Riskante Investitionen in Pumpspeicherwerke
Zur Zeit baut die Schweizer Stromwirtschaft vier Pumpspeicherwerke für rund fünf Milliarden Franken. Allein die beiden grössten kosten fast vier Milliarden: Linth-Limmern 2015 (Axpo) im Kanton Glarus und Nant de Drance (Alpiq, SBB, WEG) im Wallis. Sechs weitere Pumpspeicherwerke sind geplant. Das Konzept ist einfach: Mit billigem Strom wird in der Nacht Wasser hochgepumpt, welches über Mittag wieder turbiniert wird, wenn die Nachfrage und die Preise hoch sind.
Avenir Suisse: «Milliardenschwere Investitionen mit Risiken»
Geplant wurden die Pumpspeicherwerke in den Jahren, als die Gewinne der Stromkonzerne stetig wuchsen und die Preisdifferenzen zwischen Band- und Spitzenstrom gross waren. Doch mittlerweile habe sich die Verhältnisse geändert: Die Strombarone schreiben Milliardenverluste und der Wert der Alpiq, der Axpo und der BKW hat sich innert weniger Jahre um über 20 Milliarden verringert. Was Kritiker schon seit Jahren kommen sahen, dämmert nun auch der wirtschaftsnahen Avenir Suisse.
In einer Studie vom letzten November kommt die Avenir Suisse zum Schluss: «Die milliardenschweren Investitionen in neue Pumpspeicherwerke sind daher auf jeden Fall mit bedeutenden Risiken verbunden. Dass in der Schweiz die Kantone und damit die Steuerzahler als Eigner der Kraftwerke oder der Verbundunternehmen auftreten, ist in diesem Zusammenhang besonders kritisch.» (siehe Link unten)
Pumpen laufen mit ausländischem Kohle- und Atomstrom
Laut Avenir Suisse nehmen die Preisdifferenzen zwischen Grund- und Spitzenlast «längerfristig tendenziell ab». Dies sei erstens darauf zurückzuführen, dass «vermehrt flexible Gaskraftwerke eingesetzt werden, welche sowohl in der Grund- als auch der Spitzenlast produzieren» und zweitens «die vor allem in Deutschland subventionierte Photovoltaik aufgrund ihres Produktionsprofils die Preisspitzen am Mittag bricht».
Die Stromwirtschaft und auch Teile der Linken und Grünen sind der Meinung, dass es die Pumpspeicherkraftwerke braucht, um den unregelmässigen Solar- und Windstrom auszugleichen. Zur Zeit ist das sicher nicht der Fall, wenn man die Gesamtleistung der Speicherkraftwerke (9 500 MW) und der Pumpspeicherwerke (1 750 MW) mit der mickrigen Leistung der Photovoltaik (71 MW) und der Windkraft (18 MW) vergleicht. Heute wird vor allem mit ausländischem Kohle- und Atomstrom gepumpt.
Wieviel Solarstrom lässt sich ohne Stabilitätsprobleme ins Netz einspeisen?
Der Solarexperte Heinrich Häberlin, Professor an der Berner Fachhochschule, ging in zwei Artikeln im Fachmagazin «Elektrotechnik» der Frage nach, «wieviel Solarstrom sich quasi gratis im Verbundnetz speichern lässt, ohne dass dieses durch teure Massnahmen (beispielsweise zusätzliche Pumpspeicherwerke) ausgebaut werden muss». Häberlin kam zum Schluss, dass jährlich 7 800 GWh Solarstrom oder 13 Prozent des Schweizerischen Endverbrauchs «ohne Stabilitätsprobleme» ins Schweizer Stromnetz eingespiesen werden können. Dabei werden die Speicherkraftwerke zurückgefahren, wenn die Photovoltaik-Anlagen auf Volltouren laufen. (siehe Link unten)
Die Menge Solarstrom, welche ohne Stabilitätsprobleme ins Netz eingespiesen werden kann, erhöht sich auf 11 400 GWh, wenn die Atomkraftwerke abgestellt werden. Dies entspricht 19 Prozent des Schweizerischen Endverbrauchs. Durch zusätzliche technische und tarifliche Massnahmen und den Energieaustausch mit Europa könnte dieser Anteil «wahrscheinlich bis auf 25 bis 30 Prozent gesteigert werden», also auf 15 000 bis 18 000 GWh oder drei Viertel der heutigen Atomstromproduktion. Dazu wäre laut Häberlin aber «ein gewisser Ausbau des europaweiten Höchstspannungsnetzes erforderlich».
Zählt man die berechneten 18 000 GWh Solarstrom zur gesamten Wasserkraftproduktion von rund 36 000 GWh hinzu, dann resultieren insgesamt 54 000 GWh. Damit besteht nur noch eine Differenz von rund 6 000 GWh (10 Prozent) zum heutigen Schweizerischen Endverbrauch von 60 000 GWh.
Meinungen über den langfristigen Einsatz gehen auseinander
Erst wenn die Grenze von 25 bis 30 Prozent überschritten wird, müssten laut Häberlin «zusätzliche Speichermöglichkeiten geschaffen werden», beispielsweise durch den Ausbau bestehender Pumpspeicherwerke, den Neubau weiterer Pumpspeicherwerke oder den Einsatz neuer, heute noch nicht vollständig entwickelter Speichertechnologien. Auch wenn Pumpspeicherkraftwerke zunächst noch zur Veredelung von Strom aus fossilen und nuklearen Kraftwerken eingesetzt werden, ist für Häberlin allerdings klar, dass sie für eine «nur auf erneuerbaren Energien beruhende Stromversorgung unerlässlich» sind.
Anderer Meinung ist die Schweizerische Energie-Stiftung (SES), welche «den Bau von Pumpspeicherwerken für Europa und den damit verbundenen Ausbau der Hochspannungsleitungen» ablehnt, weil er «für die Landesversorgung unnötig und ökonomisch höchst riskant ist». Besser investiert sei dieses Geld in einheimische erneuerbare Kraftwerke. Damit lasse sich die Abhängigkeit vom Ausland reduzieren und es könnten neue Arbeitsplätze geschaffen werden. (siehe Link unten)
Der SBB-Deal löste im Wallis ungläubiges Staunen aus
Vor kurzem verkaufte die SBB überraschend rund die Hälfte ihres 36-Prozent-Anteils am Pumpspeicherwerk Nant de Drance an die norwegische Firma Statkraft, noch bevor das Werk eine einzige Kilowattstunde geliefert hat. Im Kanton Wallis wurde dieser Deal mit ungläubigem Staunen und einigen Bedenken zur Kenntnis genommen. Denn auch der Kanton ist über die Walliser Elektrizitätsgesellschaft (WEG) mit einem Anteil von 10 Prozent am Projekt Nant de Drance beteiligt.
Zudem hat die WEG mit der Grande Dixence SA eine Machbarkeitsstudie für ein weiteres, gigantisches Pumpspeicherwerk namens Rhôdix mitfinanziert. Auch die überdimensionierte Hochspannungsleitung, welche durch das Wallis gebaut werden soll, ist eine Folge dieser Pumpspeicher-Strategie. Ohne den Bau der Pumpspeicherwerke könnte die Hochspannungsleitung wesentlich redimensioniert und folglich problemloser unter die Erde verlegt werden.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Mitglied des Beirates der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES) bis am 4. Januar 2012
somit ergibt der Solarstrom des «Solarstrompioniers AXPO» keinerlei Probleme für’s Netz und die Speicherung… ist ja super. Die AXPO kann also ohne weiteres ihren Solarstrom-Anteil von 0,4% auf die ambitiösen 1,6% aufbauen. Gut haben wir so mutige Unternehmen, wir sind ja soooooooooooooooooo danggbaar