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60% Baumwolle, 20% Schweiss, 20% Blut © Patrick Chappatte in «Le Temps»

Konsumenten reagieren auf Schweiss und Blut

upg /  Grosse Kleiderketten versprechen bessere Arbeitsbedingungen und Labels für die Käuferschaft.

Unter der zusammengestürzten Fabrik in Bangladesch wurden inzwischen über tausend Tote, meist Frauen, geborgen. Das sind mehr als ein Drittel so viele Opfer wie bei der Terroristen-Attacke auf das World Trade Center in New York im Jahr 2001.
Seither hat man für den Kampf gegen Terroristenanschläge schon Milliarden eingesetzt. Wenn es sich nicht um Terror handelt, sondern um viel einfacher und leichter vermeidbare Todesfälle wie in Bangladesch, setzen Regierungen und Konzerne nicht einmal Baunormen und Arbeitsbedingungen durch.
Immerhin scheinen jetzt Konsumentinnen und Konsumenten etwas Bewegung in die Textilbranche zu bringen. «In new retail, an increasing demand to know origins», titelte die New York Times letztes Wochenende. Die Leute würden in den Läden jetzt häufiger fragen, woher die Kleider kommen. Präzise Angaben darüber zitiert die Zeitung nicht.
Zuerst hätten Ladenketten reagiert, welche die Produktion ihrer Textilien schon immer besser unter Kontrolle hatten. Der US-Versandhändler Everlane verspricht «Radical Transparency» und fordert seine Kunden auf: «Know your factories. Know your costs. Always ask why».
Nike, Gap, Wal-Mart, J.C. Penny und Target haben sich in einer «Sustainable Apparel Coalition» zusammen getan und sich bisher auf Umweltstandards geeinigt. Künftig sollen Standards für die Arbeitsbedingungen dazu kommen, versprechen diese Kleiderkonzerne. Sie haben ein Image-Problem, weil Arbeiter von ihnen schon letztes Jahr in Fabriken Bangladeschs wegen unhaltbarer Zustände (kein Brandschutz, verriegelte Notausgänge, mangelnde Aufsicht, fehlende Sanktionen und mehr) umgekommen waren.
Eine Selbstregulierung der Branche sei «zu wenig wirksam», meint dagegen Scott Nova, Direktor des «Worker Rights Consortium», das Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern untersucht.
Die Organisation Fair Trade USA vergab bisher vor allem Labels für Kaffee. Seit zwei Jahren gibt es das Label auch für T-Shirts und ähnliche Textilien. Seit dem Fabrik-Einsturz in Bangladesch nähmen die Anfragen zu, erklärte Jenna Larson von «Fair Trade USA». Produkte mit dem Label sind in den Läden rund zehn Prozent teurer. Die New York Times zitiert Professorin Neeru Paharia von der Georgetown University: «Die meisten Menschen würden keine Kinder mieten, sie in ihrem Keller einschliessen und Kleider machen lassen.» Gut informiert würden sie keine Kleider kaufen, die in Asien oder Afrka so produziert wurden.
Doppelte Löhne – zehn Prozent höhere Preise
Die «Kampagne für saubere Kleider» hat ausgerechnet, dass die ganzen Produktionskosten inklusive Lohnkosten in Bangladesh 14 Prozent des Preises in deutschen Läden ausmacht. Würden westliche Kleiderkonzerne für Löhne, Material- und Infrastrukturkosten doppelt so viel entschädigen, würde dies also die Ladenpreise um nur zehn Prozent erhöhen.
In der Schweiz verkaufen Coop mit ihrem Label «Naturaline», Mammut mit ihrem Kleiderbügel-Logo, Caritas-Claro-Läden mit ihrem Fair-Trade-Label «Unica» oder der Helvetas «FairShop» im Internet Textilien, die unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt sein sollten.

Siehe frühere Beiträge auf Infosperber:

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Keine

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