Schwarzbuch_WWF_Panda1-1

Der Panda nagt schwer an seiner Nähe zur Wirtschaft © -

Schwarzbuch nimmt WWF und Monsanto ins Visier

Kurt Marti /  Im kürzlich erschienenen «Schwarzbuch WWF» kommt der WWF erneut unter Beschuss, insbesondere im Zusammenhang mit Monsanto.

Im vergangenen März hat Infosperber die Haltung des Soja-Netzwerkes Schweiz zum Anbau von Gen-Soja des Gentech-Konzerns Monsanto kritisiert (siehe Link unten). Zum Soja-Netzwerk gehört auch der WWF Schweiz. Das kürzlich erschienene «Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda» untermauert die Kritik von Infosperber. Autor des Buches ist Wilfried Huismann, der im letzten Jahr mit seinem Film «Der Pakt mit dem Panda» Aufsehen erregte. Im Buch von Huismann kommt neben vielen anderen auch der Unternehmensberater Jochen Koester zu Wort: «In Sachen Gentechnik fühle ich mich vom WWF über den Tisch gezogen». Koester ist im weltweiten Sojageschäft eine bekannte Grösse. Den Handel mit Gen-Soja lehnt er wegen der schädlichen Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen konsequent ab.

Der runde Tisch für «verantwortungsvolle» Soja

Koester war Mitglied der Arbeitsgruppe «Runder Tisch für verantwortungsvolle Soja» (RTRS). Der runde Tisch wurde u. a. vom WWF ins Leben gerufen. Die erste Sitzung fand im März 2005 in einem Luxushotel in Brasilien statt. Geleitet wurde die Sitzung von Yolanda Kakabadse, der heutigen Präsidentin des WWF International. Die Adresse des RTRS-Vereins war mit jener des WWF Schweiz an der Hohlstrasse 110 in Zürich identisch. Am runden Tisch nahmen teil: Die Agrar- und Nahrungsmittelkonzerne Unilever, Daniels Midland, Cargill, Bunge, Louis Dreyfus, die Geldinstitute Rabo Bank und HSBC-Bank, die Pestizid-Produzenten DuPont, Pinoeer und Bayer, sowie die Agroenergie-Konzerne BP und Shell.

Monsanto setzte sich durch: Gen-Soja erhielt den Persilschein

Bei der Gründung des RTRS-Vereins war sich Koester sicher, «dass Gen-Soja nie und nimmer ein Nachhaltigkeitssiegel bekommen wird». Doch er sollte sich täuschen. 2009 wurden die beiden Gentech-Konzerne Monsanto und Syngenta als Vollmitglieder des runden Tisches aufgenommen. Bereits ein Jahr später wurden die RTRS-Richtlinien im Interesse von Monsanto abgeändert; mit der Stimme des WWF, wie Huismann in seinem Buch festhält. Neu galt auch «gentechnisch modifizierte Soja» als «verantwortlich produziert». Monsanto hatte sich durchgesetzt. Gen-Soja erhielt einen Persilschein. Für Koester ist klar: «Die Folge wird sein, dass in Zukunft 80 bis 90 Prozent des als nachhaltig zertifizierten Soja aus gentechnisch manipuliertem Saatgut stammen».

Der WWF Deutschland und der WWF Schweiz versuchen auf ihren Internetseiten Huismanns Kritik wortreich – aber letztlich erfolglos – zu widerlegen. Auf den beiden Internetseiten ist ein fast identischer «Faktencheck» aufgeschaltet. Darin stellt der WWF zwei Behauptungen auf, welche Huismann in seinem Buch ausführlich und faktenreich widerlegt:

1. «Der WWF lehnt Gentechnik ab»

Dieser WWF-Behauptung hält Huismann entgegen, dass es innerhalb des WWF International massgebliche Vertreter gibt, die eine gegenteilige Meinung vertreten. Dabei verweist er auf den US-Amerikaner Jason Clay, «der sich offen zum Anbau von Gen-Soja bekennt und der gemeinsam mit dem Gentech-Konzern Monsanto die Anwendung der Gentechnik auch bei vielen anderen Pflanzen verlangt». Jason Clay ist Vizepräsident des WWF USA und Koordinator für den Bereich Marktbeziehungen und Agrarpolitik beim WWF International. Clay ist also «die offizielle Stimme des WWF in dieser Sache».

Der WWF Deutschland versucht sich herauszureden: Einzelne Länderorganisationen würden «eine neutrale Position zur Gentechnik» vertreten, beispielsweise USA oder Argentinien. Beim WWF Schweiz heisst es hingegen, einzelne Länderorganisationen würden «eine andere Position zur Gentechnik» vertreten. Die beiden WWF-Länderorganisationen sind sich offenbar nicht einig. Eine «andere Position» bedeutet eine zustimmende Haltung zur Gentechnik, aber keine neutrale, wie der WWF Deutschland dies behauptet. Fazit: Auch wenn der WWF Deutschland und der WWF Schweiz die Gentechnik ablehnen, ändert das nichts daran, dass massgebliche Kreise im WWF die Gentechnik befürworten. Das ist das interne Dilemma des WWF und nicht der Fehler des Buchautoren und Filmemachers Huismann, den der WWF deshalb sogar vor den Richter zerrte.

2. «Es gibt keine Kooperation mit Monsanto»

Auch diese WWF-Behauptung widerlegt Huismann: «Der WWF hat mit Monsanto, Syngenta, Bayer, Nestlé, Cargill und anderen Teilnehmern des Round Table on Responsible Soy (RTRS) beschlossen, dass das RTRS-Zertifikat für ‚verantwortungsvollen Anbau‘ jetzt auch für Gen-Soja gilt». Dabei verweist Huismann auf den RTRS-Standard, der ausdrücklich «gentechnisch modifiziertes Soja» einschliesst. Zudem vertrete auch das Büro des WWF in Brüssel «bei Hearings mit der Europäischen Union sehr massiv das RTRS-Zertifikat und hat mit durchgesetzt, dass es von der EU als Beweis für ‚nachhaltig‘ gewonnene Biomasse im Rahmen der Erneuerbare-Energien-Richtlinie anerkannt wird». Mit Hilfe des WWF sei es der Gentechnikbranche gelungen, «in Europa einen grossen Fuß in die Tür zu bekommen».

Erstaunlicherweise schreibt Monsanto selbst von einer Zusammenarbeit. Auf der Internetseite von Monsanto steht nämlich: «2009 wurde Monsanto eingeladen, am Runden Tisch für verantwortungsvolle Soja teilzunehmen, welcher dem Konzern erlaubt, mit den Interessengruppen der Soja-Produzenten, der Zivilgesellschaft, der Industrie und des Handels zusammenzuarbeiten, um umweltfreundlichere Handelsmodelle zu entwickeln». Zur Zivilgesellschaft gehört auch der WWF.

Die RTRS-Adresse beim WWF in Zürich wurde plötzlich transferiert

Es ist schon sonderbar, wie sich der WWF von Monsanto zu distanzieren und dafür die direkten Spuren zum RTRS-Verein zu verwischen versucht. Im «Schwarzbuch WWF» zitiert Huismann dazu ein internes Strategie-Dokument des WWF International vom 17. Februar 2009. Darin beschäftigt sich die internationale WWF-Führung mit dem Problem, wie man sich aus dem Dunstkreis von Monsanto entfernen könnte. Neben anderen Massnahmen empfiehlt das WWF-Papier auch eine Sofortmassnahme, nämlich «die registrierte Adresse des RTRS zu ändern». Laut Auszug aus dem Handelsregister des Kantons Zürich wurde der RTRS-Sitz tatsächlich im Juni 2009 transferiert: Vom WWF-Sitz an der Hohlstrasse 110 in Zürich an die Adresse von Marc R. Büttler, Holenstein Rechtsanwälte AG, Utoquai 29/3 in Zürich.

WWF-Club der 1001: Von Agnelli über Springer bis Mobuto

Wenn der WWF Deutschland und der WWF Schweiz die «Kooperation» mit Monsanto abzustreiten versuchen, dann ist in diesem Zusammenhang das Verhältnis des WWF zu den Mächtigen dieser Welt von Interesse. Unter dem Kapital «Tango mit Monsanto» gibt Huismann einen spannenden Einblick in das internationale Netzwerk des WWF, insbesondere publiziert er die Namen des verschwiegenen «Clubs der 1001», welcher sich jedes Jahr zum Panda-Ball trifft.

Die Aufnahmegebühr beträgt 25 000 Dollar. Die Mitgliederliste ist geheim. Huismann gelang es, die Mitgliederliste aus den Jahren 1978 und 1987 ausfindig zu machen. Die Liste ist eine Ansammlung der wirtschaftlich und politisch Mächtigen bis hin zu blutigen Diktatoren, von Fiat-Chef Giovanni Agnelli über Axel Springer bis zu Zaires Diktator Mobuto. Von besonderem Interesse ist das Mitglied Nummer 572: José Martinez de Hoz, der Wirtschaftsminister der blutigen Militärdiktatur in Argentinien und Gründungsvater des Fundacion Vida Silvestre (FVS), der Partnerorganisation des WWF in Argentinien. Er gilt als einer der Pioniere des Soja-Anbaus in Argentinien und hat damit viel Geld verdient. Heute steht er unter Hausarrest.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

3411501597_88fc51ae51_b1

Der WWF in der Kritik

Der WWF baut immer mehr auf Dialog, nicht auf Konfrontation. Seine Verträge mit Konzernen hält der WWF geheim.

GVOLogo

Pro und Contra Gentechnik

Genveränderte Nahrungs- und Futtermittel: Was ist erlaubt, was verboten. Wer haftet für Langzeitschäden?

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

7 Meinungen

  • am 10.05.2012 um 18:15 Uhr
    Permalink

    Nachdem der Dokumentarfilmer Wilfried Huismann schon in seinem Film über den WWF behauptet hat, der WWF kooperiere mit Monsanto, hat das Landgericht Köln angeordnet, dass der WDR (dieser Sender hat den Film produziert) diese falsche Aussage nicht wiederholen darf – genauso wie weitere haltlose Behauptungen. Damit die Infosperber-Leserinnen und -Leser sich selber ein Bild machen können, hier der Link auf die Sicht des WWF: http://www.wwf.ch/schwarzbuch
    Fredi Lüthin, Leiter Medien, WWF Schweiz

  • am 10.05.2012 um 21:05 Uhr
    Permalink

    Den letztjährigen Film von Huismann hatte ich als sehr sehr tendenziös empfunden, es hatte offensichtliche Falschinformationen darin. Die Stellungnahmen des WWF haben ich damals überzeugt. Ob das Buch sorgfältiger recherchiert ist?
    Bei den «weiterführenden Informationen» wäre der Link zu den Stellungnahmen von WWF Schweiz und Deutschland sehr hilfreich gewesen.

  • Portrait.Urs.P.Gasche.2
    am 12.05.2012 um 12:31 Uhr
    Permalink

    Am 10. Mai hat die Redaktion Infosperber dem Leiter Medien vom WWF Schweiz, Fredi Lüthin, folgenden Brief geschickt. Bis heute ist noch keine Antwort eingetroffen.

    Lieber Fredi

    Die ausufernde Stellungnahme des WWF auf eurer Homepage zum WWF-Schwarzbuch, auf die Du unsere Leserschaft verweist, hilft unserer interessierten Leserschaft wenig.
    Diese möchte vielmehr wissen, welche einzelnen Tatsachenbehauptungen von Infosperber vom WWF mit welcher Gegen-Darstellung gekontert werden – so weit die Stellungnahme des WWF nicht bereits im Beitrag aufgeführt ist.

    Auch die Anordnung des Landgerichts Köln würde uns im Wortlaut interessieren. Wenn das Gericht (superprovisorisch oder ordentlich?) geurteilt hat, man dürfe nicht mehr sagen, «der WWF kooperiert mit Monsanto» würde uns dies sehr wundern. Falls dies der Fall ist, werden wir diese gerichtliche Verfügung auf Infosperber gerne hinzufügen.

    Vielleicht kannst Du dazu beitragen, dass sich unsere Leserschaft ein präziseres Bild der WWF-Politik in Sachen Gen-Soja und Monsanto machen kann.

    Mit vielem Dank und besten Grüssen

    Urs P. Gasche
    Redaktionsleitung Infosperber

  • am 12.05.2012 um 13:55 Uhr
    Permalink

    Lieber Urs
    Kurt Marti hat uns für seinen Artikel nie um eine Stellungnahme gebeten. Wäre es dem «Infosperber» tatsächlich darum gegangen, dass sich die Leserschaft „ein präziseres Bild“ machen kann, wie du schreibst, dann hätte diese Möglichkeit also durchaus bestanden – vor der Publikation des Artikels. Deshalb nochmals für alle, die an unserer Sicht der Dinge interessiert sind, der Link: http://www.wwf.ch/schwarzbuch
    Herzliche Grüsse
    Fredi
    Leiter Medien, WWF Schweiz

  • Portrait.Urs.P.Gasche.2
    am 12.05.2012 um 14:28 Uhr
    Permalink

    Lieber Fredi, Medien-Leiter des WWF

    Deinem Wunsch und dem Wunsch von Christian Engeli haben wir stattgegeben und den Link zur allgemeinen Stellungnahme des WWF hinzugefügt. Diese Stellungnahme geht jedoch nicht auf den Artikel von Kurt Marti ein.
    Nach unseren bisherigen Informationen hat das Landgericht Köln – anders als vom WWF Schweiz behauptet – die Aussage nicht untersagt, dass «der WWW mit Monsanto kooperiert». Der WWF hat dies bis jetzt auch nicht belegen können und weigert sich, die gerichtliche Verfügung zur Verfügung zu stellen.
    Wir werden darauf zurück kommen.

    Mit besten Grüssen

    Urs P. Gasche
    Redaktionsleitung Infosperber

  • Fotoktm4
    am 12.05.2012 um 15:30 Uhr
    Permalink

    Sehr geehrter Herr Lüthin

    Eine weitere Stellungnahme des WWF hat sich erübrigt, weil die Argumentation des WWF auf dessen Homepage bereits öffentlich war und im Infosperber-Artikel prominent zum Ausdruck kommt.

    Wenn Sie nun die «Anordnung» des Landgerichtes Köln erwähnen, bitte ich Sie, mit offenen Karten zu spielen und diese Anordnung auf der Homepage des WWF Schweiz zu veröffentlichen. Andernfalls müssen die Infosperber-LeserInnen davon ausgehen, dass der WWF etwas zu verheimlichen hat.

    Mit freundlichen Grüssen
    Kurt Marti
    Redaktionsleitung Infosperber

  • am 17.05.2012 um 14:24 Uhr
    Permalink

    Antwort des WDR:

    Vielen Dank für Ihre Zuschrift in der Sie mit Verwunderung festgestellt haben, dass die Dokumentation «Der Pakt mit dem Panda» nicht mehr zu sehen ist.

    Konkret fragen Sie nach den Gründen, die ich Ihnen gern nennen möchte.

    Dem WDR wurde durch das Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung zugestellt, durch die uns vorläufig untersagt wird, bestimmte Aussagen der Dokumentation erneut zu veröffentlichen bzw. zu verbreiten. Im Kern geht es hier um drei konkrete Aussagen:

    – Wir dürfen, bis zur weiteren Klärung, nicht behaupten, der WWF befände sich in einer Krise.

    – Wir dürfen bis auf weiteres nicht behaupten, der WWF hätte sich im Kampf um das Land auch international auf die Seite Monsantos geschlagen.

    – Außerdem ist es uns zunächst untersagt, eine Frage, die der Autor Wilfried Huismann in seinem Interview mit der WWF-Mitarbeiterin Dörte Bieler gestellt hatte, erneut zu verbreiten.

    Die Gründe für diese Verfügung sind uns bislang nicht bekannt, da wir vom Gericht vorher nicht gehört worden sind. Auch ist es mehr als verwunderlich, dass die erneute Ausstrahlung des Filmes im Rahmen einer Verfügung, die eine Eilbedürftigkeit des WWF erscheinen lässt, erst einmal gestoppt wurde.

    Der Film ist dem WWF seit Juni 2011 bekannt und auf seiner eigenen Homepage hat der WWF auch immer wieder auf die verschiedenen Sendetermine hingewiesen. Ich frage mich, wo in einem solchen Fall die Eilbedürftigkeit gegeben ist die zu einer einstweiligen Verfügung führt.

    Grundsätzlich – und das werden Sie wahrscheinlich wissen – stellt eine einstweilige Verfügung kein Gerichtsurteil dar und hat somit keine bewertende Aussagekraft hinsichtlich der Wahrheit oder Unwahrheit des Films.

    Diese Unterlassungsklage ist lediglich ein vorläufiger Rechtsschutz, den der WWF für sich in Anspruch nimmt. Wir behalten uns nach Prüfung der vom WWF beim Gericht eingereichten Unterlagen nun weitere rechtliche Schritte vor. Bis auf weiteres sind wir allerdings verpflichtet, die Verfügung zu beachten und den Film aus unserem Internet-Angebot herauszunehmen.

    Vielen Dank für Ihr kritisches Interesse, mit dem Sie unsere Berichterstattung verfolgen.

    Wie der WWF Gift in die Schweizer Haushalte brachte: http://tierschutznews.ch/menschen/sicherheit/1828-wie-der-wwf-das-gift-in-die-schweizer-haushalte-brachte.html

    Wer ist der WWF: http://tierschutznews.ch/kunterbunt/kategorien/kunterbunt/861-wer-ist-der-wwf.html

    Mit besten Grüssen

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...