Steuerflucht: Auch Indien will Namen erhalten
Erst im Jahr 2011 haben die Schweiz und Indien einen Vertrag über Besteuerung revidiert, um den Datenaustausch über Schwarzgeld zu verbessern. Doch Indien hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Im Vertrag steht zwar nichts davon, dass die Schweiz Bankdaten von indischen Steuerbetrügern zurückhalten darf, wenn Indien die Namen dank gestohlener Bankdaten erhalten hat. Doch seit Monaten verweigert das Finanzdepartement eine Amtshilfe mit Datenlieferung genau aus diesem Grund.
Indien hat die Daten auf normalem Weg von Frankreich erhalten. Frankreich aber entnahm die Daten von Datenträgern, welche aus der Genfer Filiale der britischen Grossbank HSBC gestohlen worden waren. Es soll sich um rund 600 Namen von Indern handeln, die auf der gestohlenen CD aufgeführt sind. Der Informatiker Hervé Falciani hatte sie bei der HSBC gestohlen.
Nach dreimaligem erfolglosem Intervenieren bei Eveline Widmer-Schlumpf hat jetzt Indiens Finanzminister Palaniappan Chidambaram den Ton verschärft. Wie «Business Today» Anfang Mai berichtete, soll Chidambaram eine weitere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Schweiz davon abhängig machen, ob die Schweiz den Rechten und Pflichten aus dem bilateralen Vertrag «Direct Tax Avoidance Convention» von 2011 nachkommt.
Indien könnte die Schweiz als «unkooperative Jurisdiktion» einstufen. Dies hätte zur Folge, dass Schweizer Investoren nicht mehr von Erleichterungen profitieren, die im Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den beiden Ländern vereinbart wurden. Das schreibt die indische «Economic Times», wie «Watson» berichtete.
«Die Verhandlungen zwischen der Schweiz und Indien über ein Freihandelsabkommen befinden sich auf der Zielgerade, gerieten zuletzt aber ins Stocken», schrieb «20Minuten» Ende Januar. Laut «NZZ» wollte die Schweiz das Freihandelsabkommen mit Indien ursprünglich bereits Anfang 2013 abschliessen.
Indien ist nicht Mitglied der OECD und gehörte auch nicht zu den Staaten ausserhalb der OECD, die am Automatischen Informationsaustausch mitmachen wollen, den die OECD am 6. Mai 2014 im Grundsatz beschlossen hat. Die «Weissgeldpolitik» der Banken hört ausserhalb der OECD-sowie weniger anderer Länder auf. Für etliche Schwellen- und Entwicklungsländer gilt weiterhin die «Schwarzgeldpolitik». Besonders in diesen Ländern gibt es besonders viele extrem Reiche als Kunden zu gewinnen. Der Bundesrat hat lediglich in Aussicht gestellt, auch mit solchen Ländern Steuerabkommen «nach internationalem Standard» anzustreben.
«Wirkt sich diese Steuerflucht auf die laufenden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Indien aus?», hatte SP-Nationalrat Hans-Jürg Fehr Ende 2011 vom Bundesrat wissen wollen. Steuerfragen hätten nichts mit dem Freihandelsabkommen zu tun, antwortete damals der Bundesrat. Die Schweiz biete Indien eine Quellensteuer auf Kapitalerträgen an, ohne Namen von Steuerflüchtlingen bekannt zu geben. Um dies zu erreichen, müsste sich eine neu gewählte Regierung in Indien damit zufrieden geben.
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DOSSIER: «Steuerflucht und – hinterziehung»
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Einfach schäbig, Steuerflüchtlinge zu unterstützen!
Danke R.L. für diesen erhellenden Beitrag. Allmählich steigt die Wut hoch, über diese ewigen Vertuschungen, die sich Schweizer Medien gefallen lassen.
Im November 2010 schrieb ich einen Beitrag für das Medienportal «medienspiegel.ch", als bei mir
langsam anfing die Wut über die demonstrative Unlust zur Recherche zu diesem Thema zu köcheln:
"Und schon wieder muss ich ins Ausland surfen, um mehr zu erfahren, und zwar zur «India News and Feature Alliance (INFA), India’s leading news and feature agency». Dort setzt mir ein Dr. P.K. Vasudeva auseinander, dass davon auszugehen sei, dass auf Schweizer Bankkonten 1,5 Billionen Dollar Schwarzgeld aus Indien lägen, aus Russland 470 Milliarden, aus der Ukraine 100 Milliarden, aus der VR China 96 Milliarden usw. Alles Staaten, mit denen die Schweiz keine Steuerabkommen unterhält.
Ich habe keine Ahnung, ob diese Zahlen stimmen. Die Biografie des Doktor Vasudeva ist jedenfalls nicht ohne: «He has been Senior Executive, TATA Exports, Senior Professor Icfai Business School, Chandigarh etc.etc.»
Er schrieb seine Dissertation über die WTO in Genf und sollte so irgendwie auffindbar sein, zum Beispiel für ein Interview darüber, was es mit diesen Zahlen auf sich hat, die die Schweiz noch in grosse Schwierigkeiten bringen werden.
Ich habe es satt, mich als Schweizer Medienkonsument bei diesen Themen noch länger belügen zu lassen!"
Es hat sich wenig geändert.
Hier der ganzen Text :http://www.medienspiegel.ch/archives/002744.html