Was ist das eigentlich: Geld?
Der emeritierte Professor für Volkswirtschaft an der Universität St. Gallen, Hans Christoph Binswanger, hat in der deutschen Zeitschrift «Die Gazette» den Versuch unternommen, zu erklären, warum es Geld als Geld eigentlich gar nicht gibt. Geld als «Geld mit einem eigenen Wert» ist inexistent. Es gibt nur den Glauben daran. Aber gerade deshalb eignet es sich auch für die Spekulation. Denn auch dort geht es nur um den Glauben.
Das politische Kulturmagazin «Die Zeit» in München widmet die neuste Nummer dem Thema Geld. Ganz Europa ist in einer schweren Finanzkrise, die Börsen spielen verrückt, die Spekulation blüht, die Banken wanken. Und alles des Geldes wegen. Des Geldes wegen, für dessen Erzeugung es heute nicht einmal mehr einer Druckmaschine bedarf. Geld wird aus dem Nichts erschaffen.
Unser auf Geld basierendes Finanzsystem: ein Kartenhaus
Niall Ferguson, der zurzeit wohl bekannteste Wirtschaftshistoriker überhaupt, hat dem Thema ein dickes Buch gewidmet: «Der Aufstieg des Geldes». Darin schildert er detailliert und anschaulich, wie Geld ursprünglich ein Tausch-Äquivalent war, wie es dann über Gold- und Silbermünzen einen eigenen Wert erhalten hat, wie es über die Gold-Deckung universal wurde, und wie es schliesslich zum «wertlosen» Zukunftsversprechen wurde: Wer Geld hat, glaubt zu wissen, dass daraus über die Jahre noch mehr Geld entsteht.
Niall Fergusons Buch ist höchst lesenswert. Aber es hat einen Mangel: Am Schluss meint man daraus ableiten zu können, dass es auch tatsächlich so ist. Verständlich, wenn man weiss, dass Ferguson das Buch im Jahre 2008 geschrieben hat, noch vor dem Zusammenbruch von Lehmann Brothers.
Auch der bekannte St. Galler Professor schafft es nicht, das eigentliche Wesen des Geldes in nur ein paar Sätzen zu erklären. Um es verständlich zu machen, braucht auch er etliche – oder genauer: acht – Seiten. Aber wer diese acht Seiten gelesen hat, hat es – hoffentlich – endlich auch verstanden, warum Geld selber «wertlos» ist. Warum Geld nur einen Wert hat, wenn man an das Versprechen, dass damit etwas Anderes gekauft werden kann, auch glaubt.
Auch der Gott «Geld» ist am Verblassen…
Und genau dieser Glaube ist nicht mehr hundertprozentig gegeben. Nur Gläubige glauben, Glaube sei unerschütterlich. Oder anders: Auch an den Gott «Geld» glauben nicht mehr alle. Zu Recht, notabene.
(Zum gleichen Thema hat sich Hans Christoph Binswanger auch im Buch «Über Geld schreibt man doch!» (hrsg von Brändle/Riego, Zytglogge-Verlag 2011) geäussert.)
Unten kann der ungekürzte Artikel von Hans Christoph Binswanger aus «Die Gazette (Nr. 32) als pdf eingesehen oder auch runtergeladen werden.
(Leider muss einmal mehr darauf hingewiesen werden, dass «Die Gazette» an den Schweizer Kiosken nicht mehr erhältlich ist, da die Valora lieber Massenware anbietet. Wer sie trotzdem haben möchte: ein Email an info@commwork.ch hilft weiter. Die Einzelnummer kostet CHF 14.- / Siehe auch www.gazette.de)
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Mein Versuch, auf einer Seite zu erklären was der Sinn und der Nutzen des Geldes ist, findet sich hier auf der Website des StudentInnenmagazins «déjà-vu":
http://pages.unibas.ch/deja-vu/archiv/geld/nutzen.html