdeckt worden waren. Bedingt durch den Wirtschafts- und Vertrauenseinbruch in der Folge der «Hidden-Debt»-Affäre, aber auch weil sich seit 2017 in der Region ein veritabler Krieg entwickelte, laufen die Vorbereitungen zur Gasexploration äusserst schleppend. Das amerikanische Petroleum-Imperium Anadarko, das sich ein grosses Gasfeld gesichert hatte, sprang 2019 ab. Die französische Total übernahm dieses Feld, verlangt von Mosambik für den Bau und Betrieb der Anlagen aber militärischen Schutz, den das Land nicht leisten kann. Die Hoffnungen auf die grossen Gas-Einkünfte werden von Jahr zu Jahr verschoben.

Ausgerechnet jetzt, wo sich die Weltwirtschaft von den fossilen Energien verabschieden möchte, will Mosambik eine gigantische Gasförder-Plattform bauen, damit es seine Schulden zurückzahlen kann und die Bevölkerung nicht weiter in extreme Armut fällt.


Geschätzte Kosten des CS-Debakels in Mosambik für die mosambikanische Gesellschaft: Fast 16 Milliarden Dollar

Bereits 2021 legten das CIP und das norwegische Michelsen-Institut für Entwicklungsforschung eine Schätzung der Kosten vor, die der mosambikanischen Gesellschaft mit dem Kreditskandal aufgehalst wurde. Den Aufwand für die Tilgung der drei Kredite bezifferten sie auf 4,6 Milliarden Dollar. Hinzu kommen indirekte Kosten von 11 Milliarden Dollar, weil IWF und Geberländer als Folge des Kreditskandals während sechs Jahren die Budgethilfe an Mosambik einfroren, die Auslandinvestitionen massiv schrumpften und die Lokalwährung inflationierte. Die horrenden Zinsen, die mit der Finanzierung der Rückzahlung durch Staatsanleihen zusätzlich anfallen, sind in dieser Kostenabschätzung nicht berücksichtigt. Ebenso wenig die Gerichts- und Anwaltskosten, die mit der Aufarbeitung des Skandals verbunden sind.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

Flagge_Mosambik

Credit Suisse im Mosambik-Skandal

Mit einer russischen Bank hat die CS zwei Milliarden Kredit gesprochen – ohne geforderte Sorgfaltspflicht.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

2 Meinungen

  • am 24.04.2024 um 12:12 Uhr
    Permalink

    Mosambik zeigt als trauriges Beispiel, wie das neo-imperialistische Versklavungssystem der Fiatgeld-Systeme (nicht) funktioniert.

    Letztlich bleibt Mosambik in der Logik dieser Schuldgeld-Systeme und angesichts der nie mehr rückzahlbaren Schuldenlast nichts anderes übrig, als der Verkauf der eigenen Rohstoffe praktisch ohne Gewinn für die eigene Bevölkerung – und die Staatsschulden sind wahrscheinlich auch damit nie zu tilgen!

    Fiatgeld-Systeme sind deshalb absolut inhuman und eigentlich ein Verbrechen, welches durch kein Sozialsystem kompensiert werden kann. Das gilt für jedes Land.
    Auch in der Schweiz gibt’s ganz aktuell politische Pläne, die Verschuldung um 16 Mia. aufzublähen für Armee und Ukraine – unter Umgehung der Schuldenbremse!

    Es braucht dringend eine Geldreform.

    Als Präsident und Legislative von Mosambik würde ich den Staatsbankrott erklären, alle Staatsschulden streichen und einen Neuanfang machen unter Einführung der humanen Marktwirtschaft nach Peter Haisenko.

  • am 25.04.2024 um 13:48 Uhr
    Permalink

    Besten Dank für den sachlichen, ausgezeichneten Artikel. Er zeigt sehr gut auf, welche riesigen Schäden durch solche verantwortungslosen Geschäfte, aber auch die mangelhaften, internen Kontrollen verursacht werden. Es geht im Fall Mozambique nicht nur um ein gescheitertes Geschäft, sondern auch darum, dass Schulen und andere Entwicklungsinvestitionen nicht mehr finanziert werden können, und damit die Ausbildung einer ganzen Generation von Jugendlichen darunter leidet.
    Es ist unbedingt notwendig, dass auch dieses Versagen der CS durch die PUK zur Notrettung der Credit Suisse aufgearbeitet wird.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...