Israels konsequenter Weg in die Isolation
Während doch fast die ganze Welt darauf hoffte und immer noch hofft, dass die Spannungen zwischen Israel und dem Iran friedlich beigelegt werden können und dass die nach langer Pause wieder aufgenommenen Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern unter US-amerikanischer Moderation endlich doch noch zu einem Ziel führen, haben prominente und gewichtige Stellen in Israel, nicht zuletzt das «Begin-Sadat Center for Strategic Studies» BESA, ein der Bar-Ilan-Universität Tel Aviv angegliedertes Institut, nichts unterlassen, den Friedensprozess mit den Palästinensern und die Verhandlungen mit Iran zu erschweren und wenn möglich zu stoppen. «Kerry: Stay Home» konnte man da etwa als Headline auf der Website des BESA Centers lesen, und die Argumentation war immer etwa dieselbe: Militärisch ist Israel allen anderen Staaten im Nahen und Mittleren Osten haushoch überlegen, es gibt keinen Grund, auch nur ein Jota von der bestehenden Position abzurücken. «Die Zeit arbeitet für Israel», hiess es da (Infosperber hat darauf aufmerksam gemacht).
Läuft die Zeit wirklich zugunsten von Israel?
Zweckoptimismus ist auch eine Strategie, aber nicht immer die beste. Dass die Zeit zugunsten Israels arbeite, ist – von aussen betrachtet – eine Verkennung der Realität. Dafür gibt es mehr und mehr Hinweise:
Beispiel 1: IKRK-Präsident Peter Maurer platzte der Kragen
Im Jahresbericht des IKRK machte IKRK-Präsident Peter Maurer in absolut ungewohnter Schärfe darauf aufmerksam, dass Israel mit der dauerhaften Besetzung palästinensischen Territoriums und mit der Behinderung der wirtschaftlichen Entwicklung der besetzten Gebiete über Jahre hinweg und ohne erkennbare Änderungen internationales Recht verletzt. Die grossen Medien des deutschsprachigen Raumes haben diesen prominenten Ausbruch des IKRK-Präsidenten aus dem diplomatischen Schweigen bisher diskret übersehen. Nun hat wenigstens die NZZ aus berufenem Munde darüber berichtet.
Beispiel 2: Die grösste niederländische Pensionskasse zieht Geld ab
Der niederländische Pensionskassen-Gigant PGGM, der 2.6 Millionen Mitglieder vertritt und damit nicht nur der grösste in Holland, sondern auch einer der grössten der Welt ist, hat beschlossen, alles Geld von israelischen Banken abzuziehen, die am Bau der israelischen Siedlungen auf palästinensischem Territorium oder am Bau der über 300km langen israelischen Grenzmauer finanziell beteiligt sind. Auch das wird, grosse schweigende Medien hin oder her, Signalwirkung haben.
Beispiel 3: Israel-Kritik unter US-Akademikern nimmt zu
Nach der «Association for Asian American Studies» hat nun auch die «American Studies Association», eine Professoren-Vereinigung mit immerhin rund 5000 Mitgliedern, beschlossen, sich den Zielen der Israel-kritischen BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) anzuschliessen. Die Zahl US-amerikanischer Akademiker, die sich von der blinden US-amerikanischen Unterstützung Israels abwenden und die fortschreitende territoriale Expansion Israels auf Kosten der Palästinenser offen kritisieren und ablehnen, ist sichtbar wachsend.
Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter – wie lange noch?
Wer die israelische Siedlungspolitik kritisiert und daran erinnert, dass damit internationales Völkerrecht verletzt wird, ist bisher mit einem einfachen Mittel mundtot gemacht worden: Er sei eben ein Antisemit, hiess es regelmässig. Und wer möchte angesichts des kaltblütig geplanten uns grossräumig realisierten Genozids an den Juden im Zweiten Weltkrieg schon ein Antisemitit sein? Also tatsächlich lieber den Mund halten.
Doch mit einem hat Israel wohl zu wenig gerechnet: dass nämlich auch immer mehr Juden – und eben weltweit – die Expansionspolitik Israels nicht mehr mittragen oder sich sogar öffentlich dagegen aussprechen – unbeeindruckt des an sie gerichteten Vorwurfs der Nestbeschmutzung. Die bisherige Haltung der israelischen Regierung, im Falle internationaler Kritik nach der Devise «Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter» zu verfahren und eh zu tun, was ihr beliebt – selbst gegen den Willen der USA – , haut nicht mehr so richtig hin.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine