Baden, wo Schweizer besonders zählen
Es ist Unglaubliches geschehen: In Baden (Kanton Aargau, Schweiz) ist bei einem Streit ein Schweizer verletzt worden! Das vermeldet die Aargauer Zeitung in ihrer digital aktualisierten Ausgabe der Schweiz am Wochenende.
Wörtlich:
«Streit eskaliert – 26-jähriger Schweizer mit Stichwaffe verletzt
az Aargauer Zeitung, 14.5.2017 um 12:22 Uhr
Am frühen Sonntagmorgen ist es im Badener Stadtzentrum zu einer Auseinandersetzung zwischen einem 26-jährigen Schweizer und einem Unbekannten gekommen. Dabei verletzte der Täter den 26-Jährigen mit einer Stichwaffe.
Der Schweizer war der Polizei zufolge mit zwei jungen Frauen unterwegs, als es aus noch ungeklärten Gründen zu einer Auseinandersetzung mit einem unbekannten Mann kam. Der Streit eskalierte und der 26-Jährige wurde mit einer Stichwaffe verletzt.
Das Opfer begab sich in die Notaufnahme und wurde operiert. Sein Zustand ist stabil.
Die Staatsanwalt Baden hat ein Verfahren eröffnet. Die Kantonspolizei hat die Ermittlungen aufgenommen und sucht nun Zeugen, die Angaben zu der Auseinandersetzung machen können. Dabei wird insbesondere ein Mann gesucht, der schlichtend eingegriffen hatte.
Zeugen können sich bei der Kapo Baden unter 056 200 11 11 melden. (chg)»
Die Medien – die Zeugen der Zeit!
Die Frage sei erlaubt: Was soll in dieser brandaktuellen Sonntagsgeschichte die mehrmalige Erwähnung, dass es ein Schweizer war, der mitten in Baden verletzt wurde? Will damit gesagt sein, dass es nur halb so schlimm und natürlich keine Meldung in der Schweiz am Wochenende wert gewesen wäre, wenn ein Deutscher oder ein Italiener zu Schaden gekommen wären? Oder suggeriert man den Leserinnen und Lesern, dass der Verletzte ein Schweizer, der Verletzende aber wohl ein Ausländer war, so wie man beim Vierfach-Mord in Rupperswil auch bereits mutmasste, dass da Ausländer am Werk waren?
Zählen in Baden nur die Schweizer?
Baden, die Stadt, und mit ihr die Agglomerationsgemeinden Ennetbaden, Wettingen und Neuenhof, erlebten nach der Gründung der Firma Brown Boveri & Cie. 1891 durch die beiden Unternehmer Charles Brown und Walter Boveri, beide notabene ausländischer Abstammung, einen überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Aufschwung. Und die Stadt war sogar stolz darauf, auch Ausländer als Arbeitskräfte anzuziehen. 1912 zum Beispiel lebten in der Stadt Baden bereits 25 Prozent Ausländer. Noch vor dem Ersten Weltkrieg!
Und heute? Heute ist in Baden wichtig, dass, wenn bei einer nächtlichen Rauferei einer zu Schaden kommt, dieser ein Schweizer ist. Schade!
Der Schreiber dieser Zeilen (cm) hat selber von 1964 bis 1978 für die lokale Zeitung in Baden, das Badener Tagblatt, gearbeitet. Und er hat es sehr gerne getan. Das Motto der Stadt war damals: Baden, die lebensfrohe Stadt! Ein bisschen Wehmut ist, rückblickend auf jene Zeit, unvermeidlich.