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Zweifelhafte Rolle der Schweiz © Screenshot

Schweizer Imageproblem im US-Wahlkampf

www.swissinfo.ch /  Die Schweiz und ihre Schwarzgeld-Banken geraten zunehmend ins Visier von Obamas Wahl-Kampagne.

Die Enthüllung, dass der voraussichtliche republikanische US-Präsidentschaftskandidat Mitt Romney 3 Millionen Dollar (2,94 Mio. SFr.) auf einem Schweizer Bankkonto hatte, führte zu unerbittlichen Angriffen des Wiederwahlteams von Präsident Barack Obama. Dieses beschuldigte Romney, er habe sein Geld in Übersee versteckt, um zu Hause keine Steuern zu bezahlen.

Vor kurzem legte die Obama-Kampagne in ihren Attacken gegen Romney noch einen Zacken zu und beschuldigte diesen der Intransparenz, weil er Inhaber von mehreren ausländischen Bankkonten sei und sich geweigert hatte, seine Steuererklärung für mehr als ein Jahr offenzulegen. Der jüngste Werbespot der demokratischen Kampagne zeigt Romney, wie er das patriotische Lied «America the Beautiful» singt, während gleichzeitig die Headline «He had millions in a Swiss bank account» (»Er hatte Millionen auf einem Schweizer Bankkonto») aufblitzt.

Mitt Romneys Schweizer Bankkonto

Aber obwohl Romney 2010 sein Schweizer Bankkonto auflöste und ans Licht kam, dass er auch Gelder auf anderen Auslandbankkonten hat, darunter auf den Grand Cayman Islands, ist es das Konto in der Schweiz, das von den Gegnern des Republikaners immer wieder als schmutzige Wäsche ausgebreitet wird.

»Die Enthüllung des Cayman-Kontos erfolgte später als jene von Romneys Konto in der Schweiz», sagt der Republikaner Greg Wierzynski. Er war früher Berater der Finanzkommission im US-Repräsentantenhaus und Reporter des ‹Time Magazine›. «Tatsache ist, dass in den Köpfen der Leute hier die Schweiz am einfachsten in Verbindung gebracht wird mit Bankgeheimnis, Steuerflucht und Reichen, die ihr Geld verstecken wollen.»

Hollywood-Klischee?

Der Chef der Kommunikationsagentur des Bundes «Präsenz Schweiz», Nicolas Bideau, bezeichnet die Aufmerksamkeit, die Romneys Schweizer Konten gewidmet wird, als «Bestätigung eines Hollywood-Klischees, das bereits existiert». Namentlich das Klischee, «wenn du dein Geld vor dem Steueramt verstecken willst, bring es in die Schweiz».

Bideaus Einschätzung wird von George Edwards, Politologe an der Texas A&M University, geteilt. Der «Langzeiterfolg der Schweiz» habe dazu geführt, dass das Land als «mythischer Ort, wo man sein Geld anlegen kann», gelte. «Dieses Image ist in den USA Teil der Volkskultur», sagt Edwards. «Man sieht es in Filmen. Jedes Mal, wenn es ums Verstecken von Geld geht, kommt die Idee eines Schweizer Bankkontos. Es ruft Vorstellungen wach, wie man sich den prüfenden Blicken entziehen kann.»

Das Zugeständnis der UBS 2009, dass sie US-Kunden geholfen hat, ihr Geld vor dem amerikanischen Fiskus zu verstecken, sowie der amerikanische Druck auf die Schweiz, detaillierte Informationen über Kontoauszüge von reichen Amerikanern herauszugeben, stiessen auf ein grosses Echo in den US-Medien. Dies hat nach Ansicht Wierzynskis den Zusammenhang von Bankgeheimnis und Steuerflucht mit Schweizer Bankkonten in den Köpfen der Amerikaner verstärkt.

Holocaust-Gelder wirken nach

»Und im Geist der US-Medien könnte die alte Geschichte der Holocaust-Gelder präsent sein, die immer noch nachklingt», so Wierzynski. «Ich glaube nicht, dass viele Amerikaner ein schlechtes Image von der Schweiz als Ganzes haben. Gewiss, die Eliten wissen es besser. Aber es gibt viele Leute hier, welche die Schweizer Banken als sicheren Hafen für Superreiche und Steuergauner betrachten.»

Für Nicolas Bideau zeigt eine Analysierung der medialen Aufmerksamkeit für Romneys Schweizer Bankkonten, dass die Angriffe weniger der Schweiz selbst gelten, sondern eher eine Infragestellung des Patriotismus Romneys sind wegen dessen Hang, seine Gelder auf ausländischen Bankkonten zu deponieren. Zusätzlich bezwecke das Insistieren auf Romneys Schweizer Bankkonten eine Unterstreichung des angeblich unantastbaren Reichtums des republikanischen Kandidaten.

»Dennoch ist das eine offizielle Position, und unsere Botschaft in Washington hat Obamas Leuten klargemacht, dass dies nicht sehr schmeichelhaft für die Schweiz ist», so der Chef von Präsenz Schweiz. Das Thema sei besonders heikel, weil die Schweiz und die USA über eine Lösung der derzeitigen Pattsituation bezüglich Banken- und Steuerfragen verhandelten. «Was die finanziellen Fragen betrifft, sind die Beziehungen zwischen der Schweiz und den USA generell schwierig», betont Bideau.

Obamas Kampagne mit positivem Echo

Trotz den Protesten der Schweiz würden die Angriffe auf Romney wegen den Geldern, welche dieser auf Schweizer Bankkonten hatte, wahrscheinlich bis zum Präsidentenwahltag im November fortgesetzt, meint der US-Politologe George Edwards.

»Das Problem von Schweizer oder anderen ausländischen Bankkonten ist, dass dies zu Fragen Anlass gibt wie: Hat der Kandidat dort Gelder deponiert, um das Bezahlen von Steuern zu umgehen? Im Fall von Mitt Romney beflügelt dessen Intransparenz die Geschichte. Er hat nur für ein Jahr, und nicht auch für weitere Jahre, eine Steuererklärung abgegeben, obwohl jedermann weiss, dass der republikanische Kandidat sehr reich ist», so Edwards.

»In US-Staaten, in denen die Präsidentenwahl umkämpft ist, kommen solche Attacken bei manchen Wählern an. Aus der Perspektive der Obama-Wahlkampagne ist dies ein sehr positives Feedback und ermutigt, so weiterzumachen», betont der Politologe. Greg Wierzynski sagt, die Angriffe auf Romneys Auslandkonten seien wichtig für die Demokraten als Mittel zur Mobilisierung des linken Parteiflügels und zur Ablenkung von Obamas Bilanz als US-Präsident.

»Wir können noch mehr solche Attacken erwarten, weil diese eine wesentliche Angriffsbasis gegen Romney sind. Ich bin nicht sicher, ob die Schweiz auch im Herbst noch ein prominentes Thema sein wird, aber sie ist und wird weiterhin Teil einer Karikatur von Mitt Romney sein.» Im Kontext der US-Wahlkampagne sei dies halt ein Weg, um Kontroversen zu schüren, so Wierzynski.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Der Artikel erschien auf der Plattform www.swissinfo.ch. Autoren: Sophie Douez und Marie-Christine Bonzom. Übersetzung aus dem Englischen: Jean-Michel Berthoud

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