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Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon mit Petition zur Drogenliberalisierung entgegen (r.: Ruth Dreifuss) © avaaz

600 000 Unterschriften für Drogenliberalisierung

Jürg Wegelin /  Das Online-Netzwerk Avaaz versucht, Druck auf die Uno zu machen. An den Kampagnen beteiligt sich auch alt Bundesrätin Dreifuss.

Nicht nur die Wirtschaft globalisiert sich, auch die auf gesellschaftliche Veränderungen drängende Zivilgesellschaft vernetzt sich; und dies nicht nur in den arabischen Ländern, sondern auch weltweit. Seit ein paar Jahren kämpft Avaaz (avaaz.org) mit Internet-Petitionen und Pressekampagnen für den Schutz der Umwelt, die Einhaltung der Menschenrechte, gegen Armut, Korruption und Krieg. Neustes Beispiel ist eine innerhalb weniger Tage von über 600 000 Personen unterzeichnete Petition für die Beendigung des «Kriegs gegen die Drogen».

Schweizer Drogenpolitik als Beispiel

Alt Bundesrätin Ruth Dreifuss, der ehemalige brasilianische Präsident Fernando Henrique Cardoso und weitere Persönlichkeiten überreichten die Petition kürzlich Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon. «Zwar hat Portugal die Schweiz inzwischen mit einem noch liberaleren Suchtmittel-Regime überholt, doch der Erfolg unseres Landes in der Drogenpolitik weckt weltweit immer noch grosses Interesse», sagt die ehemalige Innenministerin. Sie war Mitte der Neunzigerjahre eine treibende Kraft für die Einführung der kontrollierten Heroin-Abgabe. Nun ist sie massgeblich an dieser Kampagne von Avaaz beteiligt.
Der weltweit betriebene Krieg gegen die Drogenproduzenten ist nicht nur äusserst kostspielig, sondern die Repression gegenüber den Konsumenten hat auch verheerende gesundheitspolitische und gesellschaftliche Nebenwirkungen.

Unsinniger «war on drugs»

Ein Drittel der weltweiten HIV-Ansteckungen entfällt auf das in die Illegalität abgedrängte Drogenmilieu. Der seit vierzig Jahren dauernde «war on drugs» ist auch aus ökonomischer Sicht widersinnig. Denn viele weltweit operierende mafiöse Organisationen leben von den horrenden Risikoprämien, die die abhängigen Konsumenten für die Befriedigung ihrer Sucht im Drogenmarkt zu bezahlen haben.

Avaaz bewertet ihre Kampagne bereits als Erfolg. Das Ritual der jährlich publizierten Uno-Berichte über illegale Suchtmittel konnte so für einmal durchbrochen werden. Die Übergabe der Petition gab weltweit Anlass für mehrere Tausend Presseartikel und Fernsehbeiträge, so unter anderem auch von CNN. In der Schweiz wurden die Aktivitäten dieses Netzwerkes bisher allerdings kaum zur Kenntnis genommen.

Cyber-Community als politische Kraft

Avaaz ist eine in New York basierte Stiftung. Der Name bedeutet in verschiedenen Sprachen, so in Persisch, Hindi oder Urdu, so viel wie «Stimme» oder «Klang». Seit Avaaz 2007 aus Anlass der Uno-Klimakonferenz in Bali einen Aktionstag organisiert hat, haben bereits gegen zehn Millionen Menschen in rund 200 Ländern ihre Petitionen unterzeichnet. Die Internetplattform wird in 14 Sprachen betrieben. Die Aktivisten verteilen sich über die ganze Welt. Treibende Kraft ist der ehemalige Uno-Mitarbeiter Ricken Patel. Der dreissigjährige Kanadier mit britischer Staatsbürgerschaft und indischer Abstammung ist in Kenia aufgewachsen, hat in Oxford und Harvard studiert und ist damit der globalisierte Weltbürger par exellence. Rickens ambitiöses Ziel ist es, mit seinen rund vierzig Mitarbeitern und Vertretungsbüros in verschiedenen Ländern die Cyber-Community als globale Supermacht der Weltzivilgesellschaft zu positionieren. Sie soll den Regierungen und internationalen Organisationen genau auf die Finger schauen, eine Aufgabe, die die Uno nicht leisten kann.

Mitgliederspenden für demokratische Aktionen

Die Stossrichtung der einzelnen Petitionen wird jeweils aufgrund von Mitgliederbefragungen definiert. Avaaz finanziert sich ausschliesslich aus Mitgliederspenden. Das Potential ist riesig, gibt es doch weltweit bereits über zwei Milliarden Internetanschlüsse.

Ein Avaaz-Team arbeitet zudem eng mit den treibenden Kräften der arabischen Demokratiebewegung zusammen, in dem sie ihnen mit logistischer Unterstützung hilft, die Mediensperre in diesen Ländern zu durchbrechen. Uebrigens sieht Avaaz auch die Absage des Fomel 1-Autorennens im Königreich Bahrain, wo die Regierung mit äusserster Brutalität gegen die Regimegegner vorging, zum Teil als Erfolg ihrer fast zeitgleich lancierten Petition.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Autor hat die Petition für die Drogen-Liberalisierung unterschrieben.

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Eine Meinung zu

  • am 7.07.2011 um 11:54 Uhr
    Permalink

    Die AVAAZ-Petition wurde als Unterstützung für den Bericht der Globalen Kommission über Drogenpolitik lanciert. Für Interessierte lohnt sich der Besuch ihrer Web-Seite: globalcommissionondrugs.org

    Ruth Dreifuss

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