Sperberauge

Ringier Prag ist verkauft

Christian Müller © zvg

Christian Müller /  Nach dem geplatzten Verkauf des Medienunternehmens an Oligarch Babis geht das Medienunternehmen nun an Tkáč.

Im Juni vermeldete Infosperber, dass Ringier Prag (ein Joint Venture von Ringier und dem deutschen Medienunternehmen Axel Springer) zum Verkauf stehe. Der damals am Kauf Interessierte war der tschechische Oligarch Andrej Babis. Dieser entschied sich dann allerdings für den anderen grossen Prager Verlag, Mafra, der zur deutschen Medien-Gruppe der Rheinischen Post gehörte. Mafra ist Herausgeberin der grössten «seriösen» Tageszeitung der Tschechischen Republik, «Dnes» (heute), über deren «Seriosität» in den letzten Jahren man allerdings geteilter Meinung sein kann.

Babis brauchte einen grossen Medien-Titel, um seinen bevorstehenden Einstieg in die Politik des Landes zu sichern. Was auch gelang: Seine neugegründete Partei «Ano» (Ja) wurde bei den Wahlen im Oktober auf Anhieb zweitstärkste Kraft in der Tschechischen Republik, hinter den Sozialdemokraten. Jetzt ist sie Teil einer Dreier-Koalition. Die rechtsbürgerlichen Parteien ODS und TOP09 wurden etlicher Korruptionsskandale auf Regierungsebene wegen von den Stimmbürgern abgestraft.

Jetzt ist Ringier/Springer Prag mit den beiden Boulevard-Titeln «Blesk» und «Aha» aber doch auch verkauft worden – an zwei andere Oligarchen: Daniel Křetínský und Patrik Tkáč. Der Unternehmenswert betrage 170 Milionen Euro, hiess es. Noch muss allerdings die Kartellaufsicht den Deal absegnen.

So oder so: Die Berlusconisierung Tschechiens schreitet ungehindert voran.

Zur ursprünglichen Meldung betreffend Ringier Prag auf Infosperber:

Oligarch Babis übernimmt

Jetzt ist es offiziell: Oligarch Babis übernimmt in Prag – allerdings nicht Ringier, sondern Konkurrent Mafra.

Die Gerüchte und Spekulationen über den massiven Einstieg des tschechischen Oligarchen Andrej Babis ins Mediengeschäft hielten sich bis zuletzt: es seien Verhandlungen mit dem tschechischen Medienunternehmen Ringier/Springer im Gang, ein Abschluss stehe unmittelbar bevor.

Nun übernimmt Andrej Babis tatsächlich, aber er hat dem Ringier-Konkurrenten Mafra den «Vorzug» gegeben. Ringier/Springer gibt die grossen Boulevard-Zeitungen Blesk und Aha heraus, Mafra aber die grösste tschechische «seriöse» Tageszeitung «Dnes» (»heute»). Der Sperber hatte also vor ein paar Tagen danebengesperbert (Ringier Prag vor Verkauf).

Erfreulicher ist die nun realisierte Variante allerdings nicht. Das Medienunternehmen Mafra war im Besitz der «Rheinischen Post» in Düsseldorf, die Tageszeitung «Dnes» bis vor einigen Jahren doch noch so etwas wie eine Qualitätszeitung. In letzter Zeit allerdings hatte auch sie sich mehr und mehr dem Boulevard-Journalismus zugewandt, und auch politisch verlor sie an Gewicht, eine unabhängige Instanz zu sein. Ihr Schwesterblatt «Lidove Noviny» mutierte gar von einer freiheitlichen Publikation zur Stimme der Rechtsaussen-Politik (In Tschechien wird wie in den USA «der Freiheit verpflichtet» meist mit rechtskonservativ gleichgesetzt).

Zu denken gibt das massive Engagement der Mächtigen im Medienbereich alleweil, da sie sich dank ihrem Geld auch die demokratische Meinungs- und Willensbildung unter den Nagel zu reissen versuchen. In Basel, wo Ähnliches passiert ist, haben sich nicht wenige BaZ-Leserinnen und -Leser wenigstens vom Abo verabschiedet. Ob die Tschechen ebenso reagieren werden, bleibt fraglich. Zu wünschen wäre es. Es darf nicht sein, dass die ohnehin schon Mächtigen mit ihrem Geld immer noch mehr Macht zusammenkaufen können.

Zur Meldung aus Prag (in Englisch): siehe hier.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Der Autor war in den 90er Jahren General Manager von Ringier Prag und hat später als freier Consultant beim Launch der Zeitung "Aha" mitgeholfen. http://www.commwork.ch/d/referenzen/refs/consulting.php

Zum Infosperber-Dossier:

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