Proviande-Subventionen: Bundesrat auf dem Grill
Unter dem Titel «So fleissig melken die Bauernlobbyisten den Staat» berichtete Infosperber und das Pro Natura Magazin im letzten Januar über den jährlichen Millionenregen des Bundes für die Proviande, die Werbeplattform der Schweizer Fleischwirtschaft: 6,1 Millionen Franken spendiert der Bund für die sogenannte «Absatzförderung» von Fleisch, insbesondere für die Werbekampagne «Schweizer Fleisch: Alles andere ist Beilage».
Profiteure der Bundessubventionen sind einerseits die grossen Fleischvermarkter Bell-Gruppe (Coop), Micarna (Migros) und Sutter (Fenaco), welche Milliardenumsätze und Millionengewinne generieren und deren CEOs alle im Proviande-Verwaltungsrat sitzen. Andererseits laben sich an der Subvention des Bundes alle, welche für die platzierte Fleischwerbung bezahlt werden: Beispielsweise die beiden SRF-Sendungen Giacobbo/Müller und Meteo, die Ski-Weltcuprennen von Adelboden und Wengen, die Sportverbände Swiss Ski und Swiss Tennis sowie die 23 auflagenstarken Publikumszeitschriften der ganzen Schweiz, von der Schweizer Illustrierten bis zum L’Hebdo. Darüber hinaus profitiert der Schweizerische Bauernverband (SBV), der an der Proviande beteiligt ist.
Ohne Proviande-Subventionen kein Giacobbo/Müller?
Die Kritik an der skandalösen Subventionierung der Fleischwerbung erhitzte die Gemüter beim Bauernverband: «Der Angriff von Pro Natura ist völlig daneben», ereiferte sich der stellvertretende SBV-Direktor Urs Schneider in der Aargauer Zeitung. Es gehe «um gleich lange Spiesse». Auch in der EU seien solche Fördermittel üblich. Ins gleiche Horn bliess Bauernpräsident Markus Ritter gegenüber dem Berner Bund und dem Tagesanzeiger, indem er auf die Schweiz Tourismus-Werbung verwies, die ebenfalls Bundessubventionen kassiere.
In der Fragestunde der Frühjahrs-Session des Nationalrats wollte der grüne Nationalrat Balthasar Glättli vom Bundesrat wissen, ob dieser bereit sei, «diese Absatzförderung für Fleisch zu hinterfragen». Dass nämlich die Proviande-Kampagne zu einem wesentlichen Teil über Bundesgelder bezahlt werde, sei «stossend». Eine Reduktion des Fleischkonsums sei wichtig, aus Klimaschutzgründen und um den Import von Futtermitteln reduzieren zu können. Der Bundesrat sah in den Proviande-Subventionen kein Problem. Diese würden «vom zuständigen Bundesamt für Landwirtschaft laufend hinsichtlich Wirksamkeit und Zielorientierung überprüft».
Der Blick nahm Glättlis Ball auf und titelte: «Glättli will Giacobbo das Fleisch streichen!» Proviande-Direktor Heinrich Bucher stellte das Sponsoring für Giacobbo/Müller offen in Frage, falls der Bundesrat die Millionensubventionen stoppe. Auch die beiden befangenen SRF-Chef-Komiker versuchten in ihrer Sendung dem drohenden Subventionsstopp, der übrigens ein ideales Thema für eine politische Satire geboten hätte, ein paar lustige Pointen abzutrotzen.
Die Fragen von SP-Nationalrat Beat Jans
Ende April reichte der Basler SP-Nationalrat Beat Jans im Nationalrat eine Interpellation ein und stellte dem Bundesrat folgende Fragen:
- «Wieso fördert der Staat Werbung für Schweizer Fleisch, wenn die Fleischimporte ja mit hohen Zöllen oder Kontingenten belegt sind?
- Warum weist Proviande diesen Beitrag nicht in ihrem Geschäftsbericht aus?
- Wieso überlässt er diese Werbung nicht den privaten Fleischvermarktern, die mit dem Handel von Schweizer Fleisch Gewinne schreiben?
- Was hält er davon, dass die hochprofitablen Fleischvermarkter BellGruppe (Coop), Micarna (Migros) und Sutter (Fenaco) im Verwaltungsrat der Proviande vertreten sind?
- Wie verträgt sich die staatliche Absatzförderung von Fleisch:
a. mit den bundesrätlichen Zielen zur Grünen Wirtschaft?
b. mit der Initiative für Ernährungssicherheit des SBV?
c. mit dem bundesrätlichen Gegenvorschlag dazu? Dort fordert der Bundesrat Rahmenbedingungen, «die für den ressourcenschonenden Konsum von Lebensmitteln» günstig sind.
d. mit der eidgenössischen Ernährungskommission? - Kann er sich vorstellen, dass die staatlich subventionierte Fleischwerbung nur noch für ökologisch vorbildliche, z.B. graslandbasierte Produktion eingesetzt werden darf?»
Die damaligen Fragen von Simonetta Sommaruga
Auf die Beantwortung der Fragen durch das zuständige Departement von Bundesrat Johann Schneider-Ammann darf man gespannt sein, umso mehr als Bundesrätin Simonetta Sommaruga dem freisinnigen Landwirtschaftsminister mit profunden Ratschlägen zur Seite stehen kann. Denn im Jahr 2001 hat die damalige SP-Nationalrätin bereits ähnliche Fragen an den Bundesrat gerichtet:
- «Mit welchen Geldern finanziert die Proviande die geplante Werbekampagne inklusive Aktionen?
- Wie stellt der Bundesrat sicher, dass keine öffentlichen Gelder für solche Kampagnen verwendet werden?
- Falls öffentliche Gelder zu solchen Zwecken verwendet werden:
a. Wie viel kostet die gesamte geplante Werbekampagne inklusive Aktionen?
b. Wie rechtfertigt der Bund, dass solche Kampagnen ohne Einbezug der Konsumentenorganisationen geplant und durchgeführt werden können?
c. Wer bestimmt den Inhalt und den Umfang solcher Kampagnen?
d. Findet der Bundesrat nicht auch, dass Bundesmittel besser in klare Deklarationen, als in undifferenzierte «Schweizer Fleisch»-Kampagnen investiert werden sollten?
e. Wie rechtfertigt er, dass die besonders artgerechte Tierhaltung mit Millionen von Steuerfranken subventioniert wird, diese in Werbekampagnen aber keine Erwähnung findet?»
In seiner damaligen Antwort verteidigte der Bundesrat die undifferenzierte Fleischwerbung und sah keinen Grund, die Bundessubventionen wenigstens auf die besonders artgerechte Tierhaltung zu beschränken.
Weko war gegen Proviande-Subventionen
In einem weiteren parlamentarischen Vorstoss im Jahr 2001 verwies Sommaruga, die damalige Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz, auf eine brisante Empfehlung der Wettbewerbskommission (Weko), welche vom Bundesrat verlangte, der Proviande den Leistungsauftrag zu entziehen, weil diese die vom Gesetz geforderte Unabhängigkeit und Objektivität nicht erfülle.
14 Jahre später sitzen im Proviande-Verwaltungsrat immer noch die Fleischvermarkter. Von Unabhängigkeit keine Spur. Zudem haben sich die Proviande-Subventionen seither vervierfacht, von damals 1,5 Millionen Franken auf heute über 6 Millionen Franken.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Hui, wenn das schief geht: nehmen eigentlich Guernsey oder Luxemburg politisch verfolgte auf?
Werner T. Meyer
Nun vom Verdacht auf Steuerbetrug, aber auch Steuerhinterziehung wurde er auf wundersame Weise freigesprochen. Ich glaube das zwar, wie wahrscheinlich viele andere Schweizer die ihr Einkommen brav mit dem Lohnausweis deklarieren müssen nicht. Nun auch noch diese suspekte Subventionierung? Na ja das passt vollumfänglich ins Bild von unserem ehrenwerten FDP Herrn
@Herr Tscharner
Im NZZ-Artikel zur seiner Steuerverfügung heisst es weit unten:
"Dieser Verdacht bestätigt sich nun. In ihrem Bericht, den die Steuerverwaltung des Kantons Bern am Donnerstag publizierte, kommt die ESTV zum Ergebnis, dass die bernischen Behörden den Sachverhalt nur lückenhaft erhoben habe. Bei einer genaueren und konsequenteren Abklärung in den damaligen Veranlagungsverfahren wäre eine andere rechtliche Beurteilung der Sitzfrage der beiden Offshore-Gesellschaften der Ammann-Gruppe denkbar gewesen. Die vorliegenden Fakten und Belege hätten eher zu einer anderen Beurteilung führen müssen. Konkret: «Auf der Basis der vorliegenden Akten hätte die ESTV das Ruling 2007 nicht genehmigt.""
Aber keine Sorge, wir dürfen den Bundesrat behalten. in Bern zieht man der Schluss:
"Allerdings hat die Untersuchung der ESTV auch keine Tatsachen zu Tage gefördert, welche eine nachträgliche Neubeurteilung im Rahmen eines Nachsteuer- oder Steuerhinterziehungsverfahrens möglich machen würden. «
Wie dieser Schluss gezogen werden kann, weiss ich auch nicht. Vielleicht werden SIE klug aus:
http://www.nzz.ch/schweiz/bund-ruegt-berner-steuerbehoerde-1.18528253
MfG
Werner T Meyer
Millionen von Steuerfranken als Subventionen an die Fleischverarbeiter liegen im Trend: EMMI und die Milch-und Käseverarbeiter machen ebenso die hohle Hand wie die Tourismusindustrie., die Stromverteiler und andere grosse Produzenten. Jetzt brauchen wir noch Absatzförderung für Schweizer Schokolade, für die Produzenten von Kuhglocken und Alphörnern, für das Schweizer Armeemesser, für die Uhrenindustrie, für die notleidende Basler Chemie, die Maschinenindustrie…
Soll doch die Grosmutter den Wolf holen. Wenn also etwas züngelt, dann muss es nicht unbedingt das Feuer unter der Bratwurst sein. Und nicht alles was Chrächst ist Gizzi! Und nicht alles was lange währt wird endlich gar. Der Grill (nicht das Rezept) ist zwischen http://www.infosperber.ch/Artikel/Medien/Gastrosuisse-Wie-die-Wirte-zu-Schlagzeilen-kommen und http://www.eu-no.ch/ zu finden. Und Kreide ist nicht Beilage. ä Guete.