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Sieht so das Smartphone der Zukunft aus? © Mit KI erstellt

Mit «IntelliPhones» droht der totale Verlust der Privatsphäre

Christof Leisinger /  Künstliche Intelligenz soll Apple-Phones zum Schweizer Taschenmesser im täglichen Leben machen. Das kann aber recht intim werden.

Was ist das grosse Geheimnis des Erfolgs von Apple? Das Unternehmen ist nicht das schnellste – aber es kommt meist mit Produkten und Diensten auf den Markt, die nützlich, leicht verständlich und vor allem auch gut bedienbar sind. Damit kann es gute Geschäfte machen, obwohl es sehr hohe Preise verlangt, obwohl es die Kunden in ein abgeschottetes Ökosystem einsperrt und obwohl längst nicht klar ist, ob die Sicherheit der sensiblen Daten gewährleistet ist.

Die Einführung der iPods zum Musikstreaming führte aus einer tiefen Krise, die iPhones mit dem ersten intuitiv bedienbaren Touchscreen brachten einen gigantischen finanziellen Erfolg – und nun soll die Künstliche Intelligenz (KI) eine weitere Revolution auslösen. Die ist dringend nötig, schliesslich hat Apple zuletzt auf hohem Niveau stagniert.

Apple kommt spät zur KI-Party

Apple kommt zwar spät zur KI-Party, nachdem in den vergangenen Monaten die allgemeine Euphorie ausgebrochen war und seitdem an den Börsen die Kurse von Aktien wie die von Nvidia überkochen. Sie tun das, weil alle davon ausgehen, dass die Rechenzentren in den nächsten Jahren nur so aus dem Boden schiessen und die Nachfrage nach Nvidia-Chips «beinahe unendlich» wachsen werden.

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Apple wächst schon lange nicht mehr so wie früher. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik.

Tatsächlich reissen Medien- und Industriekonzerne wie Microsoft, Google, Facebook oder auch Tesla Nvidia seine Chips nur so aus den Händen, weil diese offensichtlich im Moment ideal sind, um die komplexen Hard- und Softwarekonstruktionen zu trainieren, welche die rasante Weiterentwicklung der Methoden der künstlichen Intelligenz noch beschleunigen sollen.

Der Wettbewerb um die Pole Position im Rennen um die besten AI-Konzepte und um die Marktanteile ist längst voll entbrannt, und nun springt also auch Apple auf diesen Zug auf. Spät zwar, wie notorische Skeptiker monieren, dafür auf seine spezielle Art: Der IT-Riese aus dem kalifornischen Cupertino will das Rad nicht neu erfinden, sondern die bestehenden Angebote mit KI-Hilfe verbessern und dabei unter anderem mit OpenAI zusammenarbeiten.

Vom «primitiven Smartphone» zum «IntelliPhone»

Es gehe um den Schritt vom «primitiven Smartphone» zum «IntelliPhone», wie es unter Experten so schön heisst. Die optimistischen unter ihnen gehen davon aus, dass Apple seine in den vergangenen Jahren bewiesene Expertise beweisen und bald mit tragbaren, KI-fähigen Telefonen auf den Markt kommen wird, die über fortschrittliche Funktionen verfügen werden, welche weit über die Möglichkeiten der bisherigen Smartphones hinausgehen und alles andere in den Schatten stellen werden.

In diesem Rahmen denken sie zum Beispiel an die Entwicklung «persönlicher Assistenten», welche die Gewohnheiten und Vorlieben der Nutzer anhand persönlicher Daten erkennen und diesen bei Fragen oder Problemen proaktiv personalisierte Lösungsvorschläge unterbreiten. So werde der Algorithmus bei verstopften Strassen vorschlagen, sich früher zu einem Termin aufzumachen, Gespräche protokollieren und zusammenfassen, an Aufgaben erinnern oder auf wichtige Nachrichten aufmerksam machen.

Die Suchmaschine von heute verwandelt sich automatisch in eine «mitdenkende Antwortmaschine», die den Kontext versteht und zeitnahe, relevante Ergebnisse auf alle möglichen Anforderungen liefert. Die Gadgets können dabei nicht nur ungewöhnliche Verhaltensmuster erkennen, die auf eine Sicherheitsbedrohung hindeuten könnten, sondern auch Sprachübersetzungen in Echtzeit anbieten, was die Kommunikation auf Reisen oder bei der Interaktion mit Menschen aus anderen Regionen erleichtert.

Moderne Telefone und ihre Sensoren sammeln sensible Daten

Mit grosser Wahrscheinlichkeit werden die modernen Telefone Sprachbefehle selbst in ungünstigen Situationen besser verstehen und sie sollten helfen, Inhalte schnell und effizient zu erstellen oder weiterzuverarbeiten. Etwa indem sie die Text-, Bild- und Tonqualität in Echtzeit verbessern, indem sie Personen oder Objekte auf Fotos, in Videos oder gar virtuellen Räumen identifizieren, und indem sie weitere Aktionen vorschlagen – etwa das Teilen von Fotos, die Suche nach weiteren Informationen oder gar den Kauf positiv aufgefallener Produkte.

Moderne Telefone und ihre Sensoren werden wohl auch in der Lage sein, das persönliche Empfinden der Nutzer zu erfassen, zu analysieren und zum Beispiel aufgrund der Überwachung der Herzfrequenz, des Aktivitätsniveaus oder auch des Schlafverhaltens auf mögliche Gesundheitsprobleme hinzuweisen und ihnen Verhaltensänderungen oder gar den Gang zum Arzt zu empfehlen. Das sind so sensible Daten, dass sicherere und schnellere biometrische Authentifizierungsmethoden wie die Gesichtserkennung oder Fingerabdruck-Scanner wie gerufen kommen mögen, um diese besser als in der Vergangenheit vor unbefugtem Zugriff zu schützen.

Um all das möglich zu machen, will Apple nicht nur die Software auf den Geräten und den Zugriff auf die Daten in der Wolke verbessern, sondern auch die Hardware mit neuartigen Chips so «aufrüsten», dass essenzielle Prozesse direkt vor Ort oder eben «an der Edge» ablaufen können. Dieses «Edge Computing» soll auch für die normalen Konsumenten alles schneller und sicherer machen, sowie den allgemeinen Datenverkehr verringern – so wie heute schon in Bereichen der industriellen Fertigung, in der Logistik, im Verkehr, in der Augmented Reality oder dem Internet der Dinge. Gängige Edge-Geräte sind Smartphones, Industriesensoren, Fahrzeuge oder spezielle Server in Mobilfunknetzen.

Grosses Geschäft für Apple oder sorgt Elon Musk für Konkurrenz?

Glaubt man zuversichtlichen Apple-Fans, so werden die Konsumenten von diesen Aussichten und den Möglichkeiten der künftigen Geräte so begeistert sein, dass sie in den nächsten Jahren ihre «alten Smartphones» in Scharen aufgeben werden, um «moderne IntelliPhones» in Massen zu kaufen. Apple werde ein Bombengeschäft machen, weil innerhalb relativ kurzer Zeit knapp drei Milliarden iPhones ersetzt würden, hoffen sie. Sicher ist das allerdings nicht. Denn die Konkurrenz schläft nicht. Sogar Elon Musk kokettiert mit der Frage, ob seine Anhänger ein X-Phone mit besonderen Datenschutzvorkehrungen kaufen würden, falls er ein solches auf den Markt bringen würde.

Tatsächlich gibt es vor dem breiten Aufkommen von «IntelliPhones» enorme Datenschutz- und Sicherheitsbedenken. Denn die Integration fortschrittlicher Methoden der Künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens erfordert die Verarbeitung enormer Mengen an persönlichen Daten der Nutzer, um personalisierte Dienste und Funktionen bereitzustellen.

Erhebliche Datenschutz- und Sicherheitsbedenken

Dies birgt erhebliche Risiken für die Privatsphäre. Schliesslich geht es um Gewohnheiten, Vorlieben oder gar «intime Details» im gesamten Privatleben der Nutzer, welche die Technologieunternehmen wohl bedenkenlos monetarisieren würden, falls ihnen keine Grenzen gesetzt werden. Vom möglichen Missbrauch der sensiblen Daten durch Hacker gar nicht erst zu reden.

Neben Datenschutzrisiken gibt es auch Sicherheitsbedenken hinsichtlich der KI-Systeme selbst. Denn wer kann schon ausschliessen, dass die Algorithmen dumm, fehlerhaft, voreingenommen oder manipuliert sind und völlig unsinnige Ratschläge geben? Oder dass sie für kriminelle oder schädliche Zwecke missbraucht werden? Oder dass sie die Privatsphäre, die Autonomie und das kritische Denken der Menschen infrage stellen?

Während sich also die Freunde des technologischen Fortschritts anschicken, mit den «IntelliPhones» den nächsten technologischen Durchbruch zu feiern, warnen die Skeptiker vor dem totalen Kontrollverlust über die delikaten, persönlichen Informationen und möglicherweise sogar über den Verlust der individuellen Freiheiten. Chinas Sozialkredit-System lässt grüssen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Zum Infosperber-Dossier:

KI.ralwel mit Hintergrund

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5 Meinungen

  • am 16.06.2024 um 12:47 Uhr
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    Dass die grassierende Exoenzephalie allgemein als Fortschritt deklariert wird, wird mir immer mehr ein Rätsel. In Tutanchamuns Grab wurde ein Prunkdolch aus Meteor-Nickeleisen gefunden. Was für ein unfassbares Wissen und Können musste für die damaligen Verhältnisse vorhanden gewesen sein, um dieses mit einem verzierten Gold- und Bergkristallgriff ausgestattete Prachtsstück herzustellen – zu einer Zeit, zu welcher die Eisenverhüttung aus Erzen noch nicht bekannt war! Und Jonathan Ive, der legendäre Designer von Apple, wäre wegen des Designs neidisch geworden. – Heute? Touchen und Swipen? Im Nichtwissen darum, dass Brennnesseln brennen (Aussage eine Naturparkrangers)?
    Anmerkung: «Exoenzephalie» wird man in der Suchmaschine nicht wiederfinden. Es ist mein Ausdruck für den Export von Gehirnleistung an ein externes Gerät mit all seinen (auch pathologischen) Konsequenzen.

  • am 16.06.2024 um 13:19 Uhr
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    Also ich bin schon überfordert mit einem I-Phone, das ohne mein Dazutun autonom Telefonnummern anwählt! Zuerst solche aus meinem Adressbuch und neuerdings auch Wildfremde, mir unbekannte Menschen … und bisher konnte mir niemand sagen, woher das kommt und wie man das abstellen kann. Und ich weiss von anderen Usern, dass sie das Problem auch haben.

  • am 16.06.2024 um 16:58 Uhr
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    «Assistenten» = Spione.
    (Für mich ein psych.Irreführungstrick wie «Verteidigung» = Angriffswaffen.)
    26.2.2020 Mark T. Hofmann, Youtube: Wie hat man noch bis vor wenigen Jahren HD-Mikrofone genannt, die in Mitte im Wohnzimmers angebracht sind, mithören, und die Daten an andere senden? Wanzen. Wanzen! Heute heissen sie Amazon, Alexa, Cortana &Co. Wie hat man noch bis vor wenigen Jahren Armbänder genannt, die den Standort von Leuten tracken, und an andere senden? Fussfesseln. Heute heissen sie Fitnessarmbänder. Und zum Argument, Ich hab ja nichts zu verbergen, kann ich nur sagen, was für ein dämliches Argument. Denn, stellen Sie sich mal folgendes vor: Sie sitzen auf dem Sofa, angezogen, gucken den Tatort. Jemand kommt bei Ihnen zur Terassentür und gafft ihnen so (zeigt es) ins Wohnzimmer. Niemand, und wirklich niemand, würde an der Stelle sagen: Lass ihn doch gucken, ich hab ja nichts zu verbergen.
    Ein für alle mal, geht es bei Privatsphäre nicht darum, ob wir etwas zu verbergen haben.

    • am 16.06.2024 um 19:50 Uhr
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      Das sehe ich genauso. Und man sollte sich fragen, weshalb solche persönlichen Daten so wertvoll sind!
      Wer zu dieser Frage recherchiert wird feststellen, dass mit Hilfe dieser Daten die Manipulationsmöglichkeiten der ganzen Bevölkerung mit hochwissenschaftlichen Methoden berechnet werden. Und die Vorstellung, dass wir politisch oder in unserm Kauf- und Konsumverhalten nicht manipulierbar seien, wird z.B. durch die Erfolge von Cambridge Analytica klar widerlegt.
      Was wir liken, welche Kontakte wir pflegen, unser Konsumverhalten, Gesundheit, Stimmungen und Charakter sind in unserm „digitalen Doppelgänger“ bestens gespeichert und dank unsern oft freiwillig preisgegebenen Daten sehr umfassend. Einkaufslisten und Kontodaten dank kontaktlosem Bezahlen und Kundenkarten, Smartphone Daten (kontaktierte Personen und Beiträge in Sozialnetzwerken, Bewegung und Aufenthaltsorte, Puls- und Schrittzähler, bevorzugte Filme, Musik, Mode und Konsumverhalten, Besuchte Webseiten, Google Suchbefehle und, und

  • am 18.06.2024 um 12:15 Uhr
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    Dass über jeden von uns eine «Fiche» besteht, weit systematischer als jene beim «Schweizer Fichenskandal», und vor allem, dass diese sich in der Hand einer fremden (Grösst-) Macht befindet – dass das nicht der «Werbung» dient, ist einer Minderheit gemäss Logik klar. Und der Mehrheit dürfte spätestens dann dämmern, dass es stattdessen militärischen Zielen dient, wenn unsere Resistance notwendig wäre, aber hinten und vorne blockiert, deaktiviert ist. Solange die Mausefalle erst im Aufbau ist, sind die meisten Mäuse leider arglos, oder rufen gar ihre «Beschützerin» alias «Schutzmacht» an, wo die Katze am Draht ist.

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