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Weiterhin Aktionen für Früchte und Gemüse, aber nicht mehr für Fleisch: Jumbo-Supermarkt in Holland. © jumbo.com

Fleischwerbung: Holländer handeln, Ausreden bei Coop und Migros

Marco Diener /  Der holländische Supermarkt Jumbo macht keine Fleischwerbung mehr. Coop und Migros denken nicht daran, auf Werbung zu verzichten.

Mitte März teilte die holländische Supermarktkette Jumbo mit: «Jumbo stoppt als erste Supermarktkette die Fleischwerbung.» Zwei Monate später war es so weit. Jumbo macht keine Werbung mehr für Fleisch. Das heisst: Jumbo führt auch keine Aktionen mehr auf Fleisch durch.

Coop und Migros: Fleisch aus Brasilien und Uruguay in Aktion

Ganz anders die Schweizer Supermärkte. Sie kennen diesbezüglich keine Hemmungen. Eben erst kritisierte Greenpeace, dass Coop die Pouletbrust aus Brasilien in Aktion verkaufte, obwohl diese im sogenannten Eco-Score von Coop die schlechteste Note erhält. Die Migros verkaufte ihrerseits Rindshuft aus Uruguay zum Aktionspreis, obwohl diese im M-Check, der Umweltbewertung der Migros, die schlechteste Note erzielt.

Jumbo: Mehr Eiweiss aus Pflanzen

Ganz anders die holländische Supermarktkette Jumbo. Sie will, «dass bis im Jahr 2030 60 Prozent der verkauften Proteine pflanzlichen und nur noch 40 Prozent tierischen Ursprungs sind.» Das Zwischenziel für nächstes Jahr: 50 Prozent Eiweiss aus pflanzlichen Produkten. Auf Früchten und Gemüsen führt Jumbo weiterhin Aktionen durch.

Coop und Migros: Grosse Versprechen

Wenn es um den Schutz der Umwelt geht, dann sind Coop und Migros um grosse Worte nicht verlegen. Die Migros schreibt: «2050 stösst die gesamte Migros-Gruppe unter dem Strich keine Treibhausgase mehr aus.» Und Coop sagt: «Wir verfolgen für die ganze Coop-Gruppe eine Klimastrategie mit der Vision ‹Netto-Null 2050›.»

Greenpeace: Scharfe Kritik

Greenpeace sagt, das klappe nicht: «Aus heutiger Sicht ist völlig unklar, wie Migros und Coop Netto-Null-Emissionen erreichen können. Kein Weg führt an einer Reduktion des Tierprodukt-Sortiments vorbei, wenn die Unternehmen ihre Klimaziele ernst nehmen.» Denn laut Greenpeace stammen bei Coop 47 Prozent der Gesamtemissionen von tierischen Produkten, bei der Migros zwischen 31 und 43 Prozent.

Coop und Migros: Weiterhin Fleischwerbung

Greenpeace ist überzeugt, dass Coop und Migros ihre Klimaziele nur dann erreichen, wenn sie den Verkauf von Fleisch und Fisch reduzieren. Und zu diesem Zweck auch auf Werbung und Aktionen verzichten. Doch gegenüber der Radio-Konsumentensendung Espresso winkte Coop kürzlich ab. Coop setze schon heute viel Geld für die Bewerbung ihres nachhaltigen Sortiments ein. Und die Migros sagte, ihre Fleischwerbung ziele auf Leute, die ohnehin Fleisch kaufen würden. Diese Leute wolle sie als Kunden nicht verlieren.

Kommt Kritik am Sortiment auf, argumentieren Coop und Migros reflexartig mit dem Argument, sie würden nur Kundenbedürfnisse befriedigen. Aber: Wenn Poulet aus Brasilien und Rindshuft aus Uruguay tatsächlich einem Kundenbedürfnis entsprächen, dann bräuchte es dazu keine Aktionen.

Greenpeace: Greenshifting

Das findet auch Greenpeace. Die Umweltorganisation hat ein Papier dazu verfasst, «wie Migros und Coop die Verantwortung auf ihre Kunden und Kundinnen abschieben». Greenpeace bezeichnet das als Greenshifting: «Beide Unternehmen fördern diese Nachfrage und untergraben die Souveränität der Konsumenten und Konsumentinnen, indem sie hunderte Millionen Schweizer Franken in Werbung investieren und aggressive Rabattschlachten auf Fleisch und Fisch führen.»

«Sie setzen mit ihrer Werbung, dem Sortiment und den Preisen Anreize, damit die Kunden und Kundinnen mehr tierische Produkte kaufen.» Und weiter: «Es erstaunt nicht, dass die Detailhändler laut Bund 46 Prozent ihres Fleisches über Rabatte verkaufen.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

Kuh

Landwirtschaft

Massentierhaltung? Bio? Gentechnisch? Zu teuer? Verarbeitende Industrie? Verbände? Lobbys?

Logos Migros etc

Migros, Coop, Aldi, Lidl & Co. in der Verantwortung

Die Detailhändler sprechen ständig von Nachhaltigkeit und Regionalität. Aber sie bewerben Lebensmittel vom anderen Ende der Welt.

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3 Meinungen

  • am 29.06.2024 um 12:53 Uhr
    Permalink

    Fleischwerbung:Es ist in der Verantwortung jedes Einzelnen der Versuchung zu widerstehen oder eben nicht.
    Das ist nicht anders bei allen anderen Lockangeboten. Der Bürger steht in der Pflicht Selbstverantwortung zu üben.

    • am 1.07.2024 um 01:19 Uhr
      Permalink

      Es gibt (noch?) keine Regulierung des Fleischkonsums in der Schweiz. Die moralische Erpressung stattdessen von professionellen, GRÜNEN Lobby-Organisationen («NGO’s») hat also null Bedeutung. Migros/Coop erfüllt mit ihren «Fleischaktionen» in der Grillzeit ein
      konkretes Bedürfnis der grossen Kundenmehrheit. Punkt.

  • am 30.06.2024 um 02:33 Uhr
    Permalink

    Interessant zu erfahren wie hier ein grosser Niederländischer Lebensmittelhändler diskret Verantwortung übernimmt. Migros und Coop sind hier das genaue Gegenteil. Seit Jahren werden die Schweizer in den warmen Monaten mit deren einfältiger Werbung belästigt, um den sowieso zu hohen Fleischkonsum noch weiter zu forcieren. Niemand spricht hier von einem Verbot, aber wenn die beiden grössten Lebensmittelläden keine Vernunft an den Tag legen ist das schon ziemlich schwach.

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